Glenn Hughes + Darker Half (22.09.2025, Mannheim)

Es gibt diese Abende, bei denen man schon im Vorhinein sicher sein kann, dass es magisch wird. Ähnlich ergeht es mir an einem regnerischen Montag im Capitol in Mannheim mit dem Konzert von GLENN HUGHES. Trotz der Wetterlage ist die Stimmung bei allen absolut top und dank Britta vom Casino (Restaurant nebenan, das zum Capitol gehört) wurde ich nach dem sehr angenehmen Interview mit Glenn noch mit perfektem Kaffee versorgt. So beginnt gewiss nicht jeder Konzertabend, die Magie und gute Stimmung sollten nicht abreißen, denn das ist erst der Anfang.

DARKER HALF

Zu meiner Überraschung ist entgegen den Flyer und Tourplakaten mit DARKER HALF eine Band aus Australien als Support mit dabei. Leider starten die schon um 19:30 Uhr und da der Konzert-Beginn überall mit 20:00 Uhr ausgezeichnet ist, ist das Capitol noch nicht so gut gefüllt. Das stört die Band dennoch nicht und sie lassen ihrer wahnsinnigen Motivation freien Lauf.

Gerade Gitarrist Danny Ritz und Bassist Jimmy Wynen haben derart viel Spaß auf der Bühne, dass man meinen könnte, sie wären mitten in ihrem Fitnessprogramm. Aber genau so und nicht anders sollte es auch aussehen, wenn eine Band Spaß an ihrer Musik hat. Entgegen den meisten heutigen Support-Slots haben DARKER HALF statt 30 Minuten sogar ganze 40 zur Verfügung und das Capitol füllt sich im Laufe des Gigs zunehmend. Das Publikum macht mit und die Band kommt sehr gut an. Sänger Vo Simpson hat das Publikum fest im Griff und kommt stimmlich in unerwartete Höhen.

Dass die pure Spielfreude der Band keine Show ist, wird mehr als deutlich, als beim vierten Song zusätzlich zum Bassisten Jimmy Wynen seine Vertretung auf die Bühne kommt und auf der Gitarre ein unfassbar gutes Solo abreißt, nur um anschließend als großartiger Bassist gelobt zu werden (Anm. d. Red.: Ironie) . Jimmy musste wohl für ein paar Tourtermine aussetzen und wurde am Bass vertreten. Weiterhin spricht Danny Ritz das Publikum in fast perfektem Deutsch an und leitet damit in die finalen Songs über.

Bleibt zu hoffen, dass DARKER HALF den Erfolg bekommen, den sie verdient haben. Die Band reißt live ordentlich was ab, und obwohl es musikalisch nicht ganz zu der nun kommenden Musik von GLENN HUGHES passen mag, ist das Publikum begeistert und ließ sich mitreißen. Ich behalte die Band aus Australien in jedem Fall auf dem Schirm.

Setlist DARKER HALF:

Into The Shadows
Falling
From Disaster
Another Day Another Nightmare
Are You Listening
Glass Coloured Rose
The Bittersweet Caress
Heavens Falling

 

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GLENN HUGHES

Nach nicht allzu langer Umbaupause und ohne großes Intro oder Showeinlage betritt das Trio aus GLENN HUGHES, Søren Andersen und Ash Sheehan gegen 20:30 Uhr die Bühne und steigt unmittelbar mit “Soul Mover” in das Set ein. Gleich zu Beginn klappt mir hier regelrecht die Kinnlade runter. Was ich hier vor Augen sehe, hatte ich so nicht erwartet. Die Band ist extrem tight und strotzt nur so vor Energie. Das zieht jeden im Raum sofort in ihren Bann und darüber hinaus ist “Soul Mover” natürlich ein gekonnt gewählter Opener. Der funky Bass und der coole Rhythmus (damals in der Studioversion noch von Chad Smith) gekonnt verbunden mit dem Gitarrenriff von Dave Navarro sprechen Bände darüber, wie dynamisch GLENN HUGHES in seiner Karriere zu Gange war. Natürlich geben sowohl Søren als auch Ash dem Ganzen nochmal einen eigenen Vibe, der live noch stärker nach vorne drückt und direkt für Laune beim Publikum sorgt. Einfach unfassbar.

Der Eindruck soll sich auch im weiteren Verlauf des Abends nicht ändern, weiter geht es mit dem etwas ruhigen, dafür aber atmosphärischen “Muscle And Blood” vom “Hughes/Thrall”-Werk. Auch hier stehe ich in völliger Ehrfurcht mit dem noch immer heruntergeklappten Unterkiefer im Publikum. Es ist einfach pure Magie, dass Glenn mit seinen nunmehr 74 Jahren noch so gut bei Stimme ist und die hohen Töne trifft wie eh und je. Ich habe viele gute vergleichbare Sänger live erlebt, die in ähnlichen Tonhöhen unterwegs sind und muss gestehen, dass ihm einfach niemand das Wasser reichen kann. Hier schäme ich mich regelrecht zeitweilig mit Gehörschutz zu arbeiten, denn “zu laut” ist es eigentlich nicht. Der Sound ist gut abgemischt und glasklar.

