Electric Boys - Ups!de Down

electricboys upsdedownSeit 1988 gibt`s schon die ELECTRIC BOYS, die aktuell mit einer kleinen 15-jährigen Pause ihr siebtes Album unter dem Titel „Ups!de Down“ veröffentlichen.
Die alten Schweden um den 56-jährigen Frontmann Conny Bloom am Mikrofon und der Gitarre, Andy Cristell (Bass), Franco Santunione (Gitarre) und Niklas Sigevall an den Drums liefern auch auf dem neusten Werk wieder eine äußerst ideosynkratische Mischung aus siebziger Jahre Rock, AOR, Funk und ein wenig Blues.

Während auch die schwedische Rockszene in den Achtzigern massiv vom Glam- und Sleaze-Rock-Fieber befallen war, setzten die Jungs um Conny Bloom innovative und äußerst kreative Akzente, die zwar ebenfalls vom Glam-Rock beeinflusst waren, daneben jedoch variantenreiche Musikstile adaptierten, was zu einer gewissen musikalischen Unberechenbarkeit führte, die nicht wenige Fans zu Abhängigen machte.
Auf dem neusten Longplayer sind die ELECTRIC BOYS im Laufe der Jahre nicht nur optisch erwachsen geworden, auch das Songwriting und die Songstrukturen sind deutlich gereift. Dennoch bleibt die Band ganz eigen exzeptionell, rebellisch und ist unmöglich auf ein einziges Genre festzulegen. Ich bin sicher, mit „Ups!de Down“ können sie an die frühen Erfolge wie „All Lips N`Hips“ oder „Electrified“ locker anknüpfen. Im skandinavischen Raum werden die Jungs sowieso verehrt, wenn es um zeitlosen und weltoffenen Hardrock geht.
Auf „Ups!de Down“ sind auch sporadisch noch „Funky Tones“ vertreten, jedoch nicht mehr in der Fülle früher Jahre. Im neusten Werk wird verstärkt auf Hardrock gesetzt und das in enormen Variantenreichtum.

Der sehr ungewöhnliche Opener „Upside Down Tone“ begeistert mich von der ersten Sekunde an. Ein über siebenminütiges Instrumental, dass die stilistische Bandbreite und positives Chaos der Schweden valide aufzeigt. Ein dumpfes Gitarrenintro mit rasantem Solospiel mündet in ein kurzes Gitarrengewitter in bester CRAZY HORSE-Manier, um dann nach zweieinhalb Minuten sich völlig anders zu orientieren, indem Keyboard und Akustikgitarre in das elektrische „Main-Theme“ münden. Der Song ändert erneut die Struktur, wird leicht funky und geht in Leads über, die WISHBONE ASH in den Siebzigern manifestiert haben. Immer wieder sorgt der Song für Überraschungen und zeigt die musikalische Stärke der Band.
Die Singleauskoppelung „Supergod“ ist klassischer Hardrock mit immanenten Funkeinflüssen und der klagenden Message von Connie Bloom „I Wonder Where`s My Supergod“. „Tumblin' Dominoes“ schließt sich als straighter Rocksong an und dominiert durch starken Chorgesang im Refrain.

„Never Again Your Slave“ folgt mit erzählendem Sprechgesang von Connie und sehr harter Instrumentierung wobei der anschließende Song „She Never Turns Around“ wieder die außergewöhnliche Variabilität der Band zeigt, indem der Song durch Akustikbegleitung und puristisch eingesetzter Slidegitarre sehr sphärisch daher kommt und dann in scheinbar endlosen Chorgesang übergeht. Der Song weckt Reminiszenzen an „Hey Jude“ der BEATLES; eine äußerst gelungene Ballade.
Mit Funk-Riffs startet auch „Globestrutter“ und entwickelt sich zum radiotauglichen AOR Klassiker während „The Dudes And The Dancers“ wieder ein extrem cooler Siebziger-Jahre-Rocksong ist, der an den frühen DAVID BOWIE erinnert. Aber auch hier gelingt es der Band wieder, dass man den Song nicht mehr aus dem Kopf kriegt obwohl die Band-Intension wahrscheinlich nicht von primärem Zwang geprägt ist, gefällige radiotaugliche Musik für den Mainstream zu produzieren.

„Wang 'Em & Kerrang 'Em“ ist chaotisch wie der Songtitel-knüppelharter Rock`N´Roll mit vielen klischeehaften „Uh Baby Baby“-Refrains von Connie Bloom.
Eins der Highlights schließt sich an, die Midtempo-Ballade „This Is Not The End“ von deren Botschaft Connie Bloom sagt, dass man in Songs wie „This Is Not The End“ das Licht am Ende des Tunnels sehen kann, statt einfach nur den Runaway Train. Wenn die Ereignisse so weitreichend sind und außer Kontrolle zu sein scheinen, kann man das umdrehen und die Kontrolle zurückbekommen, indem man loslässt". Ein positiver motivierender Song mit klasse Instrumentierung durch Akustik- und Slidegitarre geben dem Song viel Wärme und Melancholie.
Bevor die ELECTRIC BOYS mit dem völlig differenten „Interstellafella“, geprägt vom wuchtigen Schlagzeugintro und harten schnellen Riffs, das Album zu Ende bringe, kommt für mich die Erkenntnis, dass die Jungs aus Schweden noch nie so gut waren und sie sich definitiv nicht Genre-bedingt festlegen lassen. Das Album wurde hervorragend abgemischt und aufgenommen in den schwedischen „Ghost Ward“-Studios und gemeinsam mit David Castillo produziert.
Bei der Exzentrik der Songs könnte Quentin Tarantino für seine Soundtracks bei „Ups!ide Down“ aus dem Vollen schöpfen. Ein sehr gelungenes Werk von den ELECTRIC BOYS. (Ebi)

 

 

Ebi8,0 8 / 10

Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 45:20 min
Label: Mighty Music/Target Group
Veröffentlichungstermin: 30.04.2021

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