Rival Sons + Howlin Jaws (26.06.2024, Luxemburg)

Heiß, heißer, RIVAL SONS. Die Hitze steht und das Atelier in Luxemburg ist bereits über den Tag verteilt gut aufgeheizt. Ich erinnere mich gut und gerne an meinen letzten Besuch zu THE HIVES im Oktober 2023 zurück, und auch dort heizte nicht nur die Band dem Atelier ordentlich ein. Die Vorzeichen für eine heiße Show sind also perfekt, was noch niemand zu dem Zeitpunkt ahnen kann. Jegliche Vorstellungen werden sogar weit übertroffen und die RIVAL SONS festigen einmal mehr ihren Stand als “die Band” der Stunde.

HOWLIN JAWS

Doch bevor wir den Blick gen RIVAL SONS richten, beginnt pünktlich um 20 Uhr die Band HOWLIN’ JAWS. Die Franzosen sind ein Rundum-60s-Sorglos-Paket, was sowohl den Look als auch den musikalischen Output der Band betrifft. Mit dem 2023er Album “Half Asleep Half Awake” im Nacken präsentiert die Band in ihren 30 Minuten Spielzeit ihren traditionellen Rock, der durch und durch die 60er atmet auf den Punkt.

Das wirklich Schöne daran ist jedoch, dass die Band sehr authentisch wirkt und nicht den Eindruck hinterlässt, als wären sie Schauspieler und alles reines Marketing. Die Band kommt gut beim Publikum an und hat sichtlich Spaß. Das Atelier ist bereits gut gefüllt und die Temperaturen steigen und steigen. Bei “Healer” fühle ich mich leicht an “Nut Bush City Limits” erinnert, gerade weil der Song live noch eine Kante schneller und druckvoller gespielt wird.

Das Trio bestehend aus Djivan Abkarian (Bass, Gesang), Lucas Humbert (Gitarre) und Baptiste Leon (Schlagzeug) überzeugt mich auf Anhieb, und auch wenn ich nicht unbedingt der größte Fan des Stils bin, bin ich begeistert und beobachte staunend, was auf der Bühne vor sich geht. Gerade Gitarrist Lucas hat sichtlich viel Spaß und ist durchgehend in Bewegung. Das ständige Grinsen von Djivan spricht ebenfalls Bände und Baptiste wirkt am Schlagzeug wie der Ruhepol der Band, der sich durch nichts nervös machen lässt.

Zusammen schaffen die drei etwas, was man in der heutigen Zeit häufig vergebens sucht: Authentischer Rock, der in den Sechzigern in der Form vermutlich schon lange durch die Decke gegangen wäre. Bleibt zu hoffen, dass der Band der Durchbruch gelingt, denn hier passt wirklich alles zusammen. Der Gitarreneffekt für den krönenden Abschluss klingt unfassbar, und im Anschluss kann man noch einmal kurz verschnaufen, bevor es hitzig mit dem Haupt-Act weitergeht.

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RIVAL SONS

Pünktlich um 21 Uhr ist es dann soweit und zu den mystischen Klängen von “Mirrors” aus dem Album “Darkfighter” begibt sich die Band aus Kalifornien auf die Bretter. Für mich umgibt die RIVAL SONS stets eine gewisse Aura, die ich bei anderen Bands häufig nicht wahrnehmen kann. Das liegt nicht nur an Jay Buchanan und seiner speziellen Art, sondern auch am Gesamtbild. Ob nun Scott Holiday, der wie immer lässig ausfallend daher kommt, der sympathische, stets freundlich lächelnde Schlagzeuger Michael Miley oder der leicht grimmig wirkende Bassist Dave Beste. Die RIVAL SONS geben ein Gesamtbild ab, welches man von den Geschichten von früher kennt. Dabei wirkt es nicht eingekleidet und aufgesetzt. Jeder hat eine eigene Ausstrahlung und einen eigenen Stil, der zusammen aber ein gelungenes Gesamtbild abgibt. Man könnte es auch kurz fassen mit der Aussage “Die Band ist authentisch”.

