Das man die Gummistiefel bzw. Lederstiefel so dringend nötig haben würde, zeigte sich bereits bei verlassen des Autos. Die Wiese war durchweicht, der Himmel erstrahlte in edlem November-Grau, Matsch zierte alles was eine Oberfläche hat und wen störte es – niemanden. Genau das ist es, was ein ordentliches Metal Festival ausmacht – man macht einfach weiter.
Zudem muss ich sagen, dass wir sehr verblüfft waren, als wir bei unserer Ankunft am frühen Samstag Abend Autokennzeichen auch ganz Deutschland erblickten. Obwohl das ganze Spektakel erst zum dritten Mal stattfand, scheint dieses kleine, aber feine, fränkische Festival schon eine gewisse magnetische Anziehungskraft entwickelt zu haben. Ganze vier Tage lang bevölkerten nun nämlich Hunderte schwarz gekleidete Menschen den Zeltplatz und den kleinen Ort Brüderes, und machten ihn zu einem metallischen Hoheitsgebiet.
CRIPPER
Auf dem Festivalgelände selbst angekommen, wateten wir über eine matschige Stohlandschaft, auf welcher bereits heftig getanzt und gepogt wurde, denn die Nordlichter von CRIPPER nannten bereits die Bühne ihr Eigen. Rund um Frontfrau Britta hatten sich ihre Mannen gruppiert und gaben wie immer alles. Die Band platzte vor Spielfreude, Selbstbewusstsein, spielerischem Know-How und großartigen Thrash-Songs. Britta schoss immer wieder verbale Bälle ins Publikum und dieses nahm jene nur zu gerne auf, um sie mit doppelter Wucht zurück zu spielen. Wie immer überzeugten die Hannoveraner auf ganzer Linie und ließen die Spassfaktor gleich von 0 auf 100 ansteigen.
WINTERSTORM
Nach einem kurzen Plausch mit Bacchus von HATRED, welche vor CRIPPER die Bretter gethrashed hatten, wurde erst einmal das familiär - überschaubare Festival Areal erkundet. Neben einem Piercer und den Merchständen konnte man sich auch mit französischen Crepes den Magen vollschlagen. Doch das alles zählte für uns nicht, denn wir nahmen lieber Flüssignahrung zu uns in Form von Bier und Konsorten. Aber wir waren ja nicht vor Ort um uns die Sinne zu vernebeln, sondern um mal wieder die eiserne Faust der Musik zu spüren zu bekommen, und daher widmeten wir uns nach dem Umbau auch gleich der Band WINTERSTORM, welche mit ihrem 2011er Debüt „A Coming Storm" im Gepäck angereist sind. Auch wenn die Band, welche sich dem folkig angehauchten Power Metal verschrieben hat, keine lange Wegstrecke zurücklegen musste, wirkte sie anfänglich doch etwas abgeschafft – oder war es vielleicht Scheu??? Keine Ahnung, aber während der Songs tauten Sänger Alex und seine Mannen auf. Das die Jungs richtig viel Spass an ihrer Musik & in den Backen haben, zeigte sich spätestens bei Songs wie „Winterhumppa". Die Methorn schwenkenden Zuhörer ließen sich ab da auch nicht mehr lange bitten und ließen ihrer feuchtfröhlichen Stimmung freien Lauf. Einmalig bekam Sänger Alex Unterstützung von Peter dem Freibeuter, einem rundlichen Piraten mit dem Schreckensfaktor eines Stubentigers.
AKREA
Nun füllte sich der Platz auf einmal noch etwas mehr. Vom Campingplatz zieht eine fröhliche Heerschar den Hang hinunter und jeder Einheimische weiß, dass nun die Zeit ist für AKREA. Die 2004 unter dem Namen INNER AGGRESSION gegründete Melodic-Death-Metal-Band, aus dem Oberpfälzischen Erbendorf, wirkt hier wie ein Hochleistungsmagnet. Nach einigen Introanläufen standen dann die Panzer Brüder, Basser Christian, Kesselflicker Jonas und Gitarrist Stephan in den Startlöchern und legten ab der ersten Sekunde kraftvoll los. Ihr Debüt „Lebenslinie" sowie das von V.Santura hervorragend produzierte Album „Lügenkabinett" fanden bei uns schon vorher immer einen Platz im Gehörgang und live rockte das Quintett einfach phantastisch. Agiles Stageacting, perfektes Beherrschen der Instrumente und synchrone Haar - Propeller ließen die Menge staunen und mächtig abfeiern. Da werden es die Headliner schwer haben mit zu halten – oder???
