Interview mit Bernie Lorig und Robert Weidig (Icon)

ICON? Wer sind eigentlich ICON? Das werden sich die jüngeren Leser vielleicht fragen. Den älteren, insbesondere unseren saarländischen Lesern dürfte – nein, sollte! - der Name aber ein Begriff sein. ICON waren Anfang der 2000er eine der ersten saarländischen Metalbands, die ich seinerzeit für mich entdeckte (damals, als man feststellte, dass es Metalbands nicht nur irgendwo gibt, sondern auch direkt vor der eigenen Haustür) und die ich seinerzeit unzählige Male gesehen habe. Sei es im JUZ Illingen oder auf dem St. Ingberter Stadtfest, lokalen Festivals oder sonst wo. Das ist alles schon so lange her, dass ich gar nicht mehr weiß, wo ich die Band zum ersten Mal gesehen habe.

In den letzten Jahren war die Truppe aber von der Bildfläche verschwunden. Doch nun heißt es: One Night Only! ICON sind zurück, jedoch nur noch ein einziges Mal, danach werden sie sich offiziell auflösen. Wieso, weshalb, warum, darüber habe ich mich mit den beiden Gitarristen Bernie Lorig und Robert Weidig unterhalten.

Bernie ist im Gegensatz zu Rob kein Gründungsmitglied der Band, allerdings wissen die zwei selbst nicht mehr so genau, wann er zur Band stieß, so lange ist das schon her (und wir werden ja alle älter und das Gedächtnis lässt nach) – es war jedenfalls kurz nach der Bandgründung, da sind die beiden sich einig. Etwa 2010 verließen Bernie und Thommy [Pickard] die Band Richtung GODSLAVE (an einem Abend, an dessen Ende der Legende zufolge alle nackt waren – owwerum) und danach wurde es relativ ruhig um die Band. Ich selbst habe ICON auch – zumindest meines Wissens – nie ohne die beiden gesehen.

Wie Rob ausführt, hat kurz darauf auch Drummer Michael „Epi“ Volz die Band verlassen, so dass nur noch Rob und Daniel [Pilato] übrig blieben und versuchten, die Band neu aufzustellen. „Rückblickend würde ich jedoch sagen, dass das nie richtig funktioniert hat“, berichtet Rob. Die Band hatte mit zahlreichen Besetzungswechseln zu kämpfen und entwickelte sich auch musikalisch in eine andere Richtung. Etwa 2012 entschied Rob dann „Das geht so für mich nicht mehr. Das hat nichts mehr mit ICON zu tun. Dann beerdigen wir das jetzt. Aber offiziell habe ich es nie ausgesprochen, dass die Band nicht mehr existiert.“

Anne: Das wollte ich nämlich gerade fragen: Ihr habt euch ja nie offiziell aufgelöst, oder?

Rob: Nein. Das machen wir jetzt übernächste Woche. In der Originalbesetzung und in der Besetzung nach dem Drummerwechsel.

interview icon 03Anne: Was hat euch denn dazu bewegt ausgerechnet jetzt nochmal eine Reunion anzugehen?

Bernie: „„Jetzt“ ist in dem Zusammenhang ein schwieriges Wort. Wir sind da ja schon seit… Wann hattest du dich bei mir gemeldet Rob? 2019?

So ganz sicher ist man sich da mal wieder nicht, einigt sich jedoch auf Sommer 2019. Bei Rob kam der Gedanke an eine Reunion auf, auch wenn er keinen konkreten Auslöser dafür benennen kann. „Jux und Dollerei“ meint er schließlich.

Rob: „Also dachte ich, ich rufe die alten Kameraden mal an. Der Gedanke war geboren und ein paar Wochen später haben wir uns – alle Sechs, es waren beide Schlagzeuger dabei und das war mir auch wichtig – getroffen und haben Pläne geschmiedet, wie wir das angehen können. Und dann kam diese beknackte Pandemie.“

Zu der Zeit hatte die Band schon erste Proben hinter sich und war dabei, Termine zu finden, an denen eine einmalige Show stattfinden könnte. Denn es war von Anfang an geplant, dass es nur bei einem einzigen Gig bleiben sollte. Doch Corona machte diesen Plänen einen Strich durch die Rechnung und es blieb erst mal bei Absprachen bis auf eine Ausnahme:

Bernie: „Wir haben ja tatsächlich während Corona eine Show gespielt. Wie hieß das nochmal?“

