Es ist fast schon etwas erschreckend, dass das letzte reguläre Studioalbum von DEF LEPPARD bereits sieben Jahre zurückliegt. Die Band selbst ist einfach zu aktiv mit Tourneen, Box-Set Veröffentlichungen, ihrer Online-Vault, dass man sie gefühlt ständig auf dem Schirm hat. Gut in Erinnerung habe ich ihr selbstbetiteltes letztes Album dennoch, denn der Opener “Let’s Go” schwirrt mir hin und wieder noch in den Ohren umher.
Ganz ähnlich dürfte es nun mit dem Opener “Take What You Want” auf dem neuen Album “Diamond Star Halos” gehen. Erneut verbinden DEF LEPPARD gekonnt ihre Hooklines mit einem Refrain, der sich umgehend im Ohr festsitzt. Hier werden gleich Erinnerungen an einstige Großtaten auf “Pyromania” und “High N Dry” geweckt. Ein Streif “Hysteria” folgt mit “Kick”, das ebenfalls sehr rockt, aber auch etwas poppiger daher kommt. Der poppige Einschlag könnte mitunter an der Klatsch-Einlage liegen, die fast durchgängig zu hören ist, dem Song aber auch einen gewissen Vibe verpasst. Ähnlich wie beim Opener bleibt auch dieser Song sofort im Gehörgang, DEF LEPPARD verstehen es 2022 also besser denn je eingängige Songs zu schreiben, die mir mit jedem Durchlauf etwas besser gefallen.
Mit “Fire It Up” wird anschließend der Kreis zur “Adrenalize”-Phase der Band geschlossen, sehr poppig und mit sehr vielen für DEF LEPPARD so typisch gewordenen Sounds verziert. Und wer hätte es gedacht, einem eingängigen Refrain. Eine gute Nummer, auch wenn ich eher Freund der rockigen Seite der Band bin, das tragende Riff ist dennoch verdammt gut. Mit “This Guitar” gibt es anschließend, anders als es der Titel vermuten lässt, die erste Ballade des Albums. Noch dazu das erste Stück, auf dem Alison Krauss als Gastsängerin zu hören ist. Ein sehr schöner, ruhiger Song, der von der Stimme von Joe Elliot und Alison Krauss gekonnt getragen wird. Dennoch ein krasser Gegenentwurf zu den ersten drei Songs der Platte, aber dafür sind DEF LEPPARD inzwischen bekannt. Der Song nimmt gegen Mitte noch einiges an Fahrt auf, mit einem sehr gefühlvollen Gitarrensolo von Phil Collen.
“SOS Emergency” bewegt sich anschließend noch mal in den Mid-Tempo Bereich und strotzt vor Chören, ein weiteres typisches DEF LEPPARD Element, das die Band seit jeher gekonnt in Szene setzt. Auch hier glänzt das Solo, und der Song ist DEF LEPPARD durch und durch, selten findet man so viele Parallelen zum bekanntesten Album der Band wie hier. Das darauf folgende “Liquid Dust” beginnt sehr rockig mit einem coolen Riff, biegt dann aber sehr fix Richtung Pop-Musik ab und erinnert damit stark an die softe Spätphase der Band. Was keineswegs die Qualität des Songs mindert, jedoch nicht für jeden Fan etwas sein wird. Dennoch zeigen DEF LEPPARD hier eindeutig, dass sie verdammte gute Songwriter sind.
