Die Produktivsten waren die Bay Area-Thrasher sicherlich nie, zwischen ihrem Debüt "Breaking The Silence" und dem Zweitwerk "Victims Of Deception" lagen schon vier Jahre, damals eine Ewigkeit. In den nächsten fast zwanzig Jahren wurde nur die Compilation "Recovered" nachgeschoben, bevor es 2010 mit "The Evolution Of Chaos" den dritten Schlag setzte. Doch die Verpflichtungen der beiden Sechssaiter bei EXODUS verhinderten ein schnelles Nachwaschen, und so ging wieder eine ganze Dekade ins Land. Da Lee Altus bei der Zweitband noch stärker eingespannt ist, wurde das Material fast ausschließlich von Kragen Lum komponiert. Zudem mussten HEATHEN auch wieder eine komplett neue Rhythmusfraktion rekrutieren, die nun auf "Empire Of The Blind" zu hören ist.
So viele Veränderungen wirken sich natürlich auch auf das Album aus, stilistisch war man ja bei jedem Werk in eine andere Ecke tendiert. Das Intro "This Rotting Sphere", welches auch den Ausgangspunkt für das Outro "Monument To Ruin" vorgibt lässt sich typisch für die Truppe an. Solche Gitarrenflächen und Akustikeinsätze lieferte sie schon öfter und auch die Steigerung zu "The Blight" ist glasklares Metalfutter. Jener angesprochene Titel haut einem eine ordentliche Geschwindigkeit um die Ohren, wobei die Veränderungen sich umgehend zeigen. Anno 2020 agieren die Herren nicht mehr so klar und prägnant, sondern legen mehr Wert auf Groove und einen organischeren Klang ohne den tief pumpenden Bass, für den sich Chris "Zeuss" Harris verantwortlich zeichnet.
Geblieben ist vor allem der Melodienreichtum, vielmehr wurde der sogar ausgebaut und reicht nicht nur mehr auf die Refrains, sondern ist schon in den Strophen zu spüren. Da macht der eigentliche Opener keine Ausnahme, auch wenn er vom Riffing her etwas an EXODUS erinnert. In dieselbe Kerbe schlägt auch "Blood To Be Let", welches ebenso schnell gezockt ist und die Melodien auf den Groove prallen lässt. Vom Ansatz her interessant fällt "Dead And Gone" aus, in dessen Strophe der Gesang von David White fast alleine steht, was ein wenig Assoziationen an ANTHRAX zur John Bush-Phase weckt. Sehr schwerfällig schiebt sich "Devour" mit seinen düsteren Leads heran, der Groove wiegt einige Zentner und die abgestoppten Riffs im Chorus unterstreichen den zeitgemäßen Anspruch.
Dahingegen ist der Titeltrack traditionell ausgefallen, die Riffs könnten zu Beginn klassischer nicht sein, bevor sie sich zum Stampftakt aufmachen. Der Refrain ist dann überraschend getragen ausgefallen, und in den Leads doppeln sich Altus und Lum sehr fein. Eher knarzig tönen diese beim Einstieg von "Sun In My Hand", bevor ein mächtiges Staccato losbricht, welche wiederum von melodisch weiten Shouts abgelöst werden. Die reinrassigste Thrash-Keule setzt es mit "In Black", in welchem auch der neue Schlagwerker Jim DeMaria Akzente setzen kann. Das treibt so richtig nach vorne die rechte Hand von Lum brettert in bester Achtziger-Manier über die Saiten, dass es sofort ins Genick geht.
Auf "Empire Of The Blind" halten sich neue und gewohnte Momente die Waage, die Handschrift von Lum wird deutlich im Vergleich zum früheren Material. Selbst wenn es hier an Abwechslung nicht mangelt, so besaß man auf "The Evolution Of Chaos" mehr Mut und versuchte ein paar progressive Ideen. Ebenso ist die Spielzeit der Songs deutlich kürzer, Epen wie "Silent Nothingness" und "No Stone Unturned" sucht man hier vergebens.
Die Ballade "Shrine Of Apathy" kommt gegenüber "A Hero´s Welcome" konventioneller, weiß aber mit ihrem melancholischen Ansatz zu gefallen. Und beim Instrumental "A Fine Red Mist" dürfen nicht nur die beiden Stammgitarristen zeigen, was sie drauf haben, sondern auch ein paar Freunde und ehemalige Mitglieder wie Doug Piercy und Rick Hunolt, die sich die Soli um die Ohren ballern. HEATHEN haben ihren Ruf erneut mit einem starken Longplayer untermauern können, wenn sie es doch nur öfter täten. (Pfaelzer)
Bewertung:
7,5 / 10
Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 47:46 min
Label: Nuclear Blast
Veröffentlichungstermin: 18.09.2020