Nachdem die im Frühjahr schon angekündigte „Domino Effect" -
Tour von GOTTHARD schon im Vorverkauf ein Erfolg zu werden schien, hat man noch
ein paar weitere Termine drangehängt. Von einem konnten die neuen Betreiber der
Pirmasenser Music Hall Quasimodo profitieren, denn mit den Schweizern lief eine
der größten Kapellen in der Geschichte des Clubs dort am Samstag, den 10.
November auf. Nachdem die POODLES das Vorprogramm auf dem ersten Teil der Tour
bestritten, aber nach den Skandinavien-Gigs in ihrer Heimat blieben war es den
deutschen EVIDENCE ONE vergönnt hier zu eröffnen.
Vor der Show konnte ich auch noch ein Interview mit dem
Gitarristen Freddy Schere führen, bei dem ich feststellen konnte, dass die
Truppe sehr gut drauf ist und sich bester Stimmung erfreut. Somit standen die
Vorzeichen gut für einen unterhaltsamen Abend in der einstigen Schuhstadt.
Bis zum Beginn um 21 Uhr hatte sich schon ein Großteil der 450 Anwesenden eingefunden, eigentlich eine ganz gute Vorrausetzung für die einheimischen Opener. Doch schon schnell wurde klar, dass das Publikum nicht warm wird mit dem treibenden Heavy-Rock von EVIDENCE ONE. Schade eigentlich, denn das neue, dritte Album „The Sky is the Limit" versprach doch recht viel. Klar ist es schwer vor den Eidgenossen aufzutreten, denn die bringen auch immer sehr viel Mainstreampublikum mit, die sich mit der heutigen Hardrockszene nicht auskennt. Aber das alleine war nicht der Grund.
Denn schon das Eröffnungsstück, der Titelsong des aktuellen
Albums kam irgendwie drucklos daher. Das lag zum einen an dem dumpfen Sound,
zum anderen am zu verhaltenen Schlagzeugspiel. EVIDENCE ONE markierten in
Pirmasens ihren ersten Auftritt mit Bernd Herrmann von den SÖHNEN MANNHEIMS und
das ohne vorherige Probe. Insofern schon ein Wunder, dass die Formation so
tight zusammenspielte, nur die Arrangements kamen zu bieder rüber, da krachte
nichts, wie es im Rock einfach krachen muss.
Die Fünf zeigten sich sicher engagiert, waren viel in Bewegung und hatten sogar
ihre Probleme mit der Bühnengröße. Vor allem Rhythmusklampfer Wolfgang Schimmer
und Basser Thomas Bauer posten auf der linken Bühnenseite was das Zeug hielt.
Und mit Jörg Warthmann hatte man einen Axtmann dabei, der ein klasse Solo nach
dem anderen raushaute. Auch die mehrstimmigen Chöre in den Refrains saßen gut
und Frontmann Carsten Schulz versuchte ständig das Publikum anzufeuern.
Nebenbei bot er auch eine starke stimmliche Leistung, brachte die starken
Melodien sauber rüber, so dass die Songs eigentlich Laune machten.
Doch diese Bemühungen waren leider vergebens genauso wie der Versuch in die
Ansagen etwas Witz zu bringen. Auch das „Geständnis", dass er im benachbarten
Zweibrücken groß geworden ist rang den Zuschauern nur ein Lächeln ab. Diese
warteten nur auf den Höhepunkt des Abends, den sie dann bekommen sollten.
Setlist
EVIDENCE ONE:
The Sky is the Limit
Tattoed
Heart
Written in Blood
Won´t sleep alone
When Thunder hits the Ground
Frozen in
Time
Criticize the Truth
In the Beginning...
Bei dem Headliner dagegen stimmte an dem Abend einfach
alles, vom ersten Ton an stand das Publikum hinter GOTTHARD. Kein Wunder, wenn
man mit den zwei ersten Tracks des neuen Longplayers und dem
melodisch-treibenden „Top of the World" einen Dreierschlag vom feinsten
auspackt. Da wurde jede Textzeile mitgesungen, während sich bei dem Support
gerade mal eine Handvoll Zuschauer meldeten, die eines ihrer Alben kennen. Man
merkte, dass das Pirmasenser Publikum nicht gerade verwöhnt ist im Bezug auf
große Bands, und so wurden die Schweizer gnadenlos abgefeiert.
Schon beim ersten Ton kam einem ein perfekter Sound entgegen, wie man ihn
selten und in dieser Location noch nie gehört hat. Sauber, optimal
ausbalanciert, laut und äußerst druckvoll. Die Nummern vom aktuellen Album
kamen noch besser rüber, weil der Sound erdiger und nicht so glatt war wie auf
der Scheibe. Die beiden Beaus von der Rhythmsection legten ein sattes
Fundament, dass der Pfälzer Wald wackelte. Marc Lynns Bass pumpte mächtig und
Hena Habegger bearbeitete sein Drumkit so wie man es im Hardrock gewohnt ist -
mit einem ordentlichen Punch.
