Testament - Para Bellum

TESTAMENT ist die einzige Band, wegen der ich je Ärger mit meinem Englischlehrer hatte. Wer wie ich in den Achtzigern auf der Schulbank saß kennt das. Jedes Schulfach hatte eine eigene Farbe und die Schulhefte oder Ordner mussten die gleiche Farbe haben. Englisch war gelb. So weit, so langweilig. Wir schrieben das Jahr 1988 und TESTAMENT hatten mit „The New Order“ gerade ihr Zweitwerk veröffentlicht. Ich hielt es damals für eine „geniale“ Idee den Ordner für die Englischklausuren mit dem Logo der Kalifornier zu verzieren. Mein Englischlehrer fand die Idee weit weniger genial. O-Ton: „Wenn der Ordner innen so aussieht wie außen kannst du was erleben.“

Tat er aber nicht. Also durfte ich ihn behalten. Inzwischen sind 37 Jahre vergangen und TESTAMENT sind noch immer eine meiner Lieblingsbands. Ich muss gestehen, dass ich sie bis zum 05.10.2025 noch nie live gesehen hatte.
Zum Auftakt der „Thrash Of The Titans“-Tour in Hannover war es dann endlich so weit und sie haben mich absolut überzeugt.  Wer auf Tour geht, hat in der Regel auch ein neues Album im Gepäck. Doch mit „Para Bellum“ erschien das neue Album erst am 10.10., und somit fünf Tage nach Tourbeginn. Fünf lange Jahre hat die Gruppe aus Berkeley uns auf ihr neues Album warten lassen. Eine sehr lange Zeit.

In den fünf Jahren passierte nicht nur Corona, sondern es sah auch lange so aus, als würde Dave Lombardo den Platz von Gene Hoglan an den Drums übernehmen. Leider war er dann doch zu beschäftigt, um dauerhaft bei TESTAMENT einzusteigen. Letztendlich bekam Chris Dovas den Job bei TESTAMENT. Live hat er mich vollkommen überzeugt. Doch kommen wir zum neuen Album. Nach einer so langen Wartezeit waren die Erwartungen natürlich entsprechend hoch. Können Chuck Billy (Gesang), Eric Petersen (Gitarre), Alex Skolnick (Gitarre), Steve Di Giorgio (Bass) und Chris Dovas (Schlagzeug) diese erfüllen?

Los geht es knüppelhart mit "For The Love Of Pain". Hier werden viele schon den ersten Kritikpunkt finden. Offen gesagt erschließt es sich auch mir nicht ganz, warum Chuck Billy, der einer der besten Sänger im Thrash Metal ist, hier nicht einfach singt, sondern wie ein brünftiger Hirsch durch die Gegend bölkt. Das folgende „Infanticide A.I.“ ist eine lyrische Abrechnung mit der künstlichen Intelligenz und das erste Highlight der Scheibe.
Bei „Shadow People“ zeigt dann Dovas, was er draufhat. Eine weitere starke Nummer.  Danach kommt mit „Meant To Be“ eine faustdicke Überraschung. Das Ganze ist nicht nur eine Ballade, sondern bei genauem Hinhören merkt man, dass wir es hier tatsächlich mit einem Liebeslied zu tun haben. Das erinnert verdammt an SKID ROW und hätte perfekt auf „Subhuman Race“ (1995) gepasst.

Wem das zu sanft ist, der bekommt mit „High Noon“ ordentlich auf die Mütze. Und wieder growlt Billy. Das hat er allerdings auch schon auf dem kompletten „Low“-Album von 1994 getan. Dennoch wird das nicht jedem gefallen.
Doch auf „Para Bellum“ scheren sich TESTAMENT einen Dreck um irgendwelche Erwartungen. Dann kommt nämlich „Nature Of The Beast“ und Chuck packt den „normalen“ Gesang aus. Ein echt guter Song. Aber damit nicht genug. Denn dann kommt „Room 117“ Der absolut beste Song auf „Para Bellum“. Geht da noch mehr? Aber klar doch!  Bei „Havana Syndrome“ klingt Billy wie in den alten Tagen. James Hetfield lässt grüßen. Bliebe noch „Para Bellum“. Mit fast 7 Minuten der längste Song des Albums. Dieser verbindet alle Elemente der vorhergehenden 9 Songs und schlägt die Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

Doch wie fällt nun mein Fazit zu „Para Bellum'“aus? Zuallererst einmal sei festgestellt, dass TESTAMENT es dem Hörer alles andere als leicht macht. Beim ersten Hören war ich ehrlich gesagt etwas enttäuscht, weil ich, wie wohl viele, ein anderes Album erwartet hatte. Jetzt kommt allerdings das „aber“. Das neue Album aus dem Hause TESTAMENT ist kein Easy-Listening-Event. Ich kann nur jedem empfehlen, sich die Scheibe in Ruhe und mit vernünftigen Kopfhörern anzuhören. In meinen Augen haben wir es hier mit einem klassischen „Grower“ zu tun. Viele halten „Para Bellum“ für mittelmäßig. Meines Erachtens braucht das Album lediglich mindestens 3 Durchläufe. Danach merkt man, wie gut es eigentlich ist. (Matthias)

Bewertung:

Matthias5.5 9,5 / 10

Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 52:13 min
Label: Nuclear Blast
Veröffentlichungstermin: 10.10.2025

 

Wir benutzen Cookies
Für optimalen Benutzerservice auf dieser Webseite verwenden wir Cookies. Durch die Verwendung unserer Webseite erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden