Last In Line - II

lastinline IIEs war nicht unbedingt abzusehen, dass diese Formation noch einmal eine Scheibe aufnehmen würde. Kurz vor Veröffentlichung ihres Debüts verstarb Bassist Jimmy Bain auf der Kreuzfahrt von DEF LEPPARD. Mit ihm dezimierte sich das legendäre "Rising" - Line-Up weiter. Dabei waren LAST IN LINE ja zusammen gekommen, um eben dem darauf zu hörenden Ronnie James Dio zu gedenken, in dessen Soloband alle Mitglieder gespielt hatten. Doch drei Jahre nach "Heavy Crown" haben Vivian Campbell und Vinny Appice den Schock überwunden und sich zusammen mit Sänger Andrew Freeman auf die Suche nach einem Nachfolger gemacht. Den fanden sie im weitgereisten Phil Soussan, einer wahren Allzweckwaffe an den vier Saiten, mit dem sie nun das schlicht "II" betitelte Album eingespielt haben.

Natürlich fehlt hier der songwriterische Input von Bain, dem auch Größen wie Phil Lynott vertrauten. Das hat Auswirkungen auf die stilistische Ausrichtung, denn das DIO-Gen geht hier ein wenig verloren. Dabei herrscht nach dem sphärischen "Intro" bei "Blackout The Sun" zunächst noch dieser typische Groove vor, wenn sich die Drums die abgehackten Gitarren unterlegen. Eine gewisse Monotonie wie sie in "Masters Of The Moon" oder "Lock Up The Wolves"  lähmte, stellt sich auch hier ein. Zwar hat man mit einer coolen melodischen Auflösung zu Beginn der Strophe ein gutes Gegenmittel, das greift aber nicht immer.

Wobei diese Auflösungen der Schwermut durchaus interessant sind, mit ähnlichen Mitteln haben ALICE IN CHAINS des Öfteren gearbeitet. In der Tat hat "The Unknown" etwas von dem Vierer aus Seattle. Das fängt mit den fiebrigen Gitarren an, geht über das Schlagzeugmotiv weiter und lebt ebenfalls wieder von diesen Melodien. Es ist zwar nicht die erste Adresse, die einem einfallen würde, in welche Richtung man den DIO-Sound modernisiert, doch zumindest das Vorhaben ist nicht von der Hand zu weisen.
Anstatt klarer prägnanter Riffs setzen LAST IN LINE hier viel mehr auf Groove, egal ob flott wie im holprigen "Year Of The Gun" oder dem schwerfälligen "Sword From The Stone" mit seiner Nähe zur Tracy Grijalva-Phase. Da wirken die rockigen Einschübe im ansonsten sehr schnell groovenden "Electrified" ein wenig vertrauter. Auch das abschließende "The Light" könnte wie eine moderne Version der Musik des leider verstorbenen Sangesgottes durchgehen, im aufbrausenden Refrain nähert sich Freeman ihm ein bisschen.

Doch das ist zu wenig, das mit einem Basslauf eingeleitete "False Flag steigert sich zwar zu einer echten Hymne, doch an die Klasse reicht "II" nur selten heran. Am stärksten ist es, wenn der Groove ein paar interessanten Ideen weicht, die ebenfalls die Emanzipation von den Vorgaben unterstreichen. Der weite Refrain im rockigen "Landslide" könnte in der Machart auch vom neuen Output der Labelkollegen INGLORIOUS stammen, die darauf auch etwas zeitgemäßer zu Werke gehen.
Das ohne Rhythmusunterstützung einleitende Motiv in "Gods And Tyrants" wagt sich authentischer in Alternative-Gefilde vor, im weiteren Verlauf offenbart die Nummer ein paar Wendungen. Mit "Love And War" wagen sich die Herren gar in psychedelische Bereiche vor, und das sowohl in der Strophe als auch im ruhigen Mittelteil. Danach wird das Tempo etwas angezogen, was der Hörer nicht unbedingt erwartet hätte, um so noch ein paar Akzente zu setzen, welche ihn aufhorchen lassen.

Das tut der Zweitling nicht oft genug, und das nicht nur, weil zu viel im Groove erstickt wird, sondern auch weil die Songs nicht ganz so zünden wie auf dem Debüt. Was ich vermisse sind vor allem die schnellen Nummern, die ein paar metallische Momente aufblitzen ließen. An Freeman liegt es sicher nicht, er schwimmt sich zwar frei, weiß aber vielleicht gerade deswegen zu überzeugen. Am ehesten erinnern noch ein paar dieser wilden Soli an das Erbe, Campbell war einfach prägend und lässt das nun wieder vom Stapel. Wer dennoch mal eine Idee davon hören will, wie der gute Ronnie James heutzutage klingen könnte darf gerne zugreifen, wenn LAST IN LINE zwischen Proto-Grunge und Hardrock pendeln. (Pfälzer)

 

Bewertung:

Pfaelzer6,0 6 / 10


Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 52:30 min
Label: Frontiers Records
Veröffentlichungstermin: 22.02.2019

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