Wenn die DEAD DAISIES rufen muß ich folgen, ich kann nicht anders. Und da auch noch BEASTO BLANCO als Special Guest angekündigt wurden, gab es endgültig kein Halten mehr. Also auf in die Rockcity Frankfurt und eine neue Konzert-Location testen.
Allerdings stellt sich der Gibson Club, eine Kellerdiskothek auf der Zeil, als sehr merkwürdige Wahl heraus. Endlose verwinkelte Gänge führen den Besucher in den Untergrund. Dort stellt man fest, dass die ohnehin relativ kleine Tanzfläche zudem von Sitzbänken mit hohen Rückenlehnen eingefasst ist, die sogar unmittelbar vor der Bühne quer durch den Zuschauerraum verlaufen und so nur an wenigen Stellen einen Zugang bieten. Das führt überall zu endlosem Gedränge, zumal man von den seitlichen Gewölben aus kaum einmal einen freien Blick auf die Bühne hat. Das Ganze stellt sich als völlig Hard Rock untauglich heraus und die typische ausgelassene DAISIES-Stimmung will im Laufe des Abends nicht immer aufkommen. Warum gerade dieser Club statt einer der vielen tollen Frankfurter Konzert-Locations gewählt wurde bleibt da wohl für immer ein Geheimnis.
Mike Tramp’s White Lion
Der Abend startet mit MIKE TRAMP‘S WHITE LION. Die waren ein fester Bestandteil der 80er Jahre Glam Rock Szene ehe sie 1991 in der Versenkung verschwanden. In den folgenden Jahrzehnten gab es immer wieder Versuche die Band zu reaktivieren. So wundert es nicht, dass MIKE TRAMP nun nach fast 16 Jahren einen neuen Anlauf nimmt Shows ausschließlich mit WHITE LION Songs zu spielen. Im Gibson Club gespannt erwartet von einer größeren Anzahl Fans als sonst bei Supportbands üblich.
Dann die Überraschung, obwohl keine Akustikshow angekündigt war und sogar ein Schlagzeug bereitsteht, spielen nur Mike Tramp und sein neuer Gitarrist Marcus Nand live, der Rest kommt vom Band. Die Fans hält das nicht davon ab Hits wie „Light Fighter“, „Wait“ und natürlich „When The Children Cry“ ordentlich abzufeiern. Ein engagierter, aber trotzdem gewöhnungsbedürftiger Auftritt der beiden Musiker, der bei mir aber nicht recht zünden will.
Scheinbar wird es zu einem Markenzeichen der DAISIES auch skurrilen Gästen ein Podium im Vorprogramm zu bieten. Wer bereits bei der letzten Tour den merkwürdigen Auftritt von QUIREBOYS Frontmann SPIKE gesehen hat, weiß was ich meine.
Setlist Mike Tramp
Living on the Edge
Broken Heart
Little Fighter
Tell Me
When the Children Cry
Wait
Beasto Blanco
Auch skurril, aber völlig andere Liga: Als nächstes stehen BEASTO BLANCO auf der Bühne. Und von der ersten Minute an rocken die Mannen um ALICE COOPERs Bassist Chuck Garric als gäbe es kein Morgen mehr. Der absolute Hingucker ist dabei des Altmeisters Tochter Calico Cooper, die im schrillen Outfit und pink/blauen Dreadlocks hexengleich über die Bühne fegt. Da haben es ihre Mitstreiter nicht immer leicht mit ihr, kommen doch allerlei Keulen und sonstige obskure Fantasiewaffen zum Einsatz.
Chuck Garrics cooles Auftreten stellt bei den Shows von ALICE COOPER den Gegenpol zu den drei wirbelnden Gitarristen dar. Bei seiner eigenen Truppe ist er für den tiefen kehligen Gesang zuständig und übernimmt zudem den Part des energiegeladenen Rhythmusgitarristen. Heraus kommen eine großartige Bühnenshow und mitreißende Songs wie „Grind“ oder „Nobody Move“. Und natürlich darf auch heute das Cover von „Feed My Frankenstein“ nicht fehlen.
„Hell yeah!“ Dieser irre Auftritt ist der Hammer und leider nach einer knappen Stunde zu Ende! Danach stellt sich unweigerlich die Frage wie die DAISIES diese Herausforderung wohl annehmen und toppen wollen.
