Unitopia - The garden

unitopiathegarden300.jpgAustralien ist ja für viele immer noch das Land „Down under“, und bis auf wenige Ausnahmen ist es das in der Musikszene auch. Lediglich mit bluesbasiertem Hardrock konnte man da bisher Staat machen, ein paar Pop-Rock-Formationen Anfang der Achtziger seien vielleicht noch erwähnt. Aber im Prog-Bereich könnte man da genauso gut Meer auf die Landkarte zeichnen. Doch nun schickt sich ein Act an das zu ändern, wenn auch mit viel Anlauf. Die Anfänge von UNITOPIA reichen bis 1996 zurück als sich die kreativen Köpfe Mark Trueack und Sean Timms kennenlernten und seitdem gemeinsam musizieren. Es dauerte allerdings neun Jahre bis ihr Debüt „More than a Dream“ in den Läden stand. Doch es war wirklich mehr als ein Traum, denn jetzt ging alles schneller und nun steht uns mit „The Garden“ ein wahres Mammutwerk ins Haus.

Schon der Blick auf das Coverpainting mit all seinen vielen Farben und kulturellen Symbolen zeigt, was einen in dem Garten, der dort zu sehen ist erwartet. Die beiden Hauptsongschreiber haben einen bunten Strauss an Stilen, Bildern und Emotionen aufgefahren, wie man ihn selbst in der progressiven Musik selten zu hören bekommt. Nichts ist der Formation fremd, die losgelöst von allen Genrezwängen drauf los komponieren. Das Ergebnis ist in der Tat faszinierend.
Der gefühlvolle Sänger Mark Trueack und sein kongenialer Partner Sean Timms an den Tasten nehmen uns mit auf eine Reise in alle möglichen Gefühlswelten, die gleichzeitig zum Träumen und Nachdenken einladen. Abseits des Konzeptes über Trauer, Trost, den Zustand unserer Welt und die Chancen, die jeder besitzt alles zum Besseren zu ändern, kann der Hörer seine eigenen Visionen entwickeln. Hier findet sich alles wieder, was in den letzten vier Jahrzehnten im Prog-Rock passiert ist, ohne dabei allzu viele Klischees zu bedienen.

Da wäre zuerst GENESIS zu nennen, ihre Art Stimmungen zu erzeugen, mit einer kleinen Hommage in „The Way back home“, die wie eine Verquickung von „Afterglow“ und „As sure as Eggs is eggs“ klingt. Neuzeitliche Acts wie PORCUPINE TREE haben ebenso ihre Spuren hinterlassen wie Retro-Truppen im Stile von THE TANGENT, gerade was die Hammond-Gitarrenduelle anbetrifft. In den staccato-artigen Läufen von Sechsaiter Matt Williams scheint ein wenig SAGA durch , MARILLION zu „Marbles“-Zeiten lassen ebenso grüssen wie PETER GABRIELs melodische Theatralik. Selbst der symphonische Prog der späten Siebziger ist ihnen nicht fremd.

Doch wie schaffen sie es nicht wie ein Plagiat zu klingen, welches nur aus dem besten zusammen klaut? Ganz einfach, indem sie völlig natürlich und eher inspiriert als verkopft an die Sache rangehen. Die großen Vorbilder sind zwar präsent, aber sie bestimmen den Sound nicht, denn der hat seine eigne Handschrift. Und in der tauchen etliche Zitate anderer Stilrichtungen auf, die wie selbstverständlich eingefügt sind.
Mal driftet man in reine Jazz-Passagen ab, um dann wieder mit percussiven Elementen aufzuwarten. Gerade ihre kosmopolitisch geprägte Herkunft macht es ihnen dabei leicht weltmusikalische Einflüsse zu verarbeiten. Da treffen karibische Klänge völlig unverkrampft auf orientalische und Südsee-Flair.
Dazu kommt noch der Einsatz von ungewöhnlichem Instrumentarium wie dem Saxophon, diversen Flöten, Klarinetten und ähnlichen Blasinstrumenten. Diese werden allerdings durch Keyboard-Flächen sehr schön in die Songs hinein begleitet. Hört sich ein wenig wie MEN AT WORK an, ist es sogar, wobei sich hier für mich persönlich irgendwie der Kreis schließt. Die waren nie Prog, trotzdem gut und waren zur selben Zeit aktuell als ich die progressive Musik entdeckte. Gegen Ende wird das Album dann auch noch immer mehr gen Klassik gebürstet, es tauchen vermehrt Streicher auf. Ja selbst metallische Ausbrüche leistet man sich in „Journey´s End“.

Doch bei all diesen verschiedenen Nuancen schaffen es UNITOPIA immer eine schlüssige Songstruktur hinzubekommen. Mehr noch, das Album wimmelt nur so von großartigen Melodien, spannenden Soundlandschaften, die den Hörer in den Bann ziehen und die über die gesamte Spielzeit aufrecht erhalten werden. Neben zwei Endlos-Nummern haben sich auch einige kürzere eingeschlichen, die auch mal ein wenig straffer arrangiert sind, ohne aus dem Rahmen zu fallen. Hier sei vor allem das grandiose „Here I am“ genannt, das ist der Stoff aus dem normalerweise Top Ten-Hits im vereinten Königreich gemacht werden.

Hier ist es gelungen, mit einer unglaublichen Kreativität wahrhaft innovative Musik zu schaffen, die so facettenreich ist, wie es nur geht. Die trotzdem auf den Punkt kommt, von der Lebensfreude der Musiker kündet. Ein wahrer Parforce-Ritt durch alle Emotionszustände, ob sphärische Weiten, verspielte Klanggebäude, stimmige Soli und wunderschöne Harmonien. Ein Album das man genießen muss, für das man Zeit investieren muss, aber diese Zeit ist gut angelegt. Große Musik für Kenner. (MetalPfälzer)

 

Bewertung: 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 14
Spielzeit: 101:03 min
Label: Inside Out
Veröffentlichungstermin: 24.10.2008