Styx - Crash Of The Crown

styx crashofthecrowneÄhnlich wie einige andere alte Helden schwingen sich die Pomprocker seit einigen Jahren zu neuen Höhen auf, bevor es vielleicht zu spät für sie ist. Plötzlich gibt es nach mehr als zehn Jahren wieder Studioscheiben, wobei "The Mission" 2017 trotz gutes Ansätze nicht vollends überzeugen konnte. Das taten dann STYX vor zwei Jahren bei ihren immer noch zu seltenen Europaabstechern umso mehr, wo sie den Verfasser dieser Zeilen mit einem Hammergig beim SwedenRock vollkommen mitreißen konnten. Nun platzt das neue Album der seit Jahrzehnten eingespielten Truppe mitten in die Pandemiegeplagte Zeit, interessanterweise eine Woche nach dem der frühere Frontmann Dennis DeYoung einen neuen Longplayer auf den Markt gebracht hat. Kann "Crash Of The Crown" den Schwung der fulminanten Liveauftritte mitnehmen und wie schlägt er sich im direkten Vergleich zur Konkurrenz?

Auf den ersten Blick sieht es so aus, denn aus ein paar blubbernden Sequenzern erheben sich sofort hymnische Melodien, die rockig vorangetrieben werden. Die Spielfreude sprudelt da nur so heraus, die Musikern agieren brillant, inspiriert und auf den Punkt, sowohl instrumental als auch in den kraftvollen Chören. Vor allem in kurzen Solo scheint etwas QUEEN durch, ebenso dass die Formation einst aus dem Progressive Rock kam. Die Melodien sind grandios, nehmen den Hörer sofort mit, die Faust schnellt nach oben, man schmeckt schon die Stadionluft.
Dazu hat der Singer/Songwriter Will Evankovich das Ganze klangtechnisch optimal eingefangen. Bereits auf dem Vorgänger hatte er alles sehr transparent angelegt, ausgewogen abgemischt und jedem Detail Luft gelassen. Hier wird noch eine Schippe mehr Druck drauf gelegt, alles tönt voluminöser, ohne auch nur im Entferntesten seinen Eigenklang zu verlieren. Wo auf "The Misson" der Bass warm drückte, pumpt er jetzt richtig schön nach vorne und auch die Drums von Suchermann haben die nötige Power. Den perfekten Rocksound der frühen Neunziger in die heutige Zeit transportiert, ein Erlebnis.

Doch nach zwei Minuten ist die Euphorie verflogen, denn irgendwie kommt "The Fight Of Our Lives" nicht aus dem Quark, endet irgendwie als Intro mit tollem Refrain, jedoch ohne Strophe, so die letzte Umdrehung Zugriff fehlt. Man begeht den selben Fehler wie schon auf dem letzten Werk und hat es verpasst die Stücke richtig auszukomponieren. Mit der Aneinanderreihung von Versatzstücken kann sich die Spannung nicht richtig aufbauen, hat man sich erst einmal in ein Thema verliebt, so wird einem nicht lange Spaß daran gegönnt. Gerade als progressiv orientierte Band sollte man um das ein oder andere längere Zeit herum spielen, damit es sich nachhaltig in den Gehörgängen der Fans festsetzen kann. Mir ist das alles zu knapp gehalten, dafür rockt man doch zu verhalten, man verpasst es einfach die Dinge fließen zu lassen, wo sich der psychedelisch-bluesige Rausscheißer "Stream" angeboten hätte.

Und wie schon vor vier Jahren empfinde ich es als jammerschade, dass man aus dem großartigen Riffs und Melodien nicht mehr gemacht hat, dass man sich und dem Hörer nicht mehr Zeit lässt. Dafür waren STYX doch bekannt einen Schlenker einzubauen ohne vom Weg abzukommen. Denn an fantastischem Material mangelt es nicht, "Reveries" bringt Folkakustik und Synthesizer unter einen Hut, um dann im Chorus abzuheben. Das locker-flockige "Our Wonderful Lives", eine ausgemachte Tommy Shaw-Nummer, mit seinem Hippie-Flair und Piccolo-Trompetensolo könnte als Nachfolger von "Angry Young Man (Fooling Yourself)" durchgehen. Erwähnt werden muss auch unbedingt das großartige Drama des schwermütigen "Hold Back The Darkness" einer der wenigen Beispiele, wo die Orgel mal über das Piano schweben darf und zum Ende hin die Dynamik sogar noch zunimmt.

Es hätte eben nicht jede Idee in einen eigenen Song umgesetzt werden müssen, gerade das knappe Lawrence Gowan-Stück "Lost  At Sea" oder das sehr ruhige "Sound The Alarm" hätten als Auszug andere Titel bereichern können, gerade das Ideenfeuerwerk des Titeltracks, um ihn zu ganz großen Epos zu vollenden. In "Common Ground" hätten vielleicht die Achtzigersounds von "Long Live The King" zu etwas Großem verschmelzen können. Es ist alles vorhanden, was man sich als Anhänger von STYX wünschen kann, rockige Kraft, verspielter Prog, instrumentale Vielfalt, ausgefeilte Arrangements, epische Wucht, Melodiefülle oder Satzgesänge. Mit acht oder neun kompletten Liedern wäre das hier ein Hammer geworden, wie ihn DeYoung im letzten Jahr veröffentlicht hat, am Ende werte ich beide Alben salomonisch gleich, weil sie beide Spaß machen. Aber was wäre bei "Crash Of The Crown" drin gewesen! (Pfälzer)

Pfaelzer7,5 7,5 / 10


Anzahl der Songs: 15
Spielzeit: 43:12 min
Label: Alpha Dog 2T/Universal
Veröffentlichungstermin: 18.06.2021

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