Wenn ein neues Album von MYRKUR erscheint, dann weiß man eigentlich nie, womit man zu rechnen hat. Amalie Bruun zieht einfach unbeeindruckt von allen kritischen Stimmen ihr Ding durch und macht das, wonach ihr gerade ist. Zu Beginn ihrer Karriere war es Black Metal, 2020 kam dann mit „Folkesange“ etwas ganz anderes raus, denn das Album war, wie der Name schon vermuten lässt, ein astreines Folkalbum, das mit Black Metal überhaupt nichts mehr zu tun hatte.
Da war man bei der Ankündigung des neuen Albums natürlich gespannt, ob dieses in die gleiche Richtung gehen würde oder wieder eher Richtung Black Metal oder vielleicht etwas ganz anderes? Nun, so genau kann man das nicht sagen. Auf jeden Fall hat Amalie Bruun sich wieder einmal selbst neu erfunden. Das instrumentale Intro „Bålfærd“ deutet zunächst an, dass es wieder Richtung „Folkesange“ gehen könnte, doch „Like Humans“ belehrt den Hörer schnell eines Besseren.
Der Song ist eher poppig, gleichzeitig aber auch sehr düster und vor allem gräbt er sich sofort unwiderstehlich in die Gehörgänge. Ein absoluter Ohrwurm, herrlich dunkel angehaucht, sehr groovy, darüber schwebt Amalies zarte, engelsgleiche Stimme – es fällt schwer, sich diesem Song zu entziehen. Gleiches gilt für „Mothlike“, das noch etwas poppiger geraten ist und auf den ersten Blick nicht mehr viel mit Metal zu tun hat. Das Stück schielt zunächst eher Richtung Dance, Trance oder auch Synthwave, bevor pumpende Beats und harte Gitarren das Stück doch noch Richtung Metal führen. Wie schon „Like Humans“ so bekommt man auch dieses Stück kaum noch aus dem Kopf.
Ebenfalls großartig ist „My Blood Is Gold“. Eingeleitet wird das Stück von Klavier, Streichern und der darüber liegenden Stimme von Amalie. Der Song ist sehr getragen, sehr düster und es ist erstaunlich, wie viel Heavyness man in einen auf den ersten Blick sanften Song packen kann.
Gegen Ende fällt das Album dann etwas ab, wobei das Meckern auf hohem Niveau und mehr persönlicher Geschmack als echte Kritik ist. Alle Songs sind wirklich gut und auf hohem Niveau und zeigen die ganze Klasse und die hervorragenden songschreiberischen Qualitäten von Amalie Bruun – alleine, sich sprechen mich nicht so an wie der Rest. Wobei insbesondere „Valkyriernes Sang“ mit seiner gegensätzlichen Mischung aus harten Black-Metal-Gitarren und –Drums sowie glockenklarem Gesang, bei dem Amalie auch teils an EIVØR erinnert, überzeugen kann.
Auch das großartige „Blazing Sky“ ragt hier nochmal heraus. Das Stück ist sowohl düster und chaotisch, hat aber auch einen Ohrwurmrefrain und insbesondere das Keyboard fällt hier positiv auf. Einer meiner Favoriten auf dem Album. Abgeschlossen wird die Scheibe von „Menneskebarn“ (dt. Menschenkind), ein Schlaflied und eine direkte Verbindung zu ihrem Sohn, den die Künstlerin nach Veröffentlichung des letzten Albums zur Welt gebracht hat.
Ich glaube, MYRKUR mag man oder hasst man. Ich mag sie und egal, wie musikalisch unterschiedlich die einzelnen Alben sind – bisher gefielen mir alle und tatsächlich gefällt mir sogar jedes besser als das vorhergehende. Von daher kann ich natürlich auch „Spine“ nur empfehlen. Eine Kritik sei allerdings erlaubt: Ich finde, knapp 30 Minuten ist etwas kurz für ein Album. (Anne)
Bewertung:
8 / 10
Anzahl der Songs: 9
Spielzeit: 33:44 min
Label: Relapse Records
Veröffentlichungstermin: 20.10.2023