Kansas - The Absence Of Presence

kansas theabsenceofpresencenb mehrfachwertungDie Geschichte wiederholt sich leider, wenn auch aus anderen, derzeit wohlbekannten Gründen. Nachdem die Proghelden schon mit ihrem letzten Longplayer nicht touren konnten, weil sie den Europatrip kurzfristig wegen seltsamen Sicherheitsgründen cancelten, muss auch die Rundreise zum neuen Werk zumindest verschoben werden. Vier Jahre sind nach dem Comeback "The Prelude Implicit" vergangen, in denen Keyboarder David Manion den Hut genommen hat. Mit Tom Brislin haben KANSAS aber einen starken Ersatz ins Boot geholt, der Mann hat schon viele renommierte Stationen hinter sich und ist ein talentierter Songwriter. Mit dem ansonsten eingespielten Team geht man "The Abscence Of Presence" an, das zweite Werk der Ära von Frontmann David Platt.

Der neue Mann lässt gleich beim Auftakt mit ein paar interessanten Pianonoten von sich hören, bevor die Geige übernimmt. Das klingt im eröffnenden Titelsong vom ersten Augenblick an wie man es von der Formation gewohnt ist, der Einsatz der Orgel, die getragene Gesangslinie, die Synthflächen oder der typische Groove mit dem Leadbass. Nur erscheint mir hier alles schwermütiger als auf dem Vorgänger, wo die Melodien viel flüssiger waren und eher an die Phase in den Achtzigern erinnerten.
Hier geht es noch weiter zurück zu den frühen Tagen vor dem Durchbruch und einem größeren progressiven Anspruch. Das macht sich vor allem im folgenden "Throwing Mountains" bemerkbar, bei dem ein hartes Riff aufgefahren wird, welches fast schon Prog Metal-Charakter hat. Ansonsten ähnlich angelegt wie der Opener unterstreicht auch noch der orientalisch angehauchte Mittelteil diese Richtung, da man das oft bei Bands jenes Genres vernehmen kann.

Mit dem dritten Titel "Jets Overhead" schließt fast eine Trilogie ab, auch wenn der melodischer ausfällt. Doch die Instrumentierung gleicht sich zu sehr. immer wieder die präsente Geige, die mir zu oft vertreten ist. Natürlich ist das ein wichtiger Baustein im Sound von KANSAS, aber anstatt die besonderen Momente zu liefern wie einst beim Solo von "Dust In The Wind" oder dem magischen Intro in "Miracles Out Of Nowhere" klingt es streckenweise eher als würde sich David Ragsdale gerne spielen hören. Dazu tönt sein Arbeitsgerät bei weitem nicht so warm und schön, wie man es von anderen Scheiben her kennt.

Auch bei den Arrangements ließ man sich zu wenig einfallen, um wirklich progressiv zu denken. Das wirkt eher konstruiert wie auf "Somewhere To Elsewhere", fast wie Malen nach Zahlen. Ragsdale leitet mit einem Lead den Mittelteil ein, dann diese typischen prägnanten Riffs aus der Feder von Rich Williams, anschließend darf jeder abwechselnd zum Solo antreten. Das war damals bei "Icarus - Born On Wings Of Steel" ganz großes Kino, aber ewiges Repetieren macht es nicht unbedingt besser, da hätte Abwechslung wirklich gut getan. Für sich genommen ist das alles wirklich toll gemacht und auch großartig gespielt, aber es bewegt nicht.

Wie schon "The Prelude Implicit" geht diese Scheibe erst später los, das mit der dröhnenden Orgel versehene Instrumental "Propulsion 1" klingt fast wie zweites Intro. Natürlich bringen auch die zwei Pianoballaden wenig Neues, können aber mit schönen süßlichen Melodiebogen aufwarten, vor allem das an JOURNEY erinnernde "Never". "Circus Of Illussion" besitzt eine coole Atmosphäre, die sechs Saiten flirren, der große Phil Ehart bringt starke Tom-Patterns an den Start, Brislin zaubert dezent auf dem Synthesizer und der Refrain öffnet sich auf ausufernden Arrangements getragen weit und damit die Herzen der Fans.

Direkt danach folgt "Animals On The Roof" zwischen rockigem Anspruch und jazzigem Schlagzeug. Hier hat man das meiste Achtziger-Feeling, eine gekonnte Balance wie einst auf "Audio-Visions", mit cheesy Refrain und warmem Gitarrensolo. Der Rausschmeißer "The Song The River Sang" lebt ebenfalls von einer coolen Rhythmik, die schon das perlende Piano zu Beginn aufbaut. Diese gleitet am Ende in ein spaciges Jam-Outro, das für die Band neue Facetten bietet. Endlich gibt es auch mal einen wirklich mitreißenden Refrain, aber insgesamt ist das zu wenig angesichts der eigenen Historie. "The Absence Of Presence" stellt eine kleine Enttäuschung in einem ansonsten starken Jahr dar. (Pfälzer)


Anzahl der Songs: 9
Spielzeit: 47:34 min
Label: Inside Out
Veröffentlichungstermin: 17.07.2020

Bewertung:

Pfaelzer6,5 6,5 / 10


Andreas 6,0 6 / 10

Anne7,5 7,5 / 10

Maik7,0 7 / 10

Pascal7,5 7,5 / 10

Anna 7,07 / 10

sarahjane 6,56,5 / 10


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