Setlist Beasto Blanco
Run for Your Life
Freak
Grind
Nobody Move
Feed My Frankenstein (Alice Cooper Cover)
Machine Girl
Honey
Lowlands
Blind Drive
Breakdown
The Dead Daisies
Nach erstaunlich kurzer Umbaupause ist alles bereit für die Headliner. Und mit viel Power geht es los. Schon mit dem Opener „Light 'Em Up” vom gleichnamigen neuen Album und „Rise Up“ steht das Kellergewölbe in Flammen und das trotz der brachialen Klimaanlage, die besonders in den hinteren Reihen für Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt sorgt.
Bereits zu diesem Zeitpunkt zeigt sich, dass es eine kluge Wahl war den ehemaligen WHITESNAKE Mitstreiter Reb Beach als Ersatzmann für den schwer erkrankten Doug Aldrich zu verpflichten. Zwar deutlich introvertierter als Doug pflegt Reb Beach doch einen ganz ähnlich talentierten Rocksound. Es ist offensichtlich, dass er sich in der Truppe wohlfühlt, er wirkt nie wie ein Fremdkörper, der Spaß ist ihm deutlich anzusehen. Bemerkenswert ist auch der Support seiner Kollegen. Selbst der sonst eher unauffällige David Lowy ist oft im Duett mit Reb auf einer Bühnenseite zu sehen.
Apropos Ersatzmann. Nicht ganz überraschend hat sich auch 2024 das Besetzungskarussell gedreht, oder sollte man es mittlerweile Rückkehrerrad nennen? Denn nachdem die zweite Amtszeit von Schlagzeuger Brian Tichy im Frühjahr etwas überraschend beendet wurde, übernahm dessen Vorgänger Tommy Clufetos erneut die Drums. Und genau wie Reb Beach legt dieser eine großartige Perfomance hin.
Das ist vielleicht die ganz besondere Stärke dieser Band. Bei all den Personalwechseln wirkt es immer, als stünde eine Einheit auf der Bühne, die große Freude am gemeinsamen Rocken hat und diese auf das Publikum überträgt.
Das Zentrum des DAISIES Universums ist aber John Corabi. Seine extravagante Präsenz des Rocker-Clochards, seine gesanglichen Qualitäten machen ihn derzeit zu einem der Besten seiner Zunft. Er zieht die Blicke auf sich und dirigiert das Publikum mit sympathischer Leichtigkeit. Ein toller Entertainer, der mich immer wieder aufs Neue begeistert. Man kann nur hoffen, dass er noch lange Lust auf seine „I Wanna Be Your Bitch“ Attitüde hat.
Zu den Gutelaune-Höhepunkten einer jeden DEAD DAISIES Show gehört die Bandvorstellung, auch heute garniert mit humorigen Zoten und angespielten und lautstark mitgesungenen Rockklassikern. Im letzten Drittel des Auftritts überwiegen dann perfekt dargebotene Coverversionen beispielsweise von Alex Harvey, den Beatles, oder meinem Favoriten, dem CCR-Klassiker „Fortunate Son“. Nach „Mexico“ und „Midnight Moses“ gönnt sich die Band die wohlverdiente kurze Pause.
Der Zugabenteil endet dann mit dem wie immer sehr stimmungsvollen „Helter Skelter“ und beschließt einen starken Konzertabend, der von den stilistischen Unterschieden zweier großartiger Bands ganz besonders befeuert wurde. Einzig die Location trübte das Erlebnis doch sehr.
Setlist DEAD DAISIES
Light 'Em Up
Rise Up
Dead and Gone
Make Some Noise
I Wanna Be Your Bitch
Unspoken
Bustle and Flow
Lock 'n' Load
I'm Gonna Ride
Born to Fly
Take a Long Line
Dirty Deeds Done Dirt Cheap / Seven Nation Army / Children of the Grave / Living After Midnight / Join Together (Band Introduction)
I'm Ready
Fortunate Son
Mexico
Midnight Moses
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Long Way to Go
Helter Skelter
(Frank)
The Dead Daisies + Beasto Blanco + Mike Tramp’s White Lion (Fotos: Frank)