G3 - G3 Reunion Live

Unabhängig davon in welcher Besetzung sich G3 seit 1996 zusammenfand; G3 stand immer für eine Art „heilige Dreifaltigkeit“, wenn es um instrumentale Rockgitarren-Musik der Superlative ging. Jetzt kehrt das „Six String Wonder“ Joe Satriani mit dem G3-Tourkonzept der Anfangstage und der daraus resultierenden Scheibe „G3 Reunion Live“ zurück, die am 31. Januar 2025 weltweit bei earMUSIC erscheint. Das Album enthält das Beste von Joe Satriani, Eric Johnson und Steve Vai auf ihrer ausverkauften US-Tour 2024.

Die Segmentierung des Tonträgers ist dabei enorm interessant, da jeder der drei sakrosankten Gitarren-Ikonen zunächst ein Set mit eigenen Songs spielt und als Zugabe die Protagonisten fusionieren, um bekannte Klassiker gemeinsam zu spielen. Soundtechnisch ist der Mitschnitt sowieso erste Güteklasse und enthält die vollständige Show aus dem Orpheum Theatre in Los Angeles mit insgesamt 27 Songs.
Die Deluxe Edition enthält 4 LPs (eine pro Künstler) auf verschiedenfarbigem Vinyl und den Zugaben-Jam (LP) in einer Splatter-Version. Außerdem enthält sie das 64-seitige Fotobuch mit einem Abschnitt über jeden Gitarristen und einen über den Zugabe-Jam.

Der 64-jährige Steve Vai, ehemaliger Schüler des nur vier Jahre älteren Joe Satriani, macht den Auftakt, mit einem Set in dem der ehemalige Gitarrist von FRANK ZAPPA, DAVID LEE ROTH oder WHITESNAKE primär den Fokus auf sein jüngstes Studioalbum „Inviolate“ aus dem Jahr 2022 legt. Abgesehen von der Komplexität und Vielschichtigkeit der Songstrukturen, klingt der Meister hier sehr entspannt und präsentiert einige psychedelisch wirkende Songs, die an die Titel der griechischen Mythologie angelehnt sind. „Teeth Of Hydra“, mit den sanft wechselnden Tempi und Stimmungen, entführt schon in eine andere Dimension. Daran schließt sich nahtlos „Zeus In Chains“ an. Man merkt, dass Steve Vai sich nichts mehr beweisen muss. „Little Pretty“ oder der Opener, „Avalancha“ rocken hart, sind von treibendem Drumeinsatz geprägt und zeugen von melodischer Intensität. „For The Love Of God“, aus dem Jahr 1990, ist wohl über alle Zweifel erhaben und zeigt das phänomenale Gitarrenspiel des Steve Vai mit dem berühmten „Circle Vibrato“ und den unberechenbaren abstrakten Klangfarben, die die gesamte Transzendenz dieses Genres ausdrückt. In diesem Set bleibt Steve Vai sehr eingängig, zaubert wunderbare Melodien und verzichtet auf allzu experimentelle Ausbrüche.

Im zweiten Part darf Eric Johnson sein außergewöhnliches Talent unter Beweis stellen. In den USA ist der Texaner ein gefeierter Guitar-Hero, in unseren Sphären eher nur den Insidern ein Begriff. Das „Guitar Player Magazine“ kürte Johnson nicht weniger als fünf Mal in Folge zum „Best Overall Guitarist“, von seiner Heimatstadt Austin wurde er zum „Gitarristen des Jahrzehnts“ und damit zum legitimen Nachfolger von Stevie Ray Vaughan ernannt. Auch er zelebriert die Gitarrenkunst auf höchster Ebene, unterscheidet sich hierbei aber von Vai und Satriani durch seine jazzigere Komponente. Sein wunderbar warmer, oftmals in den Obertönen verankerter Sound ist klar durch die Einflüsse von HENDRIX, CLAPTON, JEFF BECK und JOHN McLAUGHLIN geprägt. Gleich mit dem ersten Song, dem Chris Kenner-Cover „Land Of A Thousand Dances“ hat er das Publikum fest im Griff. „Trail Of Tears“, mit gutem Gesang, erinnert stark an STEELY DAN. Die gefühlvolle Gitarrenarbeit und rasant schnellen Soli bilden einen starken Kontrast zur sphärischen Ausrichtung des Steve Vai.

Die vorab veröffentlichte Single-Auskopplung „Desert Rose“ klingt wunderbar emotional mit bluesigem Unterton, atemberaubender Soli-Geschwindigkeit und feinster Melodieführung. Zudem hat Eric Johnson eine markante Stimme und widerspricht dem Mythos, dass Gitarristen nicht singen können. Mit seinen Fähigkeiten hätte man ihm in frühen Tagen die Stelle bei CREAM angeboten. Die Songs auf dem Album von Eric Johnson sind äußerst melodisch und meine Highlights auf dem G3-Album, aber das ist Geschmackssache, denn mir gefällt die Lässigkeit seines Spiels und die stilistische Vielfalt mit Elementen aus Rock, Blues, Country, Soul und Jazz. Sein gesamtes Können zeigt er hier z.B. auf „Freeway Jam“, dem genialen Instrumental mit Hommage an Jeff Beck.

Der dritte im Bunde ist Superstar Joe Satriani, der Saitenhexer, der einst Ritchie Blackmore bei DEEP PURPLE bis zum Einstieg von Steve Morse ersetzte. Gewohnt souverän lässt Joe Satriani seine Gitarre als Stimme mit allen Facetten der Emotionalität sprechen. Von meinem Lieblingsalbum „The Elephants Of Mars“, das den Hörer in eine surreal sphärische Klangwelt versetzt, spielt er das Instrumental „Sahara“, mit virtuoser Opernhaftigkeit und lässt seine rasend schnelle Arpeggien fliegen. Er zeigt hier alle Nuancen der Gitarre, mal hart im Rock und Metal, dann wieder elegisch einfühlsam. Genial präsentiert er den Boogie-Rocker „Surfing With The Alien“, mit seiner prägnanten Melodie und rasanten Soli, vom gleichnamigen Album des Jahres 1987, das seinen Ruf als Weltklasse-Gitarrist erst festigte. Auch „Big Bad Moon“, der harte Blues-Rocker im ZZ-TOP-Stil mit markantem Harp-Einsatz, zeigt die Brillanz des Mannes aus Long Island.

Zum Schluss bilden die drei lebenden Legenden eine Symbiose, um die elektrische Rockgitarre zu feiern und drei bereits großartige Songs von CREAM („Crossroads“), STEPPENWOLF („Born To Be Wild“) und JIMI HENDRIX („Spanish Castle Magic“) auf individuelle und brillante Art und Weise in ausgedehnter Form zu interpretieren. So ist das G3 Live-Album in der Tat ein elektrisierendes Erlebnis der Spitzenklasse, abwechslungsreich durch die drei Ausnahmemusiker, die auf ihre Art und Weise dennoch unterschiedlich in ihrer Spielweise sind. Für G3-Verhältnisse sind relativ viele Gesangsparts vorhanden, was mit Sicherheit dazu führt, dass auch Menschen, denen reine Instrumentalalben zu einseitig sind, hier durchaus zugreifen können. (Bernd Eberlein)

Bewertung:

8,5 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 27
Spielzeit: 143:07 min
Label: earMusic
Veröffentlichungstermin: 31.01.2025

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