Der Mann an der linken Seite, Bandkopf Leo Leoni zeigte wie
ein klasse bluesbasiertes Gitarrenspiel zu klingen hat. Da rauchten die Riffs
nur so, die Soli hatten Feeling, auch die akustische beherrscht er und ein paar
mal packte er sogar die doppelhalsige Gibson aus. Ein Mann der alten Schule im
besten Sinne dieses Wortes. Posen muss man ihm natürlich nicht mehr beibringen,
ständig war er in Bewegung und zockte als Höhepunkt sogar hinter dem Kopf.
Oft suchte er seinen Partner Freddy Scherer, der normalerweise auf der
anderen
Bühnenseite positioniert war. So standen die beiden, oder auch Marc
Lynn und
Scherer gegenüber und spielten sich die Töne zu. Der zweite Gitarrist
hingegen
mimte breitbeinig die coole Sau, ließ die Semiakustische bis unter den
Knie hängen und grinste spitzbübisch zwischen seiner langen
Hutkrempe und seinem angegrauten Bärtchen hervor.
Die gesamte Formation, mittlerweile um den Keyboarder
Nicolai verstärkt suchte den Kontakt zum Publikum, beantwortete Mimik und
Gesten der ersten Reihen. Man überließ diese Aufgabe nicht alleine Frontmann
Steve Lee, obwohl er damit auch keine Probleme hätte.
Ein Hardrockshouter aus dem Lehrbuch, immer am flirten mit vor allem den Damen,
den Mikroständer wirbelnd und die ganze Bühnenbreite ausnutzend. Trotz seiner
weit über vierzig Jahre wirkt er noch unglaublich agil und ja eine gewisse
Eitelkeit muss man in dem Job auch mitbringen. Mit Silberschmuck behangen,
braungebrannt und mit David Coverdales Garderobe bekleidet könnte er als dessen
kleiner Bruder durchgehen. Die Posen und das Lächeln dazu hat er jedenfalls,
wenn er leichtfüßig am Bühnenrand hin - und hertanzt. Sogar den Kniefall in den
emotionaleren Momenten weiß er hingebungsvoll zu zelebrieren und bei „Sister
Moon" zeigte er mit der Mundharmonika, dass auch er den Blues hat.
Der ganzen Truppe sah man die Euphorie an, die ich mittags
schon beim Soundcheck und Backstage
spüren konnte. Man hatte bei aller Professionalität einfach Spaß an der Musik,
war immer zu Scherzen aufgelegt, und brachte dies auch glaubwürdig rüber. Das
Publikum nahm dankend an und ging begeistert mit. Überall sah man die Hände
oben, manches mal hätte Lee auch sein Mikro weglegen können, da wurde getanzt,
die Matte geschüttelt, Party gemacht.
Ab und an nahmen GOTTHARD das Tempo etwas raus und präsentierten ihre ruhige
Seite mit ihren Balladen. Doch gerade beim Akustikset und er ersten Zugabe war
das ein bisschen zu viel nach dem Geschmack einiger Zuschauer, die am liebsten
öfter gerockt hätten. Aber die Schweizer müssen ein breitgefächertes Publikum
zufrieden stellen, da kann man nicht jedem Rechnung tragen.
An der Songauswahl war vielleicht noch zu bemeckern, dass die beiden ersten
Alben zu kurz kamen. Und warum die Herren nach acht Alben immer noch Covers
bringen müssen verstehe ich auch nicht so recht, denn sie haben genug eigenes
starkes Material auf das man bauen kann.
Aber nach 100 Minuten schweißtreibender Show sollte niemand enttäuscht sein,
GOTTHARD sind Profis, die immer alles geben. Steve Lees Krankheit, die ihn zum
Verschieben einiger Shows zwang war nach ein paar Tagen schon nicht mehr zu
spüren und sein leicht rauchiges Goldkehlchen klang tadellos. Hoffentlich war
das nicht das letzte Mal, dass sie die Pfalz beehrt haben und man darf sich
jetzt schon auf die Open Airs im nächsten Sommer freuen.
Auch in punkto Fannähe ein absolutes Lob an die Truppe. Die Musiker ließen es sich nicht nehmen nach der wohlverdienten Dusche sich noch ausgiebig mit ihren Anhängern zu unterhalten und alles mögliche zu signieren. Nein, eine Gitarre, die jemand mitbrachte, oder was habt ihr wieder gedacht? (MetalPfälzer)
Setlist
GOTTHARD:
Master of Illusion
Gone too far
Top of the World
The Call
Hush
I wonder
-Leo´s Solo-
Sister Moon
Anytime
Anywhere
Tomorrow´s just began
One Life, one Soul
Let it be
Mountain Mama
Movin on
The Oscar goes to you
Domino Effect
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Falling
Heaven
Lift U up
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Mighty Quinn