Eine weitere Grindcore-Truppe, die es geschafft hat, die engen Grenzen ihres Spektrums aufzubrechen und genrefremdartige Elemente mit einzubinden, ohne die wahre Natur ihrer Herkunft zu leugnen. Allen voran steht Powerfrau Melanie Mongeon, die immer wieder darin verblüfft, wie viel in ihrer zarten Gestalt steckt.
FUCK THE FACTS haben wie andere kanadische Musiker ihre Muttersprache entdeckt, um sich auch textlich etwas vom Gesamtbild abzuheben. Dabei legen die Nordamerikaner großen Wert auf den Inhalt ihrer Texte, wenn man ihn seltsamerweise nicht verstehen sollte, und drucken diesen netterweise im Infoblatt ab.
Über Sonne und Blumenwiesen sind die Grinder allerdings schon lange hinweg, hier gibt es nur vollkommene Niedertracht, wie der Titel des Albums bereits verrät.
Allerdings hat der Fünfer einmal mehr in die Trickkiste gegriffen bei der Erschaffung von „Pleine Noirceur“. Viele moderne Einflüsse, viele Melodien, mal harmonisch, mal schräg, sorgen für eine gelungene Abwechslung und öffnet dieses Genre auch für die weniger fanatischen Grindcoreanhänger. Somit machen sie auch vor synthetischen und atmosphärischen Klängen nicht halt und experimentieren mit einer gewaltigen Bandbreite an Sounds und Rhythmen. Aber keine Panik, gekreischt und geballert wird noch zur Genüge. Hier steckt viel Liebe zum Detail und viel Leidenschaft in jedem Song, der dennoch den Deckmantel des Grindcores jedes Mal um sich hat. Da trifft es die eigens erwähnte Bezeichnung „Bastardized Grindcore“ schon ziemlich auf den Punkt, anders wäre es wohl auch kaum möglich, innerhalb kurzer Zeit eine derart stattliche Anzahl Alben herauszubringen. Hier darf man keine Scheuklappen aufhaben und kein Prinzipienreiter sein. Wer das alles ermöglichen kann und den Kopf dafür frei hat, der ist mit „Pleine Noirceur“ bestens bedient. Und wer das nicht kann oder will, der muss zumindest anerkennen, dass hier echte Musikprofis am Werk sind.
FUCK THE FACTS sind wie CONVERGE – manchmal weiß man gar nicht mehr, welche Band man da vor sich hat. Allerdings holt einen Melanies Gekeife gleich wieder zurück zu den Fakten, was auch meines Erachtens ein kleiner Schwachpunkt ist. So beeindruckend ihre stimmliche Kondition auch ist, so wirkt diese Penetranz doch recht ermüdend, wenn sie auch wohldosiert verabreicht wird. Aber eine kleine Variation in der Stimme könnte da bestimmt noch einen Schritt nach vorne bedeuten.
„Pleine Noirceur“ ist als Gesamtplatte ein echtes Wunderwerk des Grindcores, der ja doch nach wie vor ein sehr scheues Öffentlichkeitsleben fristet. Aber wer Abwechslung und Variation dort vermisst, dem sei diese Platte wärmstens empfohlen. (Jochen)
Bewertung:
8 / 10
Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 41:46 min
Label: Noise Salvation
Veröffentlichungstermin: 20.11.2020