Seit 2011 sind SMALL TOWN TITANS sind ein amerikanisches Rock ‘N‘ Roll Trio, die aus York, Pennsylvania stammen und hier in Europa noch lange nicht so bekannt sind, wie in ihrer Heimat. Doch warum ich sie so bewundernswert finde und euch vorstellen möchte, das möchte ich euch nun erklären. Normalerweise veröffentlichen Bands alle zwei Jahre 10 Songs auf einem Album und gehen danach auf Tour – bei SMALL TOWN TITANS sieht das anders aus. Sie nehmen ihre Karriere in die eigene Hand, da die Leidenschaft für Musik in ihnen lodert. Sie sind keine typische Band, die sich von ihrem Label sagen lassen muss, was sie zu spielen haben. In ihrer Musik, als auch in ihrer Kreativität sind sie frei und folgen nicht den traditionellen Regeln der Musikindustrie. Ihre Lieder weisen lange Solos auf, die man sich von manchem Künstler heute nur so wünschen würde. Und ihre Musikvideos, die von Ben Guiles, dem Gitarristen, als auch von Josh Nesmith, ihrem „vierten“ Mitglied, produziert sind, strotzen vor eigenen Ideen und kreativen Köpfen. All diese Freiheiten lassen die Band hervorstechen und markant werden.
Musikalisch sind sie von SHINEDOWN, ROYAL BLOOD, FOO FIGHTERS, AUIOSLAVE und DEEP PURPLE geprägt. Dabei ist es verblüffend wie sie all diese Merkmale in ihrer Musik umsetzen und dabei ihren eignen Stil nicht verlieren.
Im November 2018 hatten sie ihren großen Durchbruch. mit Über 4,3 Millionen Aufrufen auf YouTube konnte sich das Trio mit dem Weihnachtscover „You’re A Mean One Mr. Grinch“ in die Herzen der Fans spielen. Für viele Fans wurde das sicherlich einer der Platz 1 Hits während der Weihnachtszeit. 2020 sollte das Jahr werden, in dem sie ihr neues Album „The Ride“ veröffentlichen. Da passt der Albumname wie die Faust aufs Auge, denn die Produktion war wortwörtlich ein „Ritt“. Doch sie haben es geschafft und SMALL TOWN TITANS konnten ihr Album am 13.11.2020 veröffentlichen. In meinem Interview mit Phil Freeman, dem Sänger der Band, erzählte er mir ausführlich, wie lange sie mit der Produktion gebraucht haben und welche Hürden sie aufgrund von Covid-19 zu überwinden hatten.
Starten wir mit dem Opener „Rufflin‘ Feathers“. Die Band beschäftigt sich viel mit Social Media, um mit ihren Fans in Kontakt zu bleiben und Neuigkeiten zu veröffentlichen. Dabei fallen einem zwangsläufig laute und aggressive Stimmen auf, die in dem Zirkus von Social Media herrschen. Und aus diesem Grund hat die Band sich mit diesem Thema auseinandergesetzt, um ihre Stimme gegen diese aggressiven und anstrengenden Stimmen zu erheben. Musikalisch haben sie es ihren Emotionen gleichgesetzt. Mit einem aggressiven und lauten Schrei von Phil packt es den Hörer und wirft ihn mitten ins Geschehen. Ummantelt wird Phil von metallischen und schreienden Riffs, die keine Chance zum Loslassen bieten. Hier reicht nur zu sagen: „Volume up und mit grölen!“
Dagegen bietet „Let Me Breathe“ eine musikalische Änderung, denn es erinnert an SHINEDOWN. Die ersten Töne haben mich mit solch einer sanften und melodischen Melodie der Gitarre Empfangen, in der ich mich sofort wohl gefühlt habe. Dabei gibt Phil den wahren emotionalen Zustand des Liedes wieder. Mit seinen stimmlichen Höhen und Tiefen, als auch mit seiner weichen und rauen Stimme setzt er viele Akzente, um das Chaos der Gefühle widerzuspiegeln. „And I hope to God that this saves you too; Cause we all have shadows in our minds; And all they want is everything and all we have is time; And all that we can try to do is lead them to the light;”. Nicht zu vergessen sind Ben und Jonny, die ihn mit Background Vocals unterstützen. Wie immer harmoniert alles zusammen, sodass ein homogenes Stück entsteht, dem man sich nicht entziehen kann. So kam mir der Gedanke, dass es ebenso einer der ruhigeren Lieder von SHINEDOWN sein könnte.
Ähnlichkeiten bietet „9 To 5“. Auch hier lullt mich der bluesige, Country Sound ein und lädt mich direkt dazu ein mich zu entspannen und den Alltag zu vergessen. Doch es verbirgt sich so viel mehr hinter dem „9 To 5“ als man denkt. Es geht um einen stressigen Alltag, aus dem man manchmal flüchten möchte, um zu entspannen. „So pardon me Mr Officer I got a little question for you; Why can’t we drink just to get drunk; Why can’t we smoke just to get high; Motivated by a 9 to 5 life”. Anfangs wirkte es noch ironisch auf mich diese Sätze so leicht daher zu sagen, doch je mehr ich darüber nachgedacht habe, desto mehr wuchs mit der Song ans Herz. Vor allem wird der Song gegen Ende noch Mundharmonika abgerundet, der das Feeling vollkommen werden lässt.
