Interview mit Max Birbaum (Lunar Shadow)

interviews 20210419 lunarshadow2Eine der originelleren Bands aus deutschen Landen sind zweifelsohne LUNAR SHADOW. Ihr aktueller Streich „Wish To Leave“ geht noch einen Schritt weiter und ist sehr speziell ausgefallen. Weg vom puren Metal, hin zu melancholischeren, ruhigeren Klängen. Bandkopf Max Birbaum versucht sich zu erklären:

Ralf: Hi Max, wie geht’s Dir? Danke, dass Du Dir die Zeit nimmst, ein paar Fragen zu beantworten. Wie gehst Du und der Rest der Band mit der Pandemie um?

Max: Danke, mir geht es so weit gut. Ich habe gerade mein Studium beendet und habe jetzt im Moment mal ein bisschen Zeit zum Durchatmen, die letzten Monate waren ziemlich anstrengend.
Persönlich versuche ich, die Dinge. entsprechend meinem Naturell. pragmatisch zu sehen. Es macht wenig Sinn, sich über Situationen zu ärgern, die man nicht kontrollieren kann. Niemand ist glücklich in der momentanen Phase der Pandemie, mir fehlt besonders die soziale Komponente stark. Aber es wird besser werden, davon bin ich überzeugt. Man macht irgendwie weiter. Den anderen Jungs geht es ähnlich, auch bei ihnen ist alles in Ordnung.

Ralf: Lass uns über Euren neuen Longplayer „Wish To Leave“ reden. Ein relativ ruhiges, entspanntes Album. Wie kam es dazu, dass die Songs nicht mehr so hart sind?

Max: Das hängt einfach mit meinen persönlichen Hörvorlieben zusammen. Ich bin zuletzt immer stärker weg vom „klassischen“ Heavy Metal, das höre ich tatsächlich nicht mehr ganz so viel. Stattdessen lieber Zeug wie INTERPOL, RITUAL HOWLS oder EDITORS. Und das schlägt sich dann einfach im Sound von LUNAR SHADOW nieder, da ich ja der alleinige Songwriter bin.

Ralf: „Roses“ ging damals bereits etwas in die neue Richtung, oder?

Max: Genau, richtig erkannt. Mir war schon klar, dass ich diesen Weg gerne fortsetzen würde, das fand ich für mich am spannendsten.

Ralf: Glaubst Du, dass einige alten Fans abspringen könnten? Oder ist Dir das völlig schnuppe?

Max: Das ist dann halt so. Jeder kann das selber entscheiden, ich habe damit auch gar kein Problem. Wenn jemand sagt „Früher fand ich das alles irgendwie besser“, ist ja eine subjektive, komplett legitime Ansicht. Ich kann aber meine Art Musik zu machen nicht an die Erwartungen irgendwelcher fremder Menschen knüpfen, so funktioniert das nicht. Ich muss das tun, was mir gefällt. Und die Leute folgen mir dann weiter auf diesem Weg, oder sie entscheiden sich anders.

Ralf: Um was geht es lyrisch? Gibt es ein Konzept oder sind alle Stücke völlig unabhängig voneinander. Dachte bei dem Titel es geht um Todessehnsucht oder Sterbehilfe...?

Max : Der Titel „Wish To Leave” hat für mich gar keine dezidiert negative Bedeutung. Er steht eher für Veränderung, für Wandel. Manchmal muss man Dinge oder Personen hinter sich lassen, um der Mensch zu werden, der man sein möchte.
Ein Konzept gibt es diesmal nicht, nein. „And Silence Screamed“ handelt von zwei Kurzgeschichten von Robert E. Howard („The Screaming Skull Of Silence / The Striking Of The Gong”), “Serpents Die” hat mit meinem Interesse an frühchristlicher Mystik zu tun, ebenso wie „Delomelanicon“. „To Dusk And I Love You“, „I Will Lose You” und “The Darkness Between The Stars” sind, wie schon einige Songs auf den Vorgängern, persönlicher Natur und handeln von Liebe, Verlust und Hoffnung.