Rob: „Unholy Wood. Das fand unter Coronaauflagen als Streamingkonzert statt. Aber es war witzig. Dafür haben wir geprobt und es waren auch nur zwei oder drei Songs und kein volles Set aber da konnten wir uns auf den „Ernstfall“ vorbereiten und das hat auch gut funktioniert und hat auch super viel Spaß gemacht. Es war auch eine ganz neue Erfahrung, ohne Publikum vor Ort mit den Leuten zu interagieren. Die technischen Voraussetzungen dort waren einfach fantastisch, die haben dort alles aufgefahren, was ging. Mein Sohn (5) guckt sich den Stream heute noch regelmäßig bei YouTube an und hat einen riesen Spaß dabei.“

Ich frage, warum man sich dann entschieden hat, die Reunion als einmalige Sache aufzuziehen und es nicht bei einer Art „open end“ zu belassen, so dass man z.B. alle fünf Jahre, oder immer, wenn man gerade Lust darauf hat, ein Konzert spielen könnte.

Bernie: „Ja, das ist tatsächlich diskutiert worden. Aber das Problem bei so einer Sache ist ja einfach, das logistisch hinzukriegen. Wir haben ja seit 2010 nicht mehr zusammen gespielt und von daher müssen wir schon ein paar Proben absolvieren und da – in unserem Fall – sechs Leute zusammenzukriegen ist schon eine Herausforderung. Die Welt dreht sich ja weiter, die Leute bekommen Kinder, kaufen Häuser, wechseln die Jobs, ziehen um – die Logistik ist gar nicht so einfach. Und ich persönlich finde, dass der größte Wert für alle Beteiligten dann entsteht, wenn wir das genauso machen, wie wir es jetzt machen. Wir wollen das noch einmal auf die Bühne bringen, es zu Ende bringen und uns verabschieden. Und da hauen wir dann auch alles raus was geht. Wenn wir jetzt sagen würden, dass wir das ab und zu mal machen, dann verliert diese Aktion hier an Wert. Dann ist sie nichts Besonderes mehr. Dann spielen wir in fünf Jahren vielleicht in irgendeinem JUZ vor 30 Leuten. Das würde der Sache auch nicht gerecht. Wir waren ja damals 2003 mit ICON eine von einer Handvoll Bands im Saarland, von denen man gesagt hat „ok, die sind was und damit kann man sich als Saarland auch zeigen“. Da waren INFINIGHT mit dabei, auch CYNICAL BASTARD, die es leider nicht mehr gibt, WARCHILD X, MEMORIAL PARK…“

Darüber geraten wir dann alle ins Schwärmen von vergangenen Zeiten und sinnieren über die Anzahl der tatsächlichen Livegigs von MEMORIAL PARK [ich hab‘ MEMORIAL PARK übrigens mindestens fünfmal live gesehen. Krieg ich jetzt ‘nen Preis, Rob?]. Doch zurück zum eigentlichen Thema. Rob berichtet, dass ICON damals eigentlich mehr zur St. Ingberter Szene gehörten, dort gab es eine hohe Banddichte sowie viele Möglichkeiten für Proben und Auftritte.

Der Spaß von damals führt auch ins hier und jetzt, denn die Bands, die ICON am 04. Mai unterstützen werden, sind natürlich mit Bedacht ausgewählt worden und es handelt sich größtenteils um Bands, die irgendwas mit ICON zu tun haben oder den Weg von ICON begleitet haben. Das Ganze wird also ein Abend voller Nostalgie.

Anne: Erwartet ihr eigentlich auch viele Zuschauer, die genauso alt sind wie die Band?

Bernie: Also ich habe ja die Tickets eingetütet und verschickt und da waren viele alte, bekannte Namen darunter, aber ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass da auch viele junge Menschen kommen. Das sind glaube ich zum allergrößten Teil Leute, die auch damals schon ICON, INFINIGHT und ZEROGOD zusammen auf Shows gesehen haben.

Rob: Das ist wie ein großes Klassentreffen. Da wird man sicher einige Leute treffen, von denen man sagen kann „Den hab‘ ich ja schon ewig nicht mehr gesehen!“

Bernie: Ja, wahrscheinlich werden einige Leute aus ihren Löchern gekrochen kommen, die schon lange nicht mehr draußen waren.

interview icon 04Anne: Wer kommt eigentlich alles an ursprünglichen Mitgliedern, bzw. wen stellt ihr alles auf die Bühne?

Bernie: Ja, alle bis auf einen, der halt leider nicht mehr da ist.

Anne: Teilt ihr das dann auf die einzelnen Songs auf, oder wir habt ihr das vor?

Bernie: Wir spielen quasi zwei Sets. Wir fangen mit „Blindzone“ an, das spielt [Domenico] Bosco, dann wird der Drummer gewechselt und dann spielen wir die „Pain Trust Lies Disharmony“.

