Es war eine Feuertaufe für mich. Der Bandname sagte mir im entferntesten etwas, mehr wusste ich aber mit HATHORS nicht anzufangen. Doch der nette Promoter meines Vertrauens legte mir diese Truppe ans Herz, also nahm ich die Herausforderung an. Und ich sollte es keine Sekunde bereuen. Hier gibt es nur eine Schublade zu vergeben: gute Musik.
Beim ersten Durchlauf fiel es mir noch schwer, dem Album „Grief, Roses And Gasoline“ etwas abzugewinnen. Wild, gut gelaunt, basslastige Mucke, wenig Verzerrung auf der Klampfe, Reibeisenstimme. Ob das noch was wird...doch mit jedem neuen Durchlauf brannten sich die CD mehr und mehr in meinen Player und die Songs in meinen Schädel. Mittlerweile begleitet die Platte den Teil meines Lebensabschnitts während der Quarantäne, von der auch HATHORS voll erwischt wurden. Vervielfältigung und Präsentation fielen den Einschränkungen wegen der Pandemie zum Opfer, verschoben sich oder wurden gänzlich gestrichen.
Auch wenn „Grief, Roses And Gasoline“ nicht das Debüt der Schweizer ist, hört und fühlt es sich aber nach Umbesetzung um Gitarrist und Frontmann Marc Bouffé so an. Mit der neuen Rhythmusgruppe wurde ebenso musikalisch neu verlegt, wenn auch auf altem Wurzelwerk aufgezogen.
HATHORS können wirklich alles. Endlich kann man mal eine Bandinfo komplett Wort für Wort unterschreiben. Bei aller Eigenständigkeit bedient das Trio jeden Freund von Rockmusik. Nach dem gut gelaunten Ohrwurmopener kommt schon eine leichte Brise FOO FIGHTERS auf. Dann geht es hüfttief mit DANKO JONES weiter und danach mit Grunge-Attitüden à la NIRVANA. „Rock This Town“ hat den Charme eines SPIDERGAWD-Songs, während es ZEKE-like vorangeht, und zwar immer nach vorne, dreckig und rotzig, auch mal mit Orgeleinspielungen, damit der Unterhaltungsfaktor nur ja nicht abreißt.
Die positiven Vibes brechen allerdings abrupt bei „Revolver“ ab. Meine Güte, was für ein Übersong, der mir beim Schreiben schon wieder einen Knoten in den Hals macht. Er handelt von einem Thema, das in unserer Gesellschaft trotz aller Präsenz gerne mal ausgeklammert oder gar verteufelt wird – Selbstmord. HATHORS gehen das Thema derart packend und emotional an, dass man sich direkt in den Täter hineinversetzen kann. Dabei klingt diese finale Lösung oder auch Erlösung derart befreiend und nahezu wunderschön, dass man nur denken kann „Es ist vorbei, jetzt geht es endlich besser“, wenn auch mit Tränen in den Augen. Bouffés Stimme schwebt über all dem und bohrt sich in Deinen ganzen Körper, der vor Apathie und Überwältigung erbebt.
Der Schluss kann mit „Apathy“ aber wieder vertrösten und nimmt die positive Grundstimmung erneut auf. So geht eine Neuerfahrung zu Ende und hinterlässt ein großes Staunen.
Gerade durch den variablen Gesang durchläuft man auf „Grief, Roses And Gasoline“ eine wahre Berg- und Talfahrt der Gefühle, die dieses Album so hörenswert macht. Letztendlich ist es zwar Geschmackssache, aber für meinen Teil haben mir HATHORS mein Album 2020 schon vorgestellt. Wenn auch nicht jeder Song gleich zündet, so sollte man doch mehrmals hinhören, ich kann mich nur wiederholen und dieses Album dringend empfehlen. Danke Arne! (Jochen)
Bewertung:
8,5 / 10
Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 37:02 min
Label: Noisolution Records
Veröffentlichungstermin: 22.05.2020