Marius Ziska - Rúm

mariusziska rumFünf lange Jahre sind vergangen, seit MARIUS ZISKA mit „Portur“ sein letztes, grandioses Album veröffentlicht hat. Seither warte sicherlich nicht nur ich sehnlichst auf neues Material, aber auch hier hat wie bei so vielen Bands Corona dazwischengefunkt. Aber wahrscheinlich würde es ohne Corona dieses Album in dieser Form so gar nicht geben. Zumindest erinnert der ein oder andere Song doch stark an Themen, die gerade während der Pandemie immer wieder aufkamen. „Rúm“ – so der Name des neuen Albums - hat im Färöischen die gleiche Doppelbedeutung wie im Deutschen. „Raum“ kann sowohl ein kleines, abgeschlossenes Zimmer sein, als auch unendliche Weite. Das passt gut zu den Texten dieses Albums, die sich sowohl mit dem Innersten eines Individuums, als auch mit existentiellen Fragen der Menschheit befassen.

Mit dem Innersten geht es los und MARIUS ZISKA eröffnen mit einem unglaublich starken, tief berührenden Song. „Síggja Av Nýggjum“ ist ein einfühlsames, wunderbares Stück über die Überwindung einer Depression dank der Hilfe der Liebsten um einen herum. Ganz zart und sanft beginnt es und wird dann gegen Ende fast schon fröhlich rockend. So liefert MARIUS ZISKA schon gleich zu Beginn genau das, was man erhofft.

Die Texte auf dem Album, die wie schon auf „Portur“ komplett auf Färöisch gehalten sind, sind in Zusammenarbeit mit Hans Jacob Kollslíð entstanden. Passend dazu wurde auch ein Buch („Floymandi Nærvera“) mit Texten, Liedern und Gesprächen veröffentlicht, so dass man wohl mit Fug und Recht von einem Gesamtkunstwerk sprechen kann. Auf das Buch bin ich auf jeden Fall auch gespannt. Denn die Texte auf „Rúm“ sind von einer so hohen Qualität, dass es eine reine Freude ist, den Songs zu lauschen, ganz unabhängig von der Musik.

Aber auch die steht der Lyrik in nichts nach. MARIUS ZISKA enttäuschen einfach nicht. Diese ganz spezielle Mischung aus Singer-Songwriter, Synthies, Rock, Elektro-Folk und Synth-Pop funktioniert unglaublich gut. Hans Marius Ziska und seine Mitstreiter haben ein unglaubliches Händchen für Ohrwurmmelodien, die man auch auf „Rúm“ wieder zuhauf findet. Nicht zuletzt in „Ekkokamerið“, meinem Lieblingssong auf dem Album. Musikalisch ist es wohl der rockigste Song des Albums, aber auch der Text ist einfach großartig. In (leicht) ironischem Ton berichtet das Stück über das Leben in der eigenen Bubble, wie man heute ja so schön sagt. Dabei gilt das ja nicht nur für jene Menschen, die überall eine Verschwörung wittern und die im Gegensatz zu allen Wissenschaftlern erkannt haben, was die Welt im Innersten zusammen hält, sondern im Grunde ziehen sich Menschen ja generell gerne in eine Blase von Gleichgesinnten zurück und verlieren so unter Umständen die Fähigkeit, auch andere Sichtweisen zu betrachten.

Wie so oft hat sich MARIUS ZISKA auch auf diesem Album Gäste eingeladen. Die hervorragenden, sanft und geschmackvoll eingefügten Backgroundgesänge werden von Døgg Nónsgjógv, Lea Kampmann, Marianna Winther Nagata, Katrina Olsen und Jasmin Mote geliefert, die sich ja auch jeweils mit ihren eigenen Projekten und Bands einen Namen gemacht haben. Døgg Nónsgjógv singt gemeinsam mit Hans Marius Ziska ein ganz wunderbares Duett in „Í Aldingarðinum“. Die Stimmen der beiden harmonieren einfach absolut perfekt miteinander.

Aber auch sonst kommt das Album ohne Ausreißer nach unten aus. Zwar ist es insgesamt etwas ruhiger geraten als „Portur“, aber es ist auch etwas komplexer und es braucht mehr Zeit, um sich in das Album einzuhören. Doch dann entfaltet es nach und nach seine ganze Schönheit. Immer wieder gibt es ruhige bis sehr ruhige Momente, wie z.B. in „Skuggaspæl“, aber dann wird es auch durchaus wieder rockiger, wie z.B. in „Fjalli Til Jarðar“. Allen Songs gemeinsam sind diese tollen Melodien, die für MARIUS ZISKA so typisch sind. Mit großem Geschick schafft die Band es, färöische Melancholie und Elektropop zu einer Einheit zu verschmelzen. Dabei kommen neben vielen Chören und Synthelementen auch Streicher zum Einsatz, die Songs wie „Reyn“ veredeln.

Gegen Ende gibt es mit „Klovin“ wieder einen flotteren Song der richtig Laune macht und bei dem man sich gut vorstellen kann, dass er in Zukunft auf der Livesetlist landen wird und dann auch wirklich Spaß macht. Und da wären wir auch bei einem guten Stichwort. Mein letztes Konzert von MARIUS ZISKA ist schon viel zu lange her und ich hoffe doch sehr, dass ich es dieses Jahr noch schaffe, die Band mal wieder live zu sehen. Mit „Rúm“ hat die Truppe wieder einmal bewiesen, welche Stellung sie mittlerweile in der färöischen Musikszene hat, und dass sie diese mit Recht besitzt. Ein großartiges Album, das etwas komplexer als der Vorgänger ist, auf lange Sicht aber mindestens genauso gut. (Anne)

 

Bewertung:

Anne8,0 8 / 10

Anzahl der Songs: 8
Spielzeit: 35:28 min
Label: Tutl
Veröffentlichungstermin: 10.03.2023

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