Mal ehrlich: Wer kennt THE RODS? Wahrscheinlich nur Insider des klassischen Hardrocks und des NWoBHM, denn die Chance, die Band auf einem der immer wieder auf die gleichen Songs reduzierten sogenannten Rocksender zu hören, tendiert gegen null. THE RODS verkörpern den Oldschool-Metal par excellence mit allen Klischees (kein Konzert ohne Drum-Solo) und das mit längerer Auszeit seit immerhin 44 Jahren. Nicht umsonst wurden sie die „Amerikanischen MOTÖRHEAD“ genannt. Das Trio um den charismatischen Gitarristen und Shouter David „Rock“ Feinstein, Bassist Freddy Villano (u.a. QUIOT RIOT, WIDOWMAKER), der das langjährige Mitglied Gary Boddonaro ersetzte und Schlagzeuger Carl Caned, sind ein eingespieltes Team und lassen vergangene Zeiten im Stil von MOTÖRHEAD, SAXON, JUDAS PRIEST und RONNIE JAMES DIO wieder akkurat aufleben.
Gerade Letztgenannter hatte logischerweise großen Einfluss auf die musikalische Ausrichtung der Band, handelt es sich doch um den Cousin von David Feinstein, mit dem er auch gemeinsam in den Siebzigerjahren bei ELF spielte. Ronnie James Dio übernahm später auch den Gastgesang bei Stücken von THE RODS. Auf dem 2011er Album „Vengeance“ ist wohl eines der letzten Stücke, auf dem der große Meister DIO kurz vor seinem Tod mitgewirkt hat.
Nun wollen es die US-Veteranen aus New York noch einmal wissen und die Zeichen endlich in vollem Umfang respektiert zu werden, stehen gut. Am 12. Januar 2024 bringen THE RODS bei ihrem neuen Label Massacre Records "Rattle The Cage" auf den Markt. Die zehn Songs der Scheibe rechtfertigen sofort die Annahme, dass sich der Musikstil der Jungs in den letzten 44 Jahren kaum geändert hat, aber in modernem Gewand gekleidet ist. Hier sind die Achtzigerjahre omnipräsent, nur dass der Sound fett und druckvoll rüberkommt.
Nach wie vor spielen sie knackigen und eingängigen „Dirtrock“, die Songs sind einprägsam, die Stücke sind auf harten rudimentären Riffs aufgebaut, die Hooklines münden in eingängige Refrains. Songs wie „Hearts Of Steel“, „Metal Highways“ oder „Rattle The Cage“ geben schon durch die Titel den klassischen Metaltakt vor und lassen Reminiszenzen zu den Frühwerken von SAXON zu.
Textlich haben sich THE RODS laut ihrem Frontmann diesmal noch intensiver von Ronnie James Dio inspirieren lassen, um „ein Gefühl von Hoffnung und Unverwüstlichkeit im Angesicht einer sich ständig verändernden Welt“ zu geben. Der Titeltrack „Rattle The Cage“ kommt rüber wie ein Dampfhammer; einfache Struktur, mit harten Riffs und memorablen Refrains. Dazu ein kurzes Gitarrensolo und donnernder Schlagzeugtakt. Mit jeder Note fühlt man sich in die „gute alte Zeit“ zurückversetzt und die raue und kratzige Stimme Feinsteins ist sicher nicht die stärkste auf dem Planeten, passt aber zu der Ruppigkeit der Songs.
„Play It Loud“ ist vom Titel her schon Programm. Eine typische Metalhymne, die live mit Sicherheit den Weg ins Repertoire finden wird und die Fans zum Mitsingen animiert („Play It Loud…and Proud“); vielleicht etwas abgedroschen und klischeehaft, aber das Dreigestirn will ja auch nicht Rilke rezitieren. „Shockwave“ ist einfach nur energetischer Biker-Rock'n'Roll, ähnelt strukturell dem Stil der frühen JUDAS PRIEST und verströmt eine düstere Grundstimmung.
Alle Songs der Scheibe unterstehen nur einem Gott; dem Heavy Metal. THE RODS inszenieren keine musikalische Revolution und fein gestrickten Abwechslungsreichtum sucht man vergebens. Dennoch werden Fans das Werk mit der Sammlung konfrontativer, intensiver und roher Spielfreude zu schätzen wissen. THE RODS übertragen mit Wucht die Retro-Passion für den klassischen Metal in die Gegenwart und zeigen, dass sie viel mehr sind als die Band des Cousins von Ronnie James Dio. (Bernd)
Bewertung:
8 / 10
Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 47:50 min
Label: Massacre Records
Veröffentlichungstermin: 19.01.2024