Auch wenn bei Ash, Søren und Glenn weit weniger Bewegung im Spiel ist als beim Support, gibt das dem Spaß keinen Abbruch. Søren interagiert durchgängig mit dem Publikum und ihm ist die Spielfreude ins Gesicht geschrieben, wohingegen Ash hinter den Drums regelrecht zum Tier wird und unfassbar gut spielt und sich richtig verausgabt. Immer wieder haben alle drei während des Konzertes Augenkontakt und man merkt einfach, wie großartig die Chemie stimmt. Von etwaigen Diva-Verhalten, das Glenn zeitweilig nachgesagt wurde, ist hier keine Spur. Den Eindruck hatte ich auch beim Interview nicht, scheinbar war das eine andere Version von Glenn aus früheren Zeiten. An diesem Abend lässt sich jedenfalls eine rundum glückliche Band und ein rundum glückliches Publikum erkennen, und wie es sein sollte, geht es um DIE eine wunderbare Sache - Musik und das durch und durch. Das hier ist keine Show oder ein einstudiertes Event, das hier ist Live-Musik, so wie es mir immer wieder von Konzerten der 60er und 70er berichtet wird. Das wird auch an der schieren Spielzeit der Band von fast zwei Stunden mehr als deutlich.

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Immer wieder ist Glenn in seinen Ansagen ans Publikum selbstironisch und betont zudem, dass alles von Herzen kommt und wie dankbar er ist, dass wir alle hier sind. Noch dazu ist keine seiner Ansagen einstudiert oder folgt einem festen Schema. Er redet einfach drauf los, so kommt es auch dazu, dass er kurz mit sich selbst redet: "Glenn… get your shit together, cmon”. Doch zurück ins Geschehen und zu “Voice In My Head", dem ersten Song vom aktuellen (und sehr erfolgreichen) Album “Chosen”. Eine treibende Rock-Nummer mit Ohrwurmcharakter, die live extrem gut rüberkommt und Søren auch am Backgroundgesang aktiv werden lässt. Die Nummer kommt wie zu erwarten gut an und zeigt einmal mehr, dass es auch im Jahre 2025 noch Rocknummern gibt, die den Spirit in sich tragen.

BLACK COUNTRY COMMUNION habe ich dieses Jahr leider erneut verpasst, doch dafür komme ich nun zumindest in den Genuss von “One Last Soul", dem ersten Song am Abend von BCC, der sehr gut ankommt und fantastisch klingt. Søren spielt das Solo hier meines Erachtens bewusst etwas anders als Joe Bonamassa. Was ich persönlich stark und richtig gut finde, denn so kommt noch ein eigenes Feeling hinzu und davon hat Søren mehr als genug. Es ist mir generell ein Rätsel, wie wenig Anerkennung dieser unfassbar gute Gitarrist bekommt. Noch dazu wirkt er einfach um ein tausendfaches sympathischer als ein Joe Bonamassa (Anm. d. Red.: Sorry Joe!).

Treibend geht es mit “Can’t Stop The Flood” weiter, eine Nummer, die ebenfalls mit einem großartigen Solo von Søren verfeinert wird und Laune macht. “First Step Of Love” wird etwas ruhiger, dafür aber umso atmosphärischer. Was Glenn hier mit seiner Stimme anstellt, jagt mir mehr als nur Gänsehaut über den Körper - pure Magie. Und mit purer Magie auf eine andere Art und Weise, nämlich heavy geht es mit “You Kill Me” weiter. Das muss man live erlebt haben, was das Trio hier an Druck erzeugt, bekommen manche fünfköpfigen Bands nicht auf die Reihe. Denn neben der unfassbaren Stimme von Glenn ist und bleibt er auch am Bass absolut umwerfend. Welchen er übrigens den ganzen Abend nicht ein einziges Mal wechselt. Der anschließend präsentierte zweite Song des Abends von “Chosen” ist “Into The Fade” und kommt gänzlich anders daher wie “Voice In My Head” und überzeugt mit einem positiven Vibe und anderen Qualitäten, extrem gut.

