Postvorta - Porrima

postvorta porrimaPOSTVORTA habe ich 2018 in Rimini live gesehen, als sie die lokale Vorband auf der Tour von DOWNFALL OF GAIA und HAMFERĐ waren. Mit ihrem Auftritt konnten sie mich so überzeugen, dass ich mir das damals aktuelle Album „Carmentis“ gleich auf dem Konzert gekauft habe. Und das lief danach relativ häufig bei mir zu Hause. Von daher war absolut klar, dass ich auch das neue Album „Porrima“ haben musste.

Doch „Porrima“ ist zunächst ein schwerer Brocken. Während „Carmentis“ noch nicht einmal 40 Minuten Spielzeit erreichte, erstreckt sich „Porrima“ – mit gerade einmal 5 Songs – über fast anderthalb Stunden. Das ist so lange, dass das Album sogar als Doppel-CD erscheint. Und diese Länge macht es dem Hörer nicht gerade leicht. Ich habe einige Anläufe gebraucht, bis ich das Album in seiner Gesamtheit überhaupt erfassen konnte. Zudem ist die Scheibe denkbar ungeeignet, um sie z.B. im Auto, oder generell in einer lauten Umgebung zu hören. Denn „Porrima“ steckt nicht nur voller intensiver Emotionen und hartem Post Metal, sondern auch voller Stille. Stille und die leisen Töne sind wichtige Elemente auf diesem Album.

Das merkt man schon gleich zu Beginn. Rund dreieinhalb Minuten Zeit gibt man dem Album, bevor es überhaupt mal musikalisch losgeht. Davor hört man nur Richtung Ambient driftende sanfte Sounds, einen ruhigen Wellenschlag – und viel Stille. Schon hier wird klar, dass man sich diesem Album weitaus intensiver widmen muss als den meisten anderen. Thematisch geht es auf „Porrima“ um die fünf Phasen der Trauer: Leugnen, Zorn, Verhandeln, Depression, Akzeptanz. Und das wurde musikalisch ganz hervorragend umgesetzt.

Denn die Italiener verstehen es, auch einen 24 Minuten langen Song so zu gestalten, dass er niemals langweilig wird. Ganz im Gegenteil, man kann sich geradezu in den Kompositionen des Sechsers verlieren, sich regelrecht einlullen lassen, nur um von heftigen Ausbrüchen wieder aus der Trance gerissen zu werden. Und gleichzeitig ist das Album so komplex, dass man unzählige Hördurchgänge braucht, bis man es wirklich genießen kann.

POSTVORTA schaffen es, sowohl ambientähnliche Sounds perfekt in ihre Musik einzubinden, also auch mit Gegensätzen zu spielen. So bildet die schöne, klare Stimme von Gastsängerin Francesca Grol einen tollen Kontrast zu den dröhnenden Gitarren und den düsteren Growls von Sänger Nicola Dona in “Decidua Trauma Catharsis“. Mit einer Spielzeit von knapp über 11 Minuten übrigens der kürzeste Song des Albums. Auf dem Fuße folgt „March Dysthimia“, der zweitkürzeste Song – und meiner Meinung nach der eingängigste, falls man diese Vokabel bei diesem Album überhaupt verwenden darf. POSTVORTA grooven extrem, Growls und Melodien bilden einen schönen Kontrast und darüber liegt die von Alberto Casadei (SOLARIS) gesprochene italienische Version des Gedichtes „Death Is Nothing At All“ von Henry Scott Holland. Ich könnte mir gut vorstellen, dass dieser Song live richtig gut ankommt. Und hoffe, dass ich die Band überhaupt irgendwann nochmal live zu sehen bekomme. Denn ihre Heimat Ravenna ist ja nun doch eine Ecke von Deutschland entfernt.

Aber auch mit den langen Songs können die Italiener überzeugen. „Aldehyde Framework“, der letzte Song des Albums kommt auf fast 24 Minuten Spielzeit. Auch diesem Stück hat man ein langes Intro gegönnt. Fast schon leicht und verspielt kommt es daher, erinnert ein klein wenig an ALCEST und nimmt dann ganz allmählich Fahrt auf, wird düster, eintönig, geradezu hypnotisch, bietet aber auch immer wieder wunderschöne Melodien, nur um dann wieder ganz leise zu werden. Meeresrauschen schließt den Kreis zum ersten Song des Albums. Und wenn man denkt, jetzt wäre das Album zu Ende, kommt der Song noch einmal zurück, sehr sanft und ruhig, die Ambientsounds liegen jetzt im Vordergrund und das Ganze klingt eher nach Psychedelic denn Doom oder Post Metal.

„Porrima“ ist ein Album, das viel vom Hörer verlangt. Viel Zeit und viel Aufmerksamkeit. Aber es gibt auch unheimlich viel zurück. Ich liebe die düstere Atmosphäre, ich liebe die ruhigen Phasen und ich liebe die Gewaltausbrüche. Das Album ist eine Scheibe für die stillen Momente, die man ganz der Musik widmen kann. Es ist intensiv und tiefgründig und entfaltet erst nach mehrmaligem Hören seine ganze Schönheit. Und ganz unfreiwillig passt „Porrima“ auch perfekt in die jetzige Zeit, da die Welt und ganz besonders Italien von Covid-19 gebeutelt mehr oder weniger still steht und sich in tiefer Trauer befindet. Der perfekte Soundtrack dieser Monate. (Anne)

 

Bewertung:

Anne8,5 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 5
Spielzeit: 86:11 min
Label: Sludgelord Records
Veröffentlichungstermin: 20.02.2020

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