Rob: Wichtig ist, dass die beide am Start sind und jeder quasi seine Songs spielen kann. Der Bosco ist ja damals nicht freiwillig gegangen, sondern den hatten wir quasi demokratisch aus der Band rausgewählt, weil wir als Band vorankommen wollten. Für uns als Band war das auch eine gute Entscheidung, aber menschlich war das natürlich scheiße, weil wir ja alle gute Freunde waren. Von daher ist uns das auch ganz wichtig, dass Bosco als Gründungsmitglied hier dabei sein kann und „seine“ Songs mit uns spielen kann.
Und nichtsdestotrotz, geplant hatten wir das ganze ja noch zu Lebzeiten von unserem lieben Daniel. Dazu kommt es jetzt leider nicht mehr, denn er ist nicht mehr da. Auch darum ist es uns wichtig, dass wir das jetzt voll durchziehen.

Bernie: Wir haben mit ihm noch im Mai letzten Jahres an Terminen überlegt. Und am 1. Juni waren wir dann plötzlich noch zu fünft. Und nachdem der erste krasse Schock dann vorüber war, war eigentlich ziemlich schnell klar, dass wir es jetzt erst recht machen werden. Und dass wir das jetzt wirklich festmachen, denn das sind wir ihm schuldig. Das ist auch einer der Gründe, warum es ein „ab und zu“ nicht geben kann. Denn ICON ist nicht mehr vollständig und wird auch nicht mehr vollständig werden. Die Lücke ist nicht zu füllen. Manni hilft uns jetzt für die Show und er ist auch genau der Richtige dafür, aber das ist auch jetzt schon nicht mehr ICON, sondern nur so nah dran, wie es geht. Und deshalb kann das jetzt nur der Schlussstrich sein.

Nun haben wir ein sehr emotionales Thema erreicht und man merkt, wie sehr es Bernie und Rob natürlich mitnimmt. Doch auch das definitive Ende der Band macht emotional.

Bernie: Ich werde auf der Bühne heulen wie ein Schlosshund. Das ist 100% klar. Das hätte ich auch gemacht, wenn Dan noch dabei gewesen wäre. Aber auch deshalb werde ich es tun. Aber auch die Proben sind in gewissen Momenten immer wieder eine Herausforderung. Wenn wir z.B. Songs spielen, von denen er den Text geschrieben hat, oder wo wir wissen, dass er da immer gut abgegangen ist. Diese Lücke zu spüren, das ist eine harte Nummer, auch wenn es schon fast ein Jahr her ist. Und ich kann euch sagen, ich hatte, als ich alleine zu Hause geübt habe auch mal einen Moment gehabt, an dem ich einfach eine halbe Stunde durchgeheult habe. Ich habe gespielt und hab‘ mir vorgestellt wie er dazu abgeht… Das ist ja noch gar nicht so lange her gewesen, dass wir zusammen gespielt hatten. Das ist sehr emotional, weil er uns allen sehr, sehr fehlt und auf dem ganzen Weg zu diesem 4. Mai spürt man das halt in jeder Faser. Das ist alles sehr emotional. Ich selbst habe ja auch sehr viel mit der Organisation und dem Ticketverkauf zu tun, von daher denke ich da jetzt auch nicht jeden Tag dran, aber an dem Tag selbst werde ich sicher völlig durch den Wind sein.

Aber natürlich hat die Band auch eine Vorfreude auf das Konzert, wie Rob betont: Aber eines möchte ich hier klarstellen: Das wird keine Trauerfeier. Das wird ein Freudenfest. Wir werden unserem Freund an diesem Tag gedenken, wir werden sein Erbe in Ehren halten und einem würdigen Abschluss zukommen lassen. Ich freue mich sehr auf den Tag, aber es ist auch sehr emotional und ich kann jetzt noch nicht sagen, was da passieren wird. Aber es wird gut werden.

Rob fällt dann noch ein, was ihm vor kurzem aufgefallen ist: Der verstorbene Bassist Dan war Star-Wars-Fan und das Konzert findet ja am inoffiziellen Star-Wars-Tag („May, the fourth be with you“) statt. Und für den Extra-Nostalgiefaktor wird Bernie die alten Bühnenklamotten von damals nochmal auspacken.

Wer jetzt auch von Nostalgiegedanken gepackt wurde oder wer tatsächlich so alt oder gar jünger als die Band ist oder wer einfach mal Bock auf ein Konzert mit hochkarätigen saarländischen Bands „wie sellemols“ hat, der sollte auf jeden Fall am 4. Mai nach Neunkirchen in die Stummsche Reithalle kommen. Ich kann euch versprechen, dass es sich lohnen wird! (Anne)

Übrigens: Die Fotos in diesem Artikel stammen aus dem Jahr 2007

 

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