“U Rok Mi” erinnert zu Beginn an Weltmusik der Sparte ROBERT PLANT, was in gewisser verdeutlicht wie weltoffen und scheuklappenfrei DEF LEPPARD auch 2022 mit ihrer Musik umgehen. Das mag nicht jedem zusagen, aber macht ein Album der Band auch jedes Mal aufs Neue interessant. Der Song baut jedenfalls eine ganze eigene Atmosphäre auf und bietet einen bockstarken Refrain. Mit “Goodbye For Good This Time” wird es anschließend maximal balladesk, mit Streicher und Klavier-Einsätzen ist der Song für DEF LEPPARD-Fans der Frühphase ein harter Brocken. Dabei beweist Joe Elliott einmal mehr, was für ein großartiger Sänger er ist, und die Band, wie gut sie noch immer ihre zweiten und dritten Stimmen beherrschen. Ein Mini-Musical inmitten eines DEF LEPPARD Albums, Scheuklappen sollte man hier zu Hause lassen, dann hat man sogar an der Sitar etwas Freude.
Mit “All We Need” werden anschließend ganz klar U2-Parallelen aufgezeigt, davon kann man halten, was man will. In jedem Fall passt der Song sehr zur “Adrenalize”-Phase der Band, und nein, ich bin kein großer Fan davon, aber das ist auch nur mein persönlicher Geschmack. Für “Open Your Eyes” legt Rick Savage den passenden Rhythmus-Teppich, ein sehr cooles Bass-Intro und noch dazu ein sehr abwechslungsreicher Song. Mit “Gimme A Kiss” wird es wieder deutlich rockiger, und es macht sich langsam ein gewisser roter Faden im Album bemerkbar.
Denn mit “Angels (Can’t Help You Now)” folgt wieder eine sehr starke Ballade mit Klaviereinschlag und sehr viel Chorgesang. “Lifeless” erneut mit Alisson Kraus wird anschließend fast schon Country-artig und zeigt eine völlig andere Seite der Briten. Das darauf folgende “Unbreakable” ist erneut im Midtempo Bereich, arbeitet aber mit sehr viel Elektronik, meinen Geschmack trifft es nicht ganz, ein cooler und gelungener Song ist es dennoch. Allein die Dynamik zwischen Gitarre und Elektronik-Sounds bekommen in der Form nur DEF LEPPARD derart passend zusammen. Den Abschluss bestreitet die Band mit “From Here To Eternity”, einem Abschluss par excellence, sehr episch mit allen Merkmalen die DEF LEPPARD ausmachen.
Zugegeben, mir persönlich ist “Diamond Star Halos” mit seinen insgesamt 15 Songs etwas zu lange. Noch dazu ist das Album für meinen Geschmack etwas zu poppig geraten. Doch das ist letzten Endes nur mein Geschmack, oder? Ich habe andererseits schon lange nicht mehr eine so gute Album-Eröffnung mit drei Ohrwurm-Kandidaten gehört. Noch dazu war eigentlich klar, dass die Band nun keinen Rückschritt geht und stupide im “Pyromania” und “High N Dry”-Bereich wildern wird, was auch wenig Sinn machen würde. Fakt ist, dass DEF LEPPARD auch 2022 noch viel Arbeit in ihr Songwriting stecken und für sie Musik erschaffen, die nicht austauschbar ist und die typischen Trademarks eines DEF LEPPARD-Songs noch immer erfüllt.
Sehe ich das Album aus einem etwas anderen Blickwinkel, würde ich sagen, dass DEF LEPPARD hier wirklich versuchen alle ihre Fans versuche unter einen Hut zu bekommen. Das Album bietet wahnsinnig viel Abwechslung und bietet für Fans von jeder Phase der Band etwas. Allein dass eine Band in “Phasen” kategorisiert werden kann, sagt schon einiges aus. “Diamond Star Halos” ist nicht das Album, das sich jeder Fan gewünscht haben dürfte, aber es ist ein verdammt starkes Spätwerk einer Band, die eine starke Entwicklung durchgemacht hat und bei der kein Album wie ein anderes klingt. Auf “Diamond Star Halos” lassen DEF LEPPARD all diese Phasen für mich noch einmal Revue passieren, und das machen sie verdammt gut. (Pascal)
Bewertung:
8 / 10
Anzahl der Songs: 15
Spielzeit: --:-- min
Label: Universal Music
Veröffentlichungstermin: 27.05.2022