Extreme - Six

Extreme SixGanze fünfzehn Jahre ist es her, dass die US-Amerikaner EXTREME ein Album veröffentlicht haben. 2023 will es die Band noch einmal wissen und veröffentlicht mit “Six” ein neues Album. Selten war ich von den ersten Songs eines Albums derart gefesselt.

Dabei habe ich lange Jahre EXTREME nur mit dem Song “Get The Funk Out” in Verbindung gebracht. Natürlich auch mit “More Than Words", wobei der Song für mich in zweiter Reihe unter Balladen und Hits verbucht ist. Gitarrist Nuno Bettencourt habe ich über die Jahre noch am meisten verfolgt, auch weil er in den sozialen Medien sehr aktiv ist. Als mit “Rise” Anfang März überraschend der erste Song des Albums erschien, hat es mich regelrecht aus den Turnschuhen gekickt. Selten hat mich ein Song auf Anhieb derart abgeholt. Als klar wurde, dass ein richtiges Album folgen würde, auch noch in dieser Besetzung, war ich vorsichtig gespannt, man möchte ja nicht enttäuscht sein.

Mit “#Rebel” und “Banshee” folgten dann vorab zwei weitere Songs, die bei mir einen ähnlichen Effekt auslösten. Gerade das Solo auf “#Rebel” und das wahnsinnig coole und groovende Riff haben es in sich. Man fühlt sich ein wenig, als würde die Hochphase der Band noch mal in modernem Gewand aufleuchten, und das, ohne dabei in irgendeiner Form kitschig zu wirken. Noch dazu knallt der Gitarrensound wahnsinnig gut, und auch Sänger Gary Cherone ist mit seinen 62 Jahren wahnsinnig gut bei Stimme und zeigt dies eindrucksvoll. Eine Tatsache, die ich tatsächlich nie auf dem Schirm hatte, EXTREME sind immer weit an mir vorbei geflogen.

Umso schöner, wenn ich dann mit “Banshee” auch noch einen dritten Knaller um die Ohren gehauen bekomme. Der Song steht den anderen beiden in nichts nach und bietet dennoch genügend Abwechslung. Gekonnt setzen EXTREME hier Pausen ein und animieren dazu, die Hüften kreisen zu lassen. Auch “Banshee” überzeugt, und ich bin sicher, dass sich die Band dessen voll bewusst ist. Kein Wunder also, dass genau diese drei Songs das Album eröffnen, stärker geht es kaum.

Mit “Other Side Of The Rainbow” werden anschließend ruhigere Töne angeschlagen, aber keineswegs im Stil von “More Than Words”. Auch wenn es ruhig und balladesk wird, ist es noch eine Rocknummer im Midtempo Bereich. Zugegeben, beim ersten Hören war ich etwas überrascht aufgrund des krassen Schnitts zu den drei flotten Rocksongs davor, aber nach zwei Durchgängen zeigt sich, dass der Song “extreme” gelungen ist und zurecht an dieser Position auftaucht. Auch hier sollte man ganz genau auf das Solo von Nuno hören, Wahnsinn.

Für “Small Town Beautiful” werden tatsächlich in bester 80er Ballade die Akustik-Gitarren ausgepackt, und die Band besingt ebenfalls in bester 80er Jahre Tradition eine Schönheit. Dies mag zwar etwas kitschig wirken, ein schlechter Song ist es dennoch nicht, was mitunter auch am starken Refrain liegt.

Der dröhnende Bass zu Beginn von “The Mask” lässt bereits vermuten, es geht wieder vorwärts. Und der Schein trügt nicht, eine Nummer, die an das Opener-Trio erinnert und ordentlich Gas gibt. Der Gesangsstil von Gary Cherone kommt hier besonders gut rüber, und erneut ist es Nuno, der mir die Saiten durchbrennen lässt. Wie konnte ich diese Band jahrelang derart unwissentlich ignorieren. Moderner wird es mit “Thicker Than Blood”, das ebenfalls extrem cool daher kommt und auf Anhieb überzeugt. Moderner Sound muss nicht immer schlecht sein, EXTREME gelingt der Spagat sehr gut. “Save Me” kommt etwas düster daher, zumindest anfangs und entwickelt sich dann mehr und mehr zu einem sehr guten Midtempo-Rocker, der Laune macht.

Bei “Hurricane” findet die Band erneut ihr Händchen für Akustikgitarren wieder und präsentiert eine sehr schöne mehrstimmige Ballade, hier könnten “More Than Word”-Fans tatsächlich abgeholt werden, auch wenn es nicht ganz das Potenzial dazu bietet.

Für “X Out” werden erneut sehr moderne Töne angeschlagen. Eine Nummer, die sehr aus den restlichen Songs des Albums heraussticht und einmal mehr zeigt, zu wie viel Abwechslung EXTREME in der Lage sind. Sehr gelungen, auch wenn es gewiss nicht jedermanns Geschmack treffen wird. Auch hier bitte das Solo beachten.

 

“Beautiful Girls” sticht anschließend noch mehr aus der Masse heraus, hier soll sich bitte jeder selbst ein Bild machen und die Sache nicht ernster nehmen als sie ist. Es ist ein unterhaltsamer Song, auch wenn es Popmusik ist. Den Abschluss bestreiten EXTREME mit “Here’s To The Losers” mit einer Ballade und beenden damit ein unerwartetes Album, das verdammt stark geraten ist.

Jeder, der EXTREME in den letzten Jahren unbeabsichtigt ignoriert hat, kann sich auf “Six” freuen und sollte auf jeden Fall reinhören. Die Band hat hier ein wahnsinnig starkes Album aufgenommen, das gehört werden muss. Selten war Rockmusik in unserer modernen Zeit derart gekonnt, abwechslungsreich und unterhaltsam. Noch dazu sollte man unbedingt über die Soli und Gitarren-Qualitäten von Nuno reden, so wurde ich schon lange nicht mehr umgehauen. Unbedingt reinhören, sonst hat man einiges verpasst. (Pascal)

 

Bewertung:

Ebi0,0 8,5 / 10

Label: Earmusic (Edel)
Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: --:-- min
Veröffentlichungstermin: 09.06.2023

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