Brunhilde - Choir Boy (EP)

brunhilde choirboyEs kommt inzwischen äußerst selten vor, dass Bands aufwendig gestaltete Pressemappen verschicken. Von daher war ich beim Eintreffen der Mappe von BRUNHILDE zunächst einmal positiv überrascht. Optisch sah das alles schon einmal sehr gut aus und auch mit dem Inhalt, der aus CD, Sticker und Poster besteht, hätte ich jetzt so nicht unbedingt gerechnet. Also alles super?

Hm, die Antwort lautet hier eindeutig „Jein“. Liest man sich nämlich den beigefügten Promo-Zettel durch, dann ist man gelinde gesagt erst einmal verwirrt. Das liegt hier allerdings nicht am gewöhnungsbedürftigen Bandnamen, der, interpretiert man Brunhilde als starke und selbstbewusste Frau durchaus Sinn ergibt, sondern an der Tatsache, dass BRUNHILDE hier als Newcomer dargestellt werden und „Choir Boy“ als Debüt-EP bezeichnet wird.

Newcomer? Debüt? Hab ich was verpasst? Das waren die Gedanken des Verfassers dieser Zeilen, nachdem er den Promo-Zettel gelesen hatte. Ich verfolge die Karriere der Franken seit den Anfangstagen und um Newcomer handelt es sich hier keinesfalls. Denn eigentlich machen Caro Loy (Gesang) und Kurt Bauereiß schon seit geraumer Zeit gemeinsam Musik und haben mit „Dollhouse“ (2015) und „Behind My Mind“ (2017) bereits zwei komplette Alben veröffentlicht, welche ich auch beide für dieses Magazin besprochen habe.

Okay, seit 2017 sind 3 Jahre vergangen, aber warum unterschlägt man plötzlich die musikalische Vergangenheit der Gruppe? Irgendwie musste ich Licht ins Dunkel bringen. Also schrieb ich BRUNHILDE einfach bei Facebook an und erhielt auch recht schnell eine absolut einleuchtende Erklärung.

BRUNHILDE 2020 haben mit BRUNHILDE 2015 sowohl personell als auch musikalisch nichts mehr zu tun. Klar, mit Loy und Bauereiß sind die Hauptprotagonisten immer noch vertreten, sonst ist hier aber mittlerweile alles anders. Mit Charlie Bauerfeind (BLIND GUARDIAN, HELLOWEEN) war ein namhafter Produzent für die Produktion von „Choir Boy“ verantwortlich. Im Studio erhielt man außerdem Unterstützung von Oliver Holzwarth (u.a. Session Bassist bei BLIND GUARDIAN) und VAN CANTO – Schlagzeuger Bastian Emig.

Wer sich die 4 Songs der EP anhört, der stellt schnell fest, dass die heutigen BRUNHILDE mit den bisherigen wirklich nichts mehr zu tun haben. Das beginnt schon beim Sound. Während man auf den beiden Alben eher im Hard Rock unterwegs war, klingt der Titelsong gewaltig nach GUANO APES und der Gesang von Caro erinnert hier nicht nur dezent an Sandra Nasic.

Schlecht ist das nicht, wird aber meiner Meinung dem stimmlichen Potenzial von Caro absolut nicht gerecht. Beim folgenden „When You Were Born (I Was Already Dead)” funktioniert das deutlich besser. Stellt man sich die SUICIDAL TENDENCIES mit einer Frau am Mikro vor, bekommt man eine recht exakte Vorstellung, wie die Nummer klingt. Die Übernummer der EP kommt allerdings noch. Diese hört auf den Namen „It’s All Lies“ und ist mit Loys Gesang zu Piano und Streichern extrem minimalistisch gehalten. Hier zeigt die Sängerin, was wirklich in ihr steckt und überzeugt auf ganzer Linie. Das Stück würde so auch auf ein Album von KATIE MELUA passen und wäre wohl auch dort das Highlight. Extrem starke Leistung. Auch die Neueinspielung von „Golddigger“ funktioniert prächtig und der Song hat nun endlich die Power, die er verdient.

Ob die Fans den neuen Weg der Band bedingungslos mitgehen bleibt abzuwarten. Den Neustart kann man als durchaus gelungen bezeichnen, auch wenn man mittlerweile eher von BRUNHILDE 2.0 sprechen muss. So gesehen, macht das mit der angeblichen „Debüt-EP“ dann auch irgendwie durchaus Sinn. Auch wenn die selbstgewählte Kategorisierung als „Metal-Punk“ hier nicht wirklich zutrifft. (Matthias)

Bewertung:

Matthias8,0 8 / 10

Anzahl der Songs: 4
Spielzeit: 14:00 min
Label: Eigenproduktion
Veröffentlichungstermin: 26.06.2020

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