Begonnen hat Glenn einst mit seiner Band TRAPEZE, und sie spielten überall dort, wo sie spielen konnten, berichtet er anschließend und auch von einem Mädchen, welches bei einem Gig im Whiskey A Go Go damals so unfassbar tanzte, dass er sie nicht vergessen konnte. Die Ansage leitet in “Way Back To The Bone” über, das inklusive Mitsing-Part für “Coming Home” daher kommt und ordentlich Laune macht. Das Mädchen lässt Glenn keine Ruhe mehr und so beschreibt er anschließend, wie sie sich ein paar Tage später bei einem anderen Konzert nochmal sahen, grüßte sie mit Namen und bedankte sich einmal mehr bei ihr und kündigt eine der wohl härtesten Nummern an die je geschrieben wurden. “Epic Heavy” könnte man auch sagen und da gebe ich ihm vollends Recht. Die Rede ist natürlich von “Medusa” und leider gibt es keine Steigerungsformen mehr, um diesen Moment des Abends in Worte zu fassen. Die Erinnerung an diesen Song wird mich noch lange begleiten, schon jetzt beim Schreiben bekomme ich erneut eine Gänsehaut.

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Doch das soll keineswegs heißen, dass es für diesen Abend keine Steigerung mehr gibt. Denn Glenn setzt anschließend an seinen Bruder zu grüßen und zu danken, dem wohl besten Heavy-Riff Autor in der Geschichte der Menschheit. Die Rede ist zweifelsohne von Tony Iommi, wem sonst. “Grace” kommt gut beim Publikum an und ist verdammt heavy, aber anders heavy als “Medusa” zuvor, falls das in irgendeiner Form Sinn macht. Gegen Ende gibt es noch kleinere Einspielungen zu "Dopamine", die auf ganzer Linie gelungen sind - großartig. Nun präsentiert das Trio mit “Chosen” den Titelsong der neuen Platte, der mir zugegebenermaßen beim ersten Hören der Studio-Version nicht sofort gefiel, inzwischen aber zu einem meiner Favoriten geworden ist. Eine wirklich gelungene Nummer, die auch live sehr viel Magie entfacht.

Ein immer wiederkehrendes Thema an diesem Abend, ist der alte Küchentisch von Glenns Großmutter, an dem er viele der frühen TRAPEZE-Songs geschrieben hat. Davon berichtet er nun auch für das sehr bluesige “You Are The Music”, das wieder für Abwechslung sorgt, nach den beiden sehr heavy-lastigen Nummern.

Mit “Stay Free” von BCC bewegen wir uns nun langsam auf die Zielgerade zu, auch hier fällt mir wieder besonders das Gitarrenspiel von Søren ins Auge, das einfach umwerfend ist. Wobei auch Ash an den Drums nicht unerwähnt bleiben soll, die Schlagzeug-Parts von Jason Bonham zu spielen und noch einen eigenen Vibe mit reinzubringen ohne das Feeling des Songs zu verlieren ist sicherlich eine Mammut-Aufgabe, gelingt dem Trio aber perfekt. Für “Coast To Coast” tritt Glenn anschließend alleine auf die Bühne und präsentiert die Nummer in einer wunderbar intimen Akustik-Version.

Mein Favorit unter den BCC-Nummern ist noch immer “Black Country", die sehr zu meiner Freude ebenfalls den Weg in die Setliste gefunden hat und nun gespielt wird. Der Song wird anschließend nur noch von dem famosen Abschluss mit “Burn” in den Schatten gestellt. Das Capitol steht bei beiden Nummern Kopf und “Burn” gibt einen tosenden Abschluss für diese unfassbaren zwei Stunden Musikgeschichte.

Ich bin den Tränen nahe beim Tippen dieser Zeilen und das meine ich genau so wie ich es schreibe. Aber mit einem weinenden und einem lachenden Auge, denn zum Einen bin ich wahnsinnig froh darüber und dankbar, dass ich einem solch magischen Abend beiwohnen konnte, zum Anderen bin ich etwas wehleidig, dass solche Abende vermutlich weniger werden, auch wenn ich die Hoffnung nicht aufgeben möchte. Was GLENN HUGHES an diesem Abend geboten hat, war die Vollbedienung in Sachen “Voice Of Rock” und ich bin immer noch elektrisiert von diesem einmaligen Erlebnis. Wenn ihr die Chance habt hier live dabei zu sein, nutzt sie. Es ist verdammt gut und kaum an Steigerungen zu übertreffen. Pure Magie, zum ersten Mal seit langem fühle ich mich so, als hätte ich eines dieser legendären Konzerte erlebt, von denen mir immer wieder berichtet wird, zu deren Zeit ich aber noch nicht existierte. Jetzt existierte ich und im “Hier und Jetzt” konnte ich diesen unglaublichen Abend erleben, mit einer unglaublichen Band, unglaublicher Musik und einer unglaublichen Stimme, der “Voice Of Rock”. (Pascal)

Setlist GLENN HUGHES:

Soul Mover
Muscle And Blood
Voice In My Head
One Last Soul
Can't Stop The Flood
First Step Of Love
You Kill Me
Into the Fade
Way Back to the Bone
Medusa
Grace
Chosen
You Are The Music
Stay Free
Coast To Coast
Black Country
Burn

(Fotos: Frank Friedrich)

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