Machine Head (29.10.2019, Luxemburg)

MachineHead PlakatDie Zukunft sah für MACHINE HEAD bis vor Kurzem gar nicht mal so heiter aus. Nach der Veröffentlichung von “Catharsis” brach die Band auseinander, und zunächst wirkte es so, als wäre es das gewesen. Vor einigen Monaten ließ Robb Flynn die Blase platzen. “Burn My Eyes Anniversary Tour”, “Burn My Eyes” in seiner Vollständigkeit und ein buntes Best-Of Programm. Drei Stunden Spielzeit. Ein wahr gewordener feuchter Traum eines jeden Fans, oder eine Mogelpackung von langen Pausen und Ansagen?

 

 

 

 

 

 

 

 

Letzteres trifft keineswegs zu. Jegliche Erwartungen an diesen Abend wurden erfüllt, die Band spielte streng genommen sogar länger als drei Stunden, doch eins nach dem anderen. Das grundlegende Konzept, ein Album vollständig zu spielen, ist bei Fans stets umstritten. Für Fans der Platte ist eine solche Aktion großartig, für jene die es nicht sind, ist es hingegen überhaupt nichts. Zu viel Spielzeit geht drauf, wodurch man letzten Endes eher enttäuscht nach Hause fährt. So passiert bei W.A.S.P. mit ihrer “Crimson Idol”-Tournee, nicht bei allen, aber bei einigen Fans. Streicht man jedoch die Vorband und zimmert ein reguläres Set um das komplette Album herum, stehen die Zeichen anders. Auf die Art und Weise bieten sich ganz neue Möglichkeiten. Zugegeben, nicht bei jeder Band kann ein solches Konzept funktionieren. Ich bin mir selbst noch unsicher, ob es bei MACHINE HEAD nun großartig war, oder ob es am Ende auch an seine Grenzen stieß. Grundsätzlich stehe ich dieser Entwicklung aber eher positiv entgegen.

MACHINE HEAD setzen für diese Tour sogar noch einen drauf und touren mit zwei Lineups. Für den Best-Of Teil der Show, mit dem der Abend beginnt, schert Robb Flynn das neue offizielle Lineup der Band um sich. Zusammen mit den Neuzugängen Wacław Kiełtyka (Gitarre) und Matt Alston (Drums) hämmert sich Robb Flynn mit seinem langjährigen Kollegen Jared MacEachern (Bass) durch ein starkes Set, das zum Teil aber besser hätte abgestimmt werden können. Der starke Opener mit “Imperium” ist gut gewählt und streng gesehen perfekt. Der Rest der Setlist bietet sehr viel Abwechslung, lässt mich aber dennoch einige Gassenhauer schmerzlich vermissen. Warum kommen sichere Nummern wie “The Blood, The Sweat, The Tears” oder “Bulldozer” nicht zum Zuge? Andererseits finden “The More Things Change”-Klassiker wie “Ten Ton Hammer” nochmal Beachtung. Doch die Diskussion über Songauswahl ist stets endlos und nur schwer objektiv möglich. Fakt ist hingegen, dass MACHINE HEAD ein starkes Set spielen, und auch der Einsatz des markerschütternden Sub-Bass Effekts macht verdammt viel Laune. 

 

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Und trotzdem vermisse ich sowohl Phil Demmel als auch Dave McClain. Nichts gegen das neue Line-Up, technisch machen Sie ihren Job großartig. Aber irgendwie hat man noch keine so große Sympathie aufgebaut wie zu den Vorgängern. Doch mal abgesehen von der Songauswahl und dem Lineup steht hier die Band, die mir seit der Veröffentlichung von “Through The Ashes Of Empire” die Hoffnung gibt in die Fußstapfen von Legenden zu treten. Der Funke springt über und ich habe wirklich das Gefühl, dass MACHINE HEAD mit neuer Kraft nach vorne blicken. Vor einigen Monaten sah das noch völlig anders aus und ich hatte die Befürchtung, dass wir eine der ganz großen verloren haben. Die Licht-Show, der Sound, die Energie und die technische Perfektion, großartig. Selbst die Stücke von dem technisch anspruchsvollsten Werk “The Blackening” klingen perfekt und nach wie vor zeitlos.
Die Fans feiern die Band in einem riesigen Circle Pit, der von Robb Flynn nicht ungeachtet bleibt und mehrfach mit Bühnenansagen neu angefacht wird. Bierbecher fliegen durch die Luft (zum Glück aber nicht aufs Soundboard wie bei einem späteren Gig in London), und genau so muss ein solches Konzert aussehen. Wild, ungezügelt, pure Energie. MACHINE HEAD verstehen es auch 2019 noch, wie man die Massen begeistert und ein mächtiges Brett fährt. Selten drückt ein Sound derart, selten hauen die Nummern derart rein und nur selten fliegen derart viele “Fucks” über die Bühne. Dabei muss ich gestehen, dass Robb an diesem Abend zwar viel redet, aber nicht zu viel. Wie ich eingangs schrieb, können drei Stunden Spielzeit auch schlichtweg in Erzählungen untergehen (MANOWAR), was hier aber keineswegs der Fall ist. Lediglich einmal lässt sich Robb dazu verleiten etwas länger zwischen den Songs zu reden, doch selbst das bringt der Stimmung keinen Abbruch.

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Der Übergang vom ersten Teil in den “Burn My Eyes”-Teil läuft reibungslos. 10 Minuten Pause gibt die Band sich selbst und den Fans, um etwas Energie zu tanken bevor es dann mit dem Debüt der Band auf eine Zeitreise ins Jahr 1994 geht. Diese ist extrem gut gelungen, und die Songs haben auch heute noch keinen Deut an Bedeutung und Energie verloren. Dabei fällt mir vor allem auf, wie sehr ich Nummern wie “None But My Own”, “Death Church” oder “A Nation On Fire” unterschätzt habe. Klar, “Old” oder eben “Davidian” kamen live oft genug zum Zug, aber auch die anderen Stücke von “Burn My Eyes” sind wahnsinnig stark. Wer um 23 Uhr damit rechnete, dass die Band aufhören wurde, hatte sich getäuscht, mit “Paranoid” (BLACK SABBATH) und “…And There Were None” (EXODUS) werden sogar noch kurz zwei Coversongs angespielt, bevor uns die Band mit dem großen Finale entlässt.

Was bleibt, ist ein verdammt langer Abend mit einer Band, die zu neuer Stärke gefunden hat und diese hoffentlich noch lange behalten wird. Wenn es der Band gelingt, diese Energie auf einer kommenden Platte zu fokussieren, können sich MACHINE HEAD-Fans freuen. (Pascal)

Setlist MACHINE HEAD:

Imperium
Take My Scars
Now We Die
Beautiful Mourning
Locust
This Is the End
I Am Hell (Sonata in C#)
Aesthetics of Hate
Guitar Solo
Darkness Within
Catharsis
From This Day
Ten Ton Hammer
Is There Anybody Out There?
Halo

Real Eyes, Realize, Real Lies
Davidian
Old
A Thousand Lies
None but My Own
Drum Solo
The Rage to Overcome
Death Church
A Nation on Fire
Blood for Blood
I'm Your God Now
…And There Were None (EXODUS)
Paranoid (BLACK SABBATH)
Block

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(Fotos:Carl Neyroud (Deadly Sexy Carl)

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