King Witch - Body Of Light

20200424 kingwitch bodyoflightMehr als zwei Jahre sind nun schon vergangen, seit KING WITCH ihr Debüt „Under The Mountain“ auf die Menschheit losgelassen haben. Die Wucht der Songs ist im Kopf noch sehr präsent und diese warten noch lange nicht auf Ablösung. Aber in den Köpfen von Musikern rotieren ständig Riffs und Melodien, die irgendwann den Weg in Freie, in Form von Klängen, finden. Dabei arbeiten die Musiker dann an Songideen, die erstmal in Form gebracht werden müssen, damit es auch ein Stück wird. Bei KING WITCH tragen alle zum Gesamtsound bei, auch wenn Gitarrist Jamie sich den Hauptteil der Riffs scheinbar mühelos aus dem Handgelenk schüttelt.

Jedoch habe ich beim ersten Kontakt mit „Body Of Light“ erstmal mit dem Kopf geschüttelt, denn ich fand auf Anhieb keinen Zugang zu dem komplexen Material. Die Songs überrollten mich geradezu und ich konnte mental erstmal nicht erfassen was ich da hörte.

Ein paar Wochen später steckt die Welt mitten in ihrer wohl umfassendsten Krise namens Covid-19. Alles ändert sich plötzlich, das gesellschaftliche Leben wird erstmal auf nahezu Null heruntergefahren - quasi eine Notbremsung, die es so noch nicht gab. Keine Livekonzerte für eine bislang unbestimmte Zeit.

Man reibt sich verwundert die Augen, was alles plötzlich nicht mehr möglich ist. 
Jedoch lehnen sich Doom-Metal Fans wohlwissend nickend in ihren Sessel zurück, beschäftigt sich ihre Lieblingsmusikrichtung doch seit je her mit jeder Art Untergang der Menschheit.

Zuhause oder unterwegs lässt sich Musik eh prima als Konserve geniessen. Kopfhörer auf - Welt aus! Hab ich selbst schon immer so gemacht. Also noch mal ran an den Brocken, auch wenn „Body Of Light“ gar nicht so „light“ ist. Da ich die letzte Zeit überwiegend Live-Konzerte besucht habe, fällt mir immer wieder stark auf, wie unappetitlich datenkomprimierte Musik klingt. Also ganz im Ernst, dem Heavy Metal ist das überhaupt nicht zuträglich und ich kann es bei Alben die mir sehr gut gefallen, kaum abwarten endlich die CD oder noch besser Vinyl zum Hören zu haben, oder wenigstens einen unkomprimierten Download. Wer diesen Unterschied nicht hört, hört meiner Meinung nach nicht richtig zu!

Ich höre zu und zwar mehrmals, zu verschiedenen Gelegenheiten und persönlichen Stimmungen. Dabei stellte sich für mich heraus, dass die Musik auf „Body Of Light“ zu verschiedenen Stimmungen passt. Sehr angenehm finde ich es, dass das Album, welches gleich schon mit dem Titeltrack startet, langsam einblendet und man sich so auf die kommende Stunde, die das Album dauert, prima einstellen kann. Ich empfehle eh immer ein Album komplett zu hören, denn die Band wird sich mit der Reihenfolge durchaus etwas gedacht haben. Eine Art musikalische Reise eben.

Die zuerst wahrgenommene Komplexität („Call Of The Hunter“) verschwindet plötzlich, wenn man sich mal durch das abwechslungsreiche und vielschichtige Album gehört hat. Man freut sich bei jedem weiteren Durchlauf auf Melodien und Riffs, die einem aufgefallen sind und man immer wieder hören mag. („Solstice I / She Burns“) Es gibt jedoch nicht nur majestätischen Doom, sondern mit „Witches Mark“ auch ein „aufs Maul“-Stück, bei dem am Ende noch ein wenig Energie aus dem Studio hörbar wird (wer stößt da einen Kampfschrei aus?) Danach folgt ein auf Akkustikgitarre gespieltes Instrumental („Solstice II“) was dann an das letzte Lied anschließt („Beyond The Black Gate“)
Ich begrüße es sehr, dass die Bassläufe auch mal Melodien sind, die in manchen Songs durchschimmern („Beyond The Black Gate“) oder auch in voller Pracht hörbar werden. Tolle Arbeit von Rory!

Was das allgemeine Songfundament anbelangt, ist eine filigrane bis wuchtige Schlagzeugarbeit zu bewundern. Wenn man Lyle schon einmal live beobachten konnte, war man fasziniert von dessen präzisen und kraftvollen Drumming. Manchmal vermutete ich, es könnte eine Art Trancezustand sein. Aber auch Jamie sieht beim Spielen seiner Riffs ähnlich aus. 
KING WITCH sind jedoch keine Instrumentalband und das wird man dank Laura so schnell nicht vergessen! Ihr Stimmvolumen kann gefühlt Güterwaggons wegfliegen lassen! Ich frage mich ab und an, ob man sich selbst einen Tinnitus singen kann oder wann da mal die Kopfdichtung platzt! Stimmgewalt bedeutet jedoch auch eben, dass man Gewalt über seine Stimme hat. Vom zarten leisen Gesang bis zum Orkan („Of Rock And Stone“) hat Laura alle Facetten parat und lässt dabei oft bekannte Sänger im Metal hinter sich, die in den oberen Lagen zu gepresst und unangenehm wirken. Aber Moment noch, höre ich da etwa eine Orgel im Hintergrund mit wabern? Großartig wie gut das passt und im Song „Beyond The Black Gate“ nochmal ganz offensichtlich auf dem Niveau von THE DOORS. Oft liest und hört man vergleiche mit DIO, CANDLEMASS („Order From Chaos“), BLACK SABBATH, welche sich einem förmlich aufdrängen. Ich denke beim Hören jedoch auch ab und zu an das Album „Elegy“ von AMORPHIS, aber vielleicht geht das nur mir so.
 Eventuelle Parallelen gibt es beim Verarbeiten von historischen und mystischen Geschichten, bei KING WITCH natürlich das keltische Erbe Schottlands.

„Body Of Light“ bietet dem Fan Lieder einmal quer durch den Doom-Garten der Lüste! Bewährte Zutaten werden meisterhaft zu einem wahren Ohrenschmaus vermengt. Das Album ist auf den Punkt produziert, tönt kraftvoll, transparent und lässt selten zu wünschen übrig. Das mir der Gesang ab und an mal zu „Over The Top“ ist hätte ich jedoch auch nicht gedacht. Das macht der epische und zeitlose Eindruck von „Body Of Light“ jederzeit wieder wett. KING WITCH sichern sich so mindestens einen der vorderen Plätze in der ewigen Liste der jederzeit empfehlenswerten Doom-Metal Alben. Ich verneige mich zutiefst vor dieser Leistung! (Andreas)

 

Bewertung:

Andreas9,5 9,5 / 10


Anzahl der Songs:  9
Spielzeit: 59:38 min
Label: Listanable Records
Veröffentlichungstermin: 24.04.2020

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