Silver Lake By Esa Holopainen - Silver Lake By Esa Holopainen

esaholopainen silverlakeWie alle Bands liegen auch AMORPHIS derzeit auf Eis. Eigentlich hätte es nach Ende der Tour zu "Queen Of Time" mit den Arbeiten am nächsten Album weitergehen sollen, doch kurz nach den letzten Gigs brach die Seuche herein. Mittlerweile sind drei Jahre seit dem letzten Longplayer vergangen, so lange wie nie zuvor in der Bandgeschichte. Man hofft dennoch bis Jahresende etwas Zählbares in den Händen zu haben. So muss sich der Fan mit dem Mitschnitt vom jüngsten Gig in ihrer Heimat zufrieden geben, während Gitarrist Esa Holopainen die fehlende gemeinsame Arbeit für ein Herzensprojekt genutzt hat. Anfangs nur als vage Ideen mit drei Demos angedacht, entwickelte sich aus der Idee mit verschiedenen Sängern ein Soloalbum. Am Ende kam SILVER LAKE BY ESA HOLOPAINEN mit dem gleichnamigen Album heraus, das uns in die Welt des sanften Hünen entführt.

Darauf widmet er sich seiner ruhigeren Seite, wie man gleich vorweg nehmen kann, einer Seite, die auf den letzten Alben seiner Stammformation weniger Platz fand, da man sich verstärkt den Ursprüngen zuwendete. Das macht schon das Intro "Silver Lake" deutlich, bei dem sich seine Akustikklänge über dem Piano stark nach der mittleren Phase von AMORPHIS anhören. Akustisch geht es in "Sentiment" zu, einem der ersten Kompositionen, denen Jonas Renske von KATATONIA sein melancholisches Timbre lieh. Die Kombination tönt leicht nach ANATHEMA, was wahrlich kein schlechter Querverweis ist, zumal beide Bands zur gleichen Zeit begonnen haben und ähnliche Wurzeln haben. Auch wenn es sich um ein Werk eines Saitendehners handelt, werden Keyboarder Vili Itäpelto viel Freiräume gegeben, die er hier mit der bei den Finnen länger vermissten Orgel und Synthieklängen hervorragend nutzt.

Nicht ganz so leichtfüßig schwebend und sanft kommt die zweite Nummer mit dem Frontmann der schwedischen Dark Metaller daher. Das abschließende "Apprentice" bietet noch mehr Streicher auf und wirkt sphärischer. Überhaupt finden sich auf "Silver Lake By Esa Holopainen" viele floydige Momente auf der Scheibe, seine Soli sind weitaus melodischer gehalten und strahlen mehr Wärme aus als zuletzt, was man auch über die Tastenklänge sagen kann, obwohl viel auf Synthesizer gesetzt wird. Interessant ist auch der fast schon an Flöten erinnernde Ton von Holopainen, welcher ebenfalls die frühe Joutsen-Ära aufleben lassen. Nicht von ungefähr ist "In Her Solitude" eine Ausarbeitung einer Idee aus dieser Zeit, bei der der gute Esa seinen Frontmann Tomi Joutsen ans Mikro geholt hat. Hier gibt es mehr Dynamik zwischen schwer riffender, gegrunzter Strophe und sanftem Chorus, obendrein die typisch orientalischen Muster.

So direkt geht es selten zu, am ehesten noch in "Promising Sun", einem weiteren frühen Stück, auf dem noch der ehemalige HIM-Drummer Gas Lipstick die Felle bearbeitet hat. Björn "Speed" Strid hingegen lehnt sich bei dem nach einem harmonieseligen Intro melodisch treibenden Lied eher an THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA an als an SOILWORK und bringt eine Power Metal Note mit ein. Hier weist sich der Ideengeber als waschechter Finne aus, solche Melodien und Harmonien kommen nur aus dem Land der tausend Seen. Sehr finnisch geprägt ist auch "Fading Moon" der einzige Beitrag mit weiblicher Stimme von Anneke van Giersbergen. Erinnert die Strophe nach dem sakralen Einstieg noch stark an die Hochphase von THE GATHERING, die er ihr gut auf den Leib geschrieben hat, so sind spätestens ab dem Pianoeinsatz Parallelen zu NIGHTWISH nicht zu verhehlen, die sich im Refrain noch mehr aufdrängen.

Eher in die sphärische Richtung geht "Alkusointu", das leicht doomig beginnt, dann aber von einer Kirchenorgel getragen wird, während der betagte Schauspieler Vesa-Mato Loiri in der Landessprache spricht. Die Melancholie ist allgegenwärtig, die Weite ebenso, sogar im ungewöhnlichen Saxophonsolo von Janne Huttunen. Das als erste Single veröffentlichte "Storm" lässt die Landschaft noch mehr vor dem geistigen Auge erscheinen, die Toms spielen hypnotische Motive, bevor sich feine Synths und ebensolches Picking von Holopainen einschleichen und den Hörer schweben lassen. Aus dem Nichts zieht das Ding an, breite Flächen von den sechs Saiten öffnen alle Horizonte, die raue Stimme von NORDMAN-Sänger Håkan Hemlin schwingt sich wuchtig auf und segelt über alles hinweg. Was für ein unfassbarer Hit, der von einem schönen Solo abgerundet wird.

Wenn es ein Manko auf "Silver Lake By Esa Holopainen" gibt, dann dass viele Songs im Solopart enden, die vielen großartigen Refrains hätte man gerne noch öfter vernommen, manches hätte mehr ausgebaut werden können. Doch für ein Soloalbum mit losen Ideen ist das Werk erstaunlich songdienlich, zumal alle möglichen Stile ausprobiert werden. Mit Einar Solberg von LEPROUS am Gesang baut man in "Ray Of Light" ein wenig mehr Prog und Elektronik ein, die von dessen hoher Stimme lebt. Das hat fast etwas von den Achtzigern, zeigt aber das ganze Spektrum des Gitarristen. AMORPHIS haben es sich nämlich ein wenig zu sehr in ihrer Nische bequem gemacht, da hilft auch der gesteigerte Härtegrad wenig. Von dem Mut hier könnten seine Mitstreiter ein Stück gebrauchen, mit ihnen hatte ich schon lange keinen solchen Spaß mehr wie hier. (Pfälzer)
 

Bewertung:

Pfaelzer8,0 8 / 10


Anzahl der Songs: 9
Spielzeit: 67:57 min
Label: Nuclear Blast
Veröffentlichungstermin: 28.05.2021

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