Für den folgenden Track wollten uns SMALL TOWN TITANS in eine kleine, rauchige Bar ausführen, in der jedes Wochenende Blues Bands spielen. In diesem Venue wird uns der ebenso bluesige und anziehende Track „Sex and Candy“ vorgestellt. Und wie bereits vorhin gesagt, die Band hat viele Freiheiten und bietet Solos, die man sich heute von Rock Bands wünscht. Et voilà, die Jungs bieten ein episches Gitarrensolo, dem man Gänsehaut zuschreiben kann!
Dagegen bietet „When It All Comes Down“ ein krasser Unterschied. Eben schwebt man noch in einer süffisanten Blueswolke und im nächsten Moment wird diese ohne Vorwarnung plötzlich zerstört wird - der Metal bricht über unseren Kopf herein. Mein erster Gedanke war die Ungewöhnlichkeit des Tracks, denn bisher gab es nur sehr selten einen Einblick in das Genre des Metals. Deshalb habe ich im Interview Phil gefragt, weshalb sich die Band dafür entschieden hat.
Wer bereits beim Opener dachte, dass Phil eine gewaltige und dominante Stimme haben kann, der sollte hier nochmal rein hören. Am Anfang verkörpert Phil die pure Aggression, die sich jedoch nach kurzer Zeit zu legen scheint. Immer wieder wechselt die Band zwischen Metal und Rock, doch es gibt immer klare Übergänge von den Background Vocals der anderen Mitglieder oder von Phil, der am screamen ist. Genau das fasziniert mich so. Der Einfluss der FOO FIGHTERS ist zu hören, jedoch setzen sie eine Schippe drauf und behalten ihren Stil. Aber Obacht, es folgt mehr als nur ein Wechsel der Genres! Der Track nimmt eine Stimmung ein, die ich wirklich nicht erwartet hätte. Phil bringt einen Scream zustande, den man bisher noch nie bei SMALL TOWN TITANS gehört hat. In Kombination folgt die aufheulende Gitarre, die man sonst so gut von SEVENDUST kennt. Hut ab für diesen knalligen Hit!
Zum Abschluss darf natürlich der längste Song des Albums nicht fehlen - „The Ride“. Bereits seit der High School hatte Ben den markanten Riff, der sich in aller Köpfe festbeißt. Phil schrieb nach einem FOO FIGHTERS Konzert zehn Lieder, aus denen er teilweise Passagen entnahm, um „The Ride“ zu schreiben. Für ihn war der Songs am Anfang ein Ventil, um sich seine Gefühle klarzuwerden und seinen inneren Dämon zu bekämpfen. Dabei geschah dies alles noch lange vor der Pandemie. Phil erzählte mir, dass die Mutter von Jonny zur Zeit der Pandemie an einer bakteriellen Infektion erkrankte und ihm der Song durch die Zeit helfen konnte. Somit kann der Song für jeden eine individuelle Bedeutung haben, jedoch hat er eine aktuelle Bedeutung, wenn man ihn auf die gegenwärtige Situation bezieht. Und ich denke, jeder der nach neuer Kraft sucht, der wird sie hier finden und sich mitnehmen lassen. Denn es ist nicht nur ein Song von einer Länge von über acht Minuten hat, es ist eine Hymne. Daher möchte ich gar nicht aufs musikalische Detail eingehen, denn die acht Minuten muss man sich zurücklehnen und sich mittragen lassen.
Die letzten Minuten von „The Ride“ neigen sich dem Ende und ich bin versucht ein weiteres Mal, nachdem ich aufgehört habe zu zählen, auf „wiederholen“ zu drücken. Ich lasse es ausklingen und stelle fest, dass das Album musikalisch, textlich, emotional als auch kreativ eine Fahrt durch viele verschiedene Ebene war. Es bietet durch und durch Abwechslung, wodurch der Hörer in jedem Song aufmerksam dabei ist. Wenn der Tag mal wieder viel zu laut war, der wird hier genügend Lieder finden, um die Lautstäre aufzudrehen und sich mitreißen zu lassen. Wer sich nach einem harten Tag nur noch zurücklehnen möchte, der findet ebenso genügend Lieder, um die Augen zu schließen und abzutauchen. Musikalisch bedient die Band so viele musikalische Einflüsse, dass für jeden etwas dabei ist, der sich mit Rock ‘N‘ Roll, Metal, Blues, als auch Pop beschäftigt. Allerdings zeigen sie auch ausdrücklich ihre Freiheit in ihren instrumentalen Parts, die aus kreativen Köpfen entsteht. Da dürfen sie für meinen Geschmack auch gerne längere und mehrere Gitarrensolos einbauen. Auch der Einfluss der Mundharmonika hat mir bei „9 To 5“ besonders gut gefallen. Sie zeigen, dass sie mit einem breiteren Spektrum arbeiten können, jedoch dürfen sie da mutiger sein. Verstecken müssen sie sich wirklich schon lange nicht mehr. In diesem Sinne: „So you might as well catch the wave and take the ride”!
Bewertung:
9,5 / 10
Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 46:42
Label: AntiFragile Music
Veröffentlichungstermin: 13.11.2020