Auch wenn das Jahr gerade erst drei Monate alt ist, habe ich bereits mindestens drei Alben zu lieben gelernt, die das Zeug haben, Platte des Jahres zu sein. Etwas, was meine Theorie bestätigt, dass Künstler in schwierigen Zeiten bessere Kunst erschaffen können. Eines dieser Alben ist das aktuelle Studioalbum von SOEN aus Schweden, die mit ihrem fünften Album alles auf eine Karte setzen wie es scheint.
Wahrlich überraschend kommt das nicht, denn bereits 2019 präsentierte man mit „Lotus“ ein kleines Meisterwerk, dem ich damals bereits mindestens neun Punkte gegeben hätte, wenn ich zu der Zeit die Zeit gefunden hätte, einige Zeilen über das Album zu verlieren.
In 2021 klingt „Imperial“ nun wie der nächste logische Schritt einer Band, die sich längst von ihrem Ruf, nur eine Kopie von OPETH zu sein, emanzipiert hat. Hatten SOEN im direkten Vergleich zwischen „Lykaia“ (2017) und „Lotus“ (2019) an einer konstanten Qualität im Songwriting gearbeitet, bei „Lotus“ konnten im Gegensatz zu den ersten Alben der Band wirklich alle Songs überzeugen, so hat die Band aus Skandinavien nun daran gearbeitet, noch eingängigere und nachvollziehbare Songs zu schreiben, die aber immer noch höchst emotional daher kommen, das ist sozusagen die wichtigste Nachricht.
Natürlich kann man jetzt sagen, dass SOEN auf ihrem aktuellen Album ein Stück weit weg gehen vom progressiven Sound mehr in Richtung Mainstream, aber wenn dabei dann so intensive Songs wie „Illusion“, „Modesty“ und vor allem „Fortune“ herauskommen, das mich von seiner Emotionalität her sogar an ein Stück wie „Believe“ von SAVATAGE denken lässt, dann nehme ich das gerne in Kauf.
SOEN klingen auf diesem Album jedenfalls deutlich weniger nach OPETH, sondern mehr nach neueren KATATONIA, was bedeutet, dass man sich hier voll und ganz auf seine Stärken fokussiert. Das sind zum einen die mitreißenden Songs, zum anderen die angenehm, wohlklingende Stimme von Joel Ekelöf, bei dessen Gesang man auch eine Gänsehaut bekäme, wenn er die Lottozahlen der Woche vorsingen würde. Normalerweise müsste ich Martin Lopez als musikalischen Kopf dieser Band noch lobend hervorheben, aber das brauche ich gar nicht, denn viel eher hat Cody Lee Ford als Gitarrist ein Sonderlob verdient, dessen unaufdringliches Spiel einfach perfekt zu den Songs und der jeweiligen Atmosphäre passt.
Wenn man abschließend auf der Suche ist nach negativen Aspekten an diesem Album, dann kann man vielleicht vorbringen, dass sich manche der Songs recht ähnlich anhören, wodurch es erneut etwas schwierig ist, die einzelnen Songtitel den richtigen Songs zuzuordnen, die Songtitel, die erneut alle nur aus einem Wort bestehen, wirken etwas nach Zufallsprinzip ausgewählt. Andererseits gibt es gerade zwischen den beiden Songs „Antagonist“ und „Modesty“ so etwas wie einen Stilbruch, der erst genannte ist ein wilder Song mit modernen Gitarren und anspruchsvollem, groovigen Drumming von Martin Lopez, der zweit genannte geht eher in die Halbballadenrichtung, mit deutlich stärkeren Akzenten des Keyboards.
Ob „Imperial“ wie eingangs erwähnt tatsächlich mein persönliches Albumhighlight des Jahres sein wird, das werden die nächsten Monate zeigen, ich finde jedenfalls, dass die Band aus Schweden spätestens mit diesem Album mehr Anerkennung verdient hätte. Es gibt aktuell nicht viele Bands, die es schaffen Musik zu schreiben, die intelligent, anspruchsvoll, emotional und eingängig zugleich ist. (Maik)
Bewertung:
9,5 / 10
Anzahl der Songs: 8
Spielzeit: 42:05 min
Label: Silver Lining Music
Veröffentlichungstermin: 29.01.2021