Vor vier Jahren wurden sie wahlweise als die nächste Hard Rock-Sensation oder gleich die neuen WHITESNAKE gehandelt. Die Truppe um den stimmgewaltigen früheren TRANS SIBERIAN ORCHESTRA-Sänger Nathan James legte mit dem selbstbetitelten Debüt einen Traumstart hin und konnte mit "II" direkt nachlegen. Der Frontmann formte eine coole Truppe mit ebensolcher Musik um sich, die sich auch auf den Bühnen beweisen konnte. Leider kam es bei den Arbeiten zu "Ride To Nowhere" zu Spannungen, der die gesamte Saitenfraktion zu Opfer fiel, mit dem neuen Line-Up gab es nur wenig Liveauftritte. Zwei Jahre später sind INGLORIOUS wieder da und haben "We Will Ride" in den Startlöchern, reiten sie damit wieder etwas die Erfolgsleiter hinauf?
Zugegeben wirkten sich die Probleme die zum Split führten musikalisch auf den Vorgänger aus, sowohl vom Stil als auch von der Qualität. Die war nicht mehr so enorm wie beim Doppelschlag zum Auftakt, irgendetwas fehlte, vielleicht auch das Verständnis untereinander. Wer hinhört wird darauf ein paar Einflüsse von Alternative Rock finden, in der Art wie er eben aus dem bluesbasierten Hard Rock kommend den Grunge beeinflusste. Möglicherweise wollte man da etwas düsterer und rauer zu Werke gehen, das reduzierte Artwork sprach da auch Bände, ein logischer Schritt, den aktuell mehr Künstler zumindest antippen, aber in letzter Konsequenz wollte er nicht so recht zu den Briten passen.
Auf dem nunmehr vierten Dreher kniet lediglich "He Will Provide" tief in den Neunzigern, das etwas chaotische Einstiegsriff trägt Züge von SOUNDGARDEN, die Strophe walzt in ALICE in CHAINS-Schwermut daher. Beim Refrain wird man dann melodischer und kommt dem was diese Formation ausmacht näher, im Mittelteil bringt Bassist Vinnie Colla ein paar interessante Töne ein, die sich gut mit der dort vorhandenen Gangart ergänzen. Eigentlich kann man dem Opener auch noch ein paar Tendenzen in die Richtung nachsagen, das kantige Riff wird aber von einer lässig aufspielenden Rhythmusfraktion aufgefangen. In der Strophe treibt "She Won´t Let You Go" von den Drums getrieben nach vorne, bevor die weite Bridge die Tore für den rockigen Chorus öffnet.
Teilweise geht der bluesgetränkte Sound in psychedelische Welten über, etwa in der Ballade "Eye Of The Storm", wobei hier der Refrain Fahrt aufnimmt und an die Singer/Songwriter-Experimente mancher Hardrocker erinnert. Natürlich ist der ursprünglichste aller Rockstilistiken allgegenwärtig, "Medusa" entführt uns tief ins Delta, die neuen Sechssaiter spendieren ein paar Slides, dann brettert das Ding richtig los, macht kurz beim Soul Halt, um dann im Solo mit Wah-Wah Südstaatenflair zu evozieren. Ebenso melancholisch geht es im von Leads geführten "We Will Meet Again" zu, wobei dessen ungewöhnliche Rhythmik an "Dr. Feelgood" von MOETLEY CRÜE denken lässt.
Eingängiger geht man bei "Do You Like It" zu Werke, das die Gitarren so richtig krachen lässt, dabei noch von der Orgel unterlegt wird. Hier geht es ohne Unterlass direkt durch, die hymnenhaften Melodien krallen sich direkt im Ohr fest. Am stärksten sind INGLORIOUS immer dann, wenn sie diesen unnachahmlichen schweren Swing vom Stapel lassen, dann etwas drosseln, die Arrangements lauern zu lassen, bevor die Nummern richtig durch die Decke gehen. In"My Misery" wird der Signature-Groove vom Piano flankiert und der schleppende Part atmet den Geist des Blues, zu dem James gefühlvoll intoniert. Am Ende gibt es mit dem Titelsong das ganz große Epos, die himmelstürmenden Melodien, bevor die Gitarren wieder alles zermahlen.
Mit "We Will Ride" gelingt die Fortsetzung der Mission, die neuen Saitendehner können sich beweisen, solieren teilweise furios und die Kompositionen wirken schlüssiger. Nach ein paar Wendungen scheint man sich von den Vorbildern freigeschwommen zu haben und hat eine eigene Handschrift etabliert. So könnte die Zukunft des Hard Rock aussehen, welche die Moderne akzeptiert, sich aber nicht diktieren lässt. Nathan James lebt da förmlich auf und lässt sein Organ über allem schweben, seine Stimmgewalt bläst einen schlicht weg. Nur gelingt es dem neuen Produzenten Romesh Gogandoda nicht ganz die Dynamik und das Feeling einzufangen, Mix und Mastering fallen etwas komprimiert aus. Schade, sonst wäre die Scheibe noch eine Spur explosiver gewesen. (Pfälzer)
Bewertung:
7,5 / 10
Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 45:17 min
Label: Frontiers Records
Veröffentlichungstermin: 12.02.2021