Warum sich der Begriff “Tormentor”, was auf Deutsch „Peiniger“ bedeutet, im Metal derart großer Beliebtheit erfreut, wird sich wohl nie vollständig klären lassen. Die Encyclopedia Metallum listet unzählige Bands diesen Namens auf. Hierbei stammen allein vier aus Deutschland. Doch selbst in Malaysia ist der Name gleich zweimal vertreten. Aber nicht nur als Bandname ist „Tormentor“ beliebt. Nein, es gibt auch eine ganze Latte Songs mit diesem Titel. Wer nun denkt, das beschränke sich nur auf den Thrash Metal, denn immerhin haben alleine SLAYER, KREATOR und DESTRUCTION je einen Song der „Tormentor“ heißt, der irrt gewaltig. Nein, in der Liste tauchen auch Gruppen wie W.A.S.P., GWAR, WIZZARD oder HELSTAR auf. Der Begriff findet sich also im gesamten Metal immer und immer wieder.
Bei den Urhebern der am 21.11. erscheinenden EP „Crown Of Shame“ handelt es sich um TORMENTOR aus dem brandenburgischen Guben. Diese existieren, man lese und staune, bereits seit 15 Jahren. Obwohl der Gründer Max Seipke gerade einmal 27 Jahre alt ist.
Wer nun seine Rechenkünste bemüht, der stellt schnell fest, dass Max 2006 gerade einmal 12 war. Ein Alter, in dem meine Wenigkeit gerade einmal einen eigenen Musikgeschmack entwickelte.
Als ich 2008 zum ersten Mal von TORMENTOR hörte, veröffentlichten sie gerade ihr erstes Demo „Lesson In Aggression“ und Max war gerade einmal 14. Das Ganze war damals noch recht rau und Max Seipke hatte den Posten am Mikro noch gar nicht alleine inne, sondern teilte sich diesen noch mit Sänger und Bassist Dima Preuss, der TORMENTOR allerdings recht schnell verließ. Der Einfluss von KREATOR war damals überdeutlich zu hören.
Bis zum Debütalbum „Violent World“ (2012) sollten allerdings noch 4 Jahre vergehen. Hier übernahm Max Seipke erstmals alleine den Gesangspart. Wobei einige Kritiker der Band vorwarfen, sich immer noch zu sehr an KREATOR zu orientieren. Allerdings merkte man schon damals, dass TORMENTOR durchaus über Potential verfügen.
Ganze drei Jahre gingen ins Land bis die Brandenburger 2017 mit „Morbid Realization“ endlich ihr zweites Album präsentierten. Stimmlich klang Max hier immer noch wie eine jüngere Version von Mille Petrozza, doch der Stil hatte sich geändert und TORMENTOR gingen deutlich technischer zu Werke.
Am 12.11. erscheint nun mit der EP „Crown Of Shame“ nach vier Jahren das nächste musikalische Lebenszeichen der Gubener. Was hat sich also musikalisch bei TORMENTOR getan?
Nun, natürlich sind Max Seipke (Gesang, Gitarre), Kevin Hauch (Gitarre), Christian Schomber (Bass) und Thomas Wedemeyer (Schlagzeug) in den vergangenen Jahren älter und reifer geworden. Da wäre es verwunderlich, wenn man das nicht auch bei ihrer Musik hören würde. Der Opener „Welcome To The Depressive Age“ strotzt nur so vor Aggression und weckt sofort Erinnerungen an neuere KREATOR.
„Hatten wir das alles nicht schon?“ Das wird sich so mancher Hörer wohl fragen und Zweifel an der eigenen musikalischen Identität von TORMENTOR könnten hier einmal mehr ziemlich schnell im Raum stehen. Aber was bitte kann Max dafür, dass sein Gesang nun einmal klingt wie er klingt? Eine Gruppe, die sich TORMENTOR nennt, dürfte wohl eher nicht wie RUSH klingen. So merkt man auch hier, zumindest bei den ersten drei der insgesamt fünf Stücken, wo die Einflüsse der Jungs liegen.
Doch „Welcome To The Depressive Age”, “Crown Of Shame” und “Call To Arms” sind alles andere als schlecht. Das Beste haben sich Max und seine Kollegen jedoch bis zum Schluss aufgehoben. Bereits mit „Slaved To The Core“ weicht man vom gewohnten Schema ab und bietet dem Hörer einen epischen Song, der aufhorchen lässt. Danach kommt das Higlight auf „Crown Of Shame“. Mit „The Burden And The Grief“ wagen sich TORMENTOR sehr weit aus ihrer musikalischen Komfortzone und liefern hier einen schleppenden Doom/Death Metal Stampfer erster Güte ab, bei dem Seipke gar richtig gute Growls auspackt. Für mich ganz klar das beeindruckenste Stück der EP.
TORMENTOR haben uns erneut lange auf neue Musik warten lassen. Im Endeffekt kann man sagen, dass die Trademarks der Gruppe erhalten geblieben sind, man aber durchaus gewillt ist, auch neue Wege zu gehen.
Vor allem „The Burden And The Grief” dürfte denen, die den Ostdeutschen weiterhin eine eigene musikalische Identität absprechen wollen, gewaltig den Wind aus den Segeln nehmen. (Matthias)
Bewertung:
8 / 10
Anzahl der Songs: 5
Spielzeit: 29:58 min
Label: Iron Shield Records
Veröffentlichungstermin: 12.11.2021