Voodoo Circle - Locked & Loaded

voodoocircle lockedloadedUnd wieder wurden im VOODOO CIRCLE die Stühle gerückt, dieses Mal aber in die andere Richtung, nämlich rückwärts. Nachdem auf dem letzten Longplayer Herbie Langhans das Mikro schwang, ist Originalsänger David Readman zurück gekehrt. Noch länger draußen war Schlagzeuger Markus Kullmann, der ebenfalls wieder mit von der Partie ist. Er komplettiert das klassische Line-Up, welches das bisher stärkste Werk "Broken Heart Syndrome" eingezimmert hat. Seitdem schifft man in etwas geradlinigeren Gewässern, Mastermind Alex Beyrodt hat den Stratocaster gegen die Les Paul eingetauscht. Was zieht er auf dem sechsten Album "Locked & Loaded" bei der Wahl der Waffen?

Hier hat er sich gar nicht entscheiden können und sucht sich seine Axt je nachdem aus, was der Song verlangt, so wird munter zwischen Gibson und Fender hin und her gewechselt. Bereits auf dem Cover wappnet sich der gute Alex mit einer mittlerweile seltenen Doppelhalsgitarre, um aber dann beim Opener stilistisch dort zu verharren, wo er sich zuletzt aufhielt. "Flesh & Bone" rockt gewaltig nach vorne und bietet genau jenen Stoff, der immer wieder gen "1987" schielt, gemeinsam mit "Children Of The Revolution" wird die neue Scheibe von zwei solchen Stücken eingerahmt. Letzterer lockert das Ganze mit Orgel und schön melodischem Refrain auf, während es beim Arbeitsgerät die Bratpfanne sein darf.

So orientieren sich auch die Soli daran, was John Sykes einst bei "Cold Sweat" von THIN LIZZY definiert hatte. In ähnlichen Gefilden tummelt sich auch noch "Straight For The Heart", der ja vom Titel her fast offensichtlich abkupfert auch wenn die Handschrift des saarländischen Songwriters erkennbar ist. Trotz des "Still Of The Night"-Gedächtnismittelteil dient hier "Slide It In" eher als Querverweis. Noch weiter zurück in der WHITESNAKE-Historie begibt man sich im lässigen "Wasting Time" und genau da wird es interessant, weil man eben im typischen VOODOO CIRCLE-Stil Neuland betritt. So soulig und funkig hat man die Truppe noch nie gehört, aber vor allem Readman steht das gut zu Gesicht.

Da meint man den Einfluss eines anderen Les Paul-Spieler heraus zu hören und in der Tat hatte der Vorgänger schon einen Hauch von Jimmy Page-Anleihen. Doch mit den orientalisch angehauchten Keyboard-Schleiern, schwerem Riff und weiten "AhAh"-Chören lehnt sich "Magic Woman Chile" sehr an "Kashmir" an. Fast glaubt man ein wenig das COVDERDALE/PAGE-Album heraus zu hören, wobei ich nicht gedacht hätte, dass die Scheibe jemals eine Inspiration sein könnte. Man muss klar sagen, dass es in kreativer Hinsicht ebenso enttäuschend war wie "Walking Into Clarksdale" von PAGE/PLANT ein paar Jahre später, auch wenn man eine Idee dessen bekam, wie sich LED ZEPPELIN zu der Zeit angehört hätten.

Wenn wir schon bei der Vorstellung sind, wie sich große Künstler später angehört hätten, so liefert der Titeltrack einen weiteren Beitrag zu dem Thema. Auf dem Stratocaster serviert uns VOODOO CIRCLE das erste Hendrix-Riff seit dem 2011er Referenzwerk. Corvin Bahn, der schon beim Vorgänger die Tasten einspielte setzt da Syntheinschübe dagegen, die eher an die Funk-Auslegung von MOTHER´S FINEST denken lassen. Genau den Groove hätte man sich vom Magier aller Saitenmagier etwa zehn Jahre nach seiner Zeit denken können.
Auch sonst strotzt "Locked & Loaded" nur so von frischen Einfällen, da kommt der ursprüngliche Jam-Charakter, die Spontaneität wieder mehr zum Tragen. Für das soulige "Devil With An Angel Smile" packt Alex Beyrodt sogar die Gretsch aus, auf noch mehr Funk folgt ein furioses Solo. Im Stampfer "Devil´s Cross" pumpt der Bass von Mat Sinner, während die Synths den Schulterschluss zum AOR suchen. Und einen wunderschönen lyrischen Slow Blues wie "This Song Is For You" hätte selbst GARY MOORE nicht besser hinbekommen.

So stark die vielseitige Ausrichtung des Longplayers auch ist, irgendwie fehlen mir die ganz großen Songideen und zündenden Melodien, wie man sie schon von der Band gehört hat. Auch das Klangbild wirkt zu aufgebläht und kontrastiert die Retro-Ausrichtung mehr als sie zu unterstützen. Alles relativ dick produziert, auch schon leicht komprimiert, da wo es eine eher erdige Ausrichtung gebraucht hätte. Was Beyrodt und Sinner auf den ersten Werken an den Reglern geleistet haben, hätte da besser gepasst als die Arbeit von Jacob Hansen. Bei aller Konzentration auf den Retro-Charme geht einfach die Umsetzung etwas flöten, ein Problem, dass schon EUROPE und JOE BONAMASSA bei ihren letzten Alben hatten, weil sei gewohntermaßen klarer und präziser zu Werke gehen. (Pfälzer)

 

Bewertung:

Pfaelzer7,0 7 / 10


Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 52:42 min
Label: AFM Records
Veröffentlichungstermin: 15.01.2021

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