JBO
Da es klar war, dass es etwas länger dauern würde, bis JBO die Bretter der Welt entern werden, begaben wir uns noch auf eine gepflegte Runde ins Barzelt. Hier gab es vom klassischen Jägermeister-Orange über das trendige Bayão bis hin zum Cocktail alles was das Herz begehrte. Als der Platz dann fast vollständig gefüllt war, die Bühne in ein gleißend rotes Licht getaucht war und verhaltene "J.B.O."-Rufen für die Rosa Ritter in die mittlerweile sage und schreibe 8 Grad kalte Nacht entfleuchten, suchten wir uns auch einen Platz mit guter Sicht auf Vito und Co.
Mit dem Geheimnis von Bolles tragischem Tod berichteten uns JBO gleich zu Beginn eine herzzerreißende Story & einen Klassiker nach Maß. Somit war es auch kein Wunder, dass sich die Fun-Metal-Band aus Erlangen gleich alle Sympathien auf dem Platze gesichert hatte. Gut, ein ziemlich entrüsteter „Fan" rannte uns beim Dixi fast über den Haufen vor lauter Flucherei über „solch einen Unfug wenn Kinder da sind", aber ansonsten waren die Resonanzen durchwegs positiv. Ebenfalls darf natürlich „Head Bang Boing" nicht fehlen und auch „I don't like Metal" fand selbstverständlich den Weg ins Set. Eigentlich braucht man über die fränkischen Kultmetaller, welche nun seit 1989 ein Publikum von 14jährigen Pickelnasen bis hin zu 55jährigen Frührentnern begeistern, nicht mehr allzu viele Worte verlieren, denn J.B.O. sorgen immer für ungezügelte Belustigung. Da bleibt nur die Frage: War heute nicht ein guter Tag zum sterben???
J.B.O – immer wieder und immer wieder!!!!!!
Leider mussten wir dann unseren elterlichen Pflichten nachkommen, denn unsere Tochter wollte nicht länger bei Oma & Opa verweilen – zumindest nicht alleine *fg*...Daher machten wir uns zu den ersten Klängen von EISREGEN *heul* auf den Weg zum Auto....
Wir müssen sagen, dass es einer der heimeligsten Festivals war, welches wir je besucht haben. Auch die durchweg friedfertigen Besucher fanden auf unsere Fragen hin ausnahmsweise einmal nichts zu meckern. Aber das ist ja auch kein Wunder, denn die Jungs rund um die ortsansässige Band HÄMATOM, welche am Freitagabend mit ihrem märchenhaften Thrash ebenfalls die Bühnenbretter beben lies, gaben wirklich alles für eine runde Festivalsession.
Bandtechnisch war alles vertreten was man sich nur wünschen kann. Man gab dem Nachwuchs (wie z.B. DYING GORGEOUS LIES, DVALIN oder auch DEVIL IN HEAVEN) eine einmalige Chance sich zu beweisen und ließ aber auch die alten Hasen (EXCREMENTORY GRINDFUCKERS, EISREGEN, JBO oder auch FIDDLER´S GREEN) des Geschäfts nicht links liegen. Lokale Bands wie AKREA oder auch HÄMATOM selbst hielten die Menge weitestgehend vor der Bühne und somit wurde von Seiten der Veranstalter für eine „bunte" Band-Mischung bestens gesorgt.
Insgesamt wurden 16 Bands auf die Bretter geschickt, wem das nicht reichte, durfte gerne schon am Donnerstag auf der Warm-up-Party mit DJ H die Matte bis in die frühen Morgenstunden schwinge. (Tanja)
Screamer + Lizzies + Teutonic Slaughter (Fotos: Karin, Andreas)
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