Chez Kane - Chez Kane

chezkane chezkaneVor ein paar Jahren zählten die britischen Melodicrocker KANE´D zu den hoffnungsvollsten Newcomern. Mittlerweile ist es um die Band der drei KANE-Schwestern etwas ruhiger geworden, neues Material nicht in Sicht. Dafür entdeckte Danny Rexon der schwedischen CRAZY LIXX das stimmliche Talent von Chez, welches in ihren vielen Coverversionen auf YouTube zu bewundern ist und wollte es fördern. Dazu schreib er ihr ein Album auf den Leib, spielte große Teile davon ein und produzierte es auch noch. Das hört sich jetzt schon etwas nach typischem Baukastensystem aus dem Frontiers-Lager an. Hat das selbstbetitelte Debüt von CHEZ KANE mehr zu bieten?

Zu Beginn muss man erst einmal eine Warnung aussprechen: Nach der einen Lesart ist das flach, oberflächlich, cheesy, glattpoliert, kitschig, klischeebeladen und aus heutiger Sicht reichlich altbacken. Klar, wer Probleme mit Diabetes hat, macht besser einen großen Bogen um die zuckersüßen Melodielinien. Die typische Dynamik des Melodic Rock nach einem flotteren Auftakt in der Strophe erst einmal das Tempo heraus zu nehmen, wird zigfach durchexerziert. Dazu hört man den Piano - und Orgelklängen auch an, dass sei aus einem Synthesizer stammen und nicht von den Originalinstrumenten.
Man könnte auch spöttisch behaupten der Songschreiber hätte hier lediglich ein paar Ideen weiter verarbeitet, die ihm zu soft für seine Stammformation erschienen, denn die lässt es trotz Genre-Parallelen weit mehr rocken und krachen. Im Opener "Better Than Love" wagt man sich sogar an ein Saxophon-Solo, was ein weiteres Indiz für das tiefe Abgleiten in den Achtziger-Pop ist, wo so etwas zum guten Ton gehörte. Auch wenn das stilistisch nicht immer passte, gerade weil der Jazz damals komplett aus der Populärmusik gedrängt wurde. Das alles riecht sehr verdächtig nach eben jenem aufgesetzten Promotionsgefüge und den Achtzigern.

Was uns jetzt zur anderen Lesart bringt, denn es riecht nicht nur nach Achtzigern, es duftet danach, in all ihren herrlichen Farben, die eben knallbunt ausfallen wie die Arrangements der Platte. "All Of It" wirkt mit den wuchtigen Drums fast schleppend, was aber dem Refrain eine ungeheure Hymnik verleiht, die einen sofort mitskandieren lässt. Das hätte prima in den kalifornischen Sommer 1987 gepasst, dieses sonnige Gemüt fehlt in dunklen Zeiten wie diesen. Noch mehr scheint die Sonne in "Get It On", dessen Strophe von den Drums getrieben ist und immer wieder von einem AEROSMITH-affinen Riff gekontert wird. Das klimpernde Piano und die beschwingte Melodie im Chorus versetzten uns in der Zeit noch um weitere zwanzig Jahre zurück.

Bei dem Thema darf natürlich der Name BON JOVI nicht fehlen, der einen großen Einfluss hinterlassen hat, von dem er heute leider nicht mehr zehrt. Wie in "Too Late For Love" Piano-Staccato über die Riffs gelegt werden kennen wir zu gut von ihm, in der Folge rockt die Nummer allerdings etwas lässiger. Doch nach dem ebenfalls sehr markanten Refrain rückt das Solo wieder näher an die New Jersey-Boys heran. Den Einzug mit ihm ins Stadion gelingt CHEZ KANE bei "Ball N´ Chain", Refrain zu Beginn, Harmonien aus Keyboard und Gitarre, "Nanana"-Chöre und das ein "You Give Love A Bad Name"-Gedächtnisriff. Mit mehr Synthieeinsatz in der Strophe etwas getragener liefert die Britin das, was der Meister nicht mehr zu bringen vermag.

Fehlen darf natürlich nicht die obligatorische Powerballade, da packte ihr Rexon zwei ein. Viel Tasteneinsatz öffnet "Defender Of The Heart" sehr weit, hier kann die Dame ihre stimmliche Dominanz voll ausspielen und rückt an ROBIN BECK heran. Einfach wunderbar wie die herabperlenden Synthesizerspuren ihren Gesang aufsteigen lassen, was wie von Geisterhand auch mit der Faust des Hörers geschieht. Am Ende kann jener das im melancholischen "Dead End Street" noch einmal genießen, das von Leads flankiert wird. Die Strophe indes wird von einem sanften Bass getragen, bevor die Bridge anzieht und sich dann mächtige Chöre erheben. Der Bass hat auch beim flotteren "Die In The Name Of Love" seinen Auftritt und hat diesen Achtzigeraffinen Slap im Spiel, während die Tasten sehr präsent sind und fast im New Wave wildern.

Doch das Debüt kann auch mal zupacken, wie in "Midnight Rendezvous", wo die sechs Saiten auch mal so richtig rauchen und die Drums nach vorne schieben dürfen. Auch hier macht sich das Organ von CHEZ KANE bezahlt, welches auch mal rauer ertönt. In der Nummer erinnert das Ganze am stärksten an die legendären VIXEN und sind wir ehrlich, im Prinzip haben wir hier das beste Album der Füchsinnen seit "Rev It Up" vorliegen. Das alles ist sehr kompetent eingespielt, da sitzt alles, die Arrangements klingen ausgefeilt, in den Soli tobt sich der CRAZY LIXX-Mann aus, die Chöre kommen auf den Punkt und die Produktion ist durchaus zeitgemäß. Als wichtigstes Argument dürfte allerdings der ungeheure Spaß herhalten, der von der Scheibe ausgeht, wenn es wieder wärmer wird und man raus darf, ist sie umso wertvoller. Aber behaltet Euren Zuckerspiegel im Auge. (Pfälzer)

 

Bewertung:

Pfaelzer7,5 7,5 / 10


Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 47:06 min
Label: Frontiers Records
Veröffentlichungstermin: 12.03.2021

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