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Ralf: Wie verlief die Studioarbeit?

Max: Wir haben wieder mit Max Herrmann gearbeitet, er wohnt bei mir in der Nähe, so kann ich immer mal wieder relativ spontan bei ihm auftauchen und Sachen einspielen. Die Jungs sind wie immer nacheinander nach Leipzig gereist und haben ihre Parts aufgenommen, das dauert, je nach Instrument, so zwischen zwei und fünf Tagen. Die Gesangssessions mussten wir leider aufgrund einiger Widrigkeiten spontan verkürzen, Robert musste also einige Parts noch daheim in Hessen aufnehmen.
Alles in allem haben wir fast wieder vier Monate an dem Album gesessen, ich mache mit Max Herrmann zusammen am meisten, wir arbeiten am Sound, bessern Parts aus. Ich dachte wirklich, dass wir diesmal vielleicht etwas schneller fertig werden, wir haben erstmals richtig Pre-Production gemacht, uns den Gesang vorher zurechtgelegt. Ich dachte ernsthaft, vielleicht sind wir mal in einem Monat durch. Wie naiv ich doch war…

Ralf: Die Postpunk-Einflüsse bei der Gitarrenarbeit sind unüberhörbar. Ich mag auch vieles aus dieser Ecke, wie sieht es bei Dir aus?

Max: Das stimmt. Ich habe schon immer ein Faible für Bands wie THE CHAMELEONS gehabt („Script Of The Bridge“!), die SISTERS OF MERCY, FIELDS OF THE NEPHILIM oder CHRISTIAN DEATH. Seit einigen Jahren habe ich dann immer mehr aus der Richtung gehört, bin bei PINK TURNS BLUE gelandet und THE SOUND. Auch neuere Bands aus der Richtung habe ich entdeckt, SOVIET SOVIET oder DIIV. Und so hat sich dieser Sound immer mehr verfestigt.

Ralf: Das Werk ist mit ca. 36 Minuten recht kurz...Absicht?

Max: Das war tatsächlich Absicht. Mir persönlich sind die meisten Alben zu lang. Acht oder Neun Tracks, brauche ich nicht. Ich ertappe mich beim Hören solcher Alben immer regelmäßig bei dem Gedanken „zwei bis drei Songs weniger hätten es auch getan“. Kann ich nicht erklären, vielleicht habe ich auch einfach eine zu geringe Aufmerksamkeitsspanne, aber ich finde die Länge von sechs Songs total angenehm. Drei pro Seite, auf den Punkt.
Ich habe mich im Vorfeld auch gefragt, wer eigentlich festlegt, wie lang ein Album zu sein hat? Wer sagt das denn? Die Albumpolizei? Wir haben mit Lunar Shadow ja schon immer ein bisschen gemacht, was wir wollten. Und mir gefällt einfach diese Länge gut.

Ralf: Was kannst Du mir über das (interessante) Cover sagen?

Max: Das stammt von dem russischen Künstler Denis Forkas Kostromitin. Es heißt „Dream Of The Twelfth Labour“ und basiert auf einem Traum, den Denis über den antiken Helden Herakles hatte. Ich interessiere mich ja sehr für Kunst und habe seine Malerei schon seit einigen Jahren verfolgt. Als ich dann auf dieses Artwork gestoßen bin, hat es mich sofort gepackt. Es hat die Atmosphäre dieses Albums perfekt eingefangen und ich musste es sofort lizensieren. Zum Glück hat das geklappt.

Ralf: Was wirst Du als erstes tun nach Corona?

Max: Nichts Großes. Ich möchte einfach mal wieder mit meinen Freunden in einer Runde an einem Tisch sitzen und gemeinsam etwas Bier trinken. Das fehlt mir am meisten.

Ralf: Danke für Deine Ausführungen!

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