Die unermüdlichen Achtziger-Helden gehören zu denen, die das Corona-Virus künstlerisch richtig hart traf. Mit "Fistful Of Fire" hatte man ein richtig gutes Album am Start, die ausgedehnte Tour war gebucht, seitdem wird nur noch verschoben, Also aus der Not eine Tugend machen und weiterarbeiten, was eher im Studio möglich ist. Nachdem sich BONFIRE vor ein paar Jahren orchestral mit ihrem Backkatalog auseinander gesetzt haben, gehen sie jetzt, den umgekehrten und reduzierten Weg. Dabei ist der Titel "Roots" der Akustikscheibe durchaus zweideutig zu sehen, denn die Band besinnt sich auch auf ihre eigenen Wurzeln.
Ich will sagen, sie knöpfen sich ein ganzes Paket Rockklassiker vor, welche sie geschickt in ihre Songs einweben. Dabei spielen sie diese nur ganz kurz an, streckenweise nur ein paar Töne, so dass sie einem im ersten Moment gar nicht auffallen. Witzig ist die Sache allemal, denn immer wieder taucht sattsam bekanntes auf, und ehe man sich fragt, ob es nun wirklich dieses oder jenes Lied war, geht es auch schon mit den eigenen Kompositionen weiter. Ich kann mir vorstellen, dass die Herren beim Einspielen einen tierischen Spaß hatten, auf ihrer Homepage gibt es ja sogar ein Ratespiel dazu, das Ganze wirkt ohnehin recht ungezwungen.
So erhascht man kurz Anflüge von "Black Dog", "Purple Haze", "Black Night", "Paint It Black", "Breaking The Law", "Coast To Coast","Fear Of The Dark, "Stairway To Heaven",die mir jetzt gerade einfallen, was die ganze Bandbreite ihrer Einflüsse offen legt. Gut, "Sweet Home Alabama" hatten sie einst auf "Fuel To The Flames" vollständig gecovert und "Hard On Me" höchst selbst verfasst. Ganz interessant ist das Snippet von "Layla", welches sich stark am Original orientiert, im Gegensatz zur Bearbeitung von ERIC CLAPTON persönlich, dessen ebenfalls populäre Unplugged-Version gänzlich anders angelegt ist.
Und genau hier kommen wir zum Problem der Scheibe, denn die Titel sind nicht wirklich auf ihren Kern reduziert, sondern bleiben stark in ihrer ursprünglichen Fassung verhaftet. Da wird wenig umarrangiert, vor allem das Schlagzeug ist sehr präsent und gibt den rockigeren Stücken immer noch recht viel Drive, was sicher nicht schlecht ist, aber das Thema etwas verfehlt. Immerhin wird die Langrille ja unter dem Banner "Almost Unplugged" beworben, also so eine richtige Entschleunigung durfte man nicht erwarten. In der Tat klingen gerade die Soli manchmal eher nach unverzerrten elektrischen Gitarren denn nach Klampfen.
Ein wenig versucht man die Titel mit Orgelklängen aufzupeppen, was eine angenehme Wärme einbringt, die bleibt aber meist nur Hintergrundbemalung, da wirkt das Piano in "Comin´ Home" deutlich mehr. Präsenter ist da die Stimme von Lydia Pané, der Ehefrau von Gitarrist Frank Pané, die ein paar Mal zum Duett bittet. Ihr kraftvoller, getragener Stil verstärkt aber eher den allgemeinen Eindruck noch mehr, auch wenn sie einen reizvollen Kontrast bietet. Dahingegen versucht Sänger Alexx Stahl den Balladen etwas mehr Gefühl einzuhauchen, was gerade beim Klassiker "You Make Me Feel" gut gelingt, da haucht er ein paar Zeilen schon fast.
Bei der Songauswahl konzentriert man sich erwartungsgemäß auf die ersten drei Erfolgsalben, allen voran "Fire Works". Warum man allerdings eher rhythmische Nummern wie "American Nights" bearbeitet, verstehe ich weniger, gerade der flirrende Touch von atmosphärischen Songs wie "Fantasy" funktioniert da besser. Dann gibt es eine Sammlung von Tracks aus den jüngsten Alben, in denen man kreativ wieder zur Form zurück fand, wobei es sich da meist um Balladen handelt. Zu einigen gab es auch auf den jeweiligen Studiolongplayern stromlose Versionen, dass diese hier wiederum etwas anders ausfallen, zeigt gerade, dass man die Sache ernst nahm.
Ernst genug, um noch ein paar weitere neue Lieder einzuspielen, wie von vielen Fans gewünscht. "Your Love Is Heaven To Me" macht den Anfang und schließt an den Rest von "Roots" an, die zweite Ballade "Our Hearts Don´t Feel The Same" ist schon deutlich elektrifizierter. Beim Rest sprechen dann die Äxte eine klarere Sprache. "Piece Of My Heart" rockt schön nach vorne und hat ein paar "Never Surrender"-Gedächtnisgitarrenquietscher am Start wie auch das anschließende "Young Bloods". Das nimmt nach dem kraftvollen Einstieg erstmal das Tempo raus, steigert sich aber zum Refrain hin wieder. Und "Wolfman" drückt am Ende das Gaspedal noch einmal richtig durch wie auf der letzten regulären Scheibe.
Allerdings können diese Lieder klangtechnisch nicht ganz den Druck von "Fistful Of Fire" aufrecht halten, ein wenig zu stumpf klingen die Gitarren. Das könnte natürlich daran liegen, dass diese unter Pandemie-Bedingungen aufgenommen wurde, kompositorisch können sie durchaus mithalten. Etwas schade, denn gerade der akustische Hauptteil weiß voll zu überzeugen, die Band präsentiert sich gut aufeinander abgestimmt und spielfreudig. Ob das am Ende wirklich jemand braucht weiß ich nicht zu beantworten, aber der Spaß bei Einspielen kommt nicht nur aufgrund der Gimmicks, welche die Aufmerksamkeit hoch halten, rüber und überträgt sich auf den Hörer. Das klingt nicht so staubig wie manch andere Akustikwerke, das erprobte und starke Songmaterial tut sein Übriges. (Pfälzer)
Bewertung:
7 / 10
Anzahl der Songs: 10(CD1) / 14(CD2)
Spielzeit: 44:20 min(CD1) / 60:53(CD2)
Label: AFM Records
Veröffentlichungstermin: 26.02.2021