Was mich in den kommenden etwas über 90 Minuten erwarten würde, hätte ich mir vorab nicht erträumen können. Bereits beim ersten Hören von “Darkfighter” bekam ich so ein gewisses Gefühl, ähnlich ist es an diesem Abend, weil ich kurz davor bin, zum ersten Mal Songmaterial der beiden Alben live zu erleben, und entgegen böser Zungen schafft es die Band perfekt, die Songs des Albums live wiederzugeben. Ich würde sogar noch einen draufsetzen und behaupten, dass die Songs live noch besser klingen und noch mehr Atmosphäre bieten. Das liegt mitunter auch am Tour-Keyboarder Jesse Nason, der für Todd bei dieser Tour eingesprungen ist (ob dauerhaft ist nicht überliefert). Musikalisch stimmt auch hier alles, und der Mann liefert einen perfekten Job ab, was ich mir bei dem Songmaterial nicht unbedingt einfach vorstelle. Dabei steht dieser Teil der Europa-Tournee eigentlich sogar unter dem Banner des Re-Issues des “Head Down”-Albums, von dem die Band einige Deep-Cuts spielen wird, was die beiden aktuellen Alben aber nicht stärker in den Hintergrund rücken lässt.

Die Band beginnt wie bereits erwähnt mit “Mirrors”, und die Klänge lassen mich im Fotograben schon fast die Fassung verlieren. Die Dynamik und Atmosphäre, die bereits dieser erste Song mit sich bringt, ist schlichtweg magisch, und ich werde das Gefühl nicht los, dass ich hier etwas ganz Besonderem beiwohnen darf. Wie bereits auf dem Album folgt mit “Nobody Wants To Die” direkt eine straighte Nummer im besten “Keep On Swinging”-Stil, die ersten Begeisterungsrufe aus dem Publikum werden laut und das gesamte Atelier befindet sich gefühlt in einer einzigen Bewegung.

 

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Mit “Tied Up” folgt eine unerwartete und relativ ruhig nach vorne treibende Nummer von "Hollow Bones". Auch der Song ist live unfassbar stark und spätestens beim Refrain treibt der Song nach vorne. Die Band präsentiert anschließend mit “Too Bad” eine Nummer, die ich so nicht erwartet hätte und mir einmal mehr bewusst macht, wie stark "Feral Roots" eigentlich ist. Auch hier überrascht die Live-Umsetzung auf ein Neues und Dave gibt am Backgroundgesang alles. Eine ruhige Nummer, die aber keineswegs zu unterschätzen ist und immer wieder nach vorne treibt, wenn Scott Holiday das tragende Riff spielt.

Die Band springt weiter in ihrer Diskografie und präsentiert mit “Run From Revelation” eine außergewöhnliche Nummer vom 2012er Werk “Head Down”. Eine coole Nummer, die live nochmal etwas mehr Wucht bietet, da die Pausen deutlich stärker rüberkommen als in der Studioversion. Scott Holiday wechselt nun zum ersten Mal zur Double Neck Gitarre und die Band legt zum Meisterstück “Feral Roots” an, zum zweiten Mal an diesem Abend, an dem ich um Fassung ringen muss. Erneut falle ich in dieses Gefühl aus unendlicher Dankbarkeit zurück, dass ich an diesem Ereignis teilhaben kann. So oder zumindest so ähnlich müssen sich die Fans in den Sechzigern und Siebzigern gefühlt haben. Zu jener Zeit, als Rockmusik und dieses gewisse Etwas stets zugegen war, was heute vielen verloren gegangen ist. Doch nicht den RIVAL SONS; die Band hüllt den Raum in ihre Musik und lässt einen vollständig in ihrer Musik aufgehen. “Feral Roots” ist ergreifend und bietet derart viele magische Klänge, dass es fast unmöglich erscheint, diese Gefühle in Worte zu fassen.

Wie schon zum Auftakt des Sets folgt gekonnt mit “Open My Eyes” ein straighter Rock-Song. Einer meiner langjährigen Favoriten, allein schon aufgrund des genial simplen Gitarrenriffs, derart cool und lässig gelingt dies nur Scott Holiday. Die Band bewegt sich Richtung Frühphase und präsentiert bei “Pressure & Time” anschließend einen kurzen instrumentalen Mitsing-Teil, der nicht zu sehr in die Länge gezogen wird und verdammt gut ankommt. Auch heute zählt für mich persönlich “Pressure & Time” zu den besten Alben unserer Zeit.

Es folgt “Darkside”, das große und mystische Finale des “Darkfighter”-Albums, hier ringe ich nun erneut mit meiner Fassung. Denn auch dieser Song geht tief unter die Haut, live noch mehr als auf Platte. Im Grunde müsste im Lexikon neben dem Begriff “Dynamik” dieser Song stehen. Ich kenne nichts annähernd Vergleichbares und befinde mich wie in Trance, wenn es heißt “There Are No Promises To Keep Anymore” bevor das schmetternde Riff von Scott einen zurück in die Realität zieht und zeigt, dass es ein Licht am Ende des Tunnels gibt - unfassbar. Selten packen mich Songs so stark wie dieser.

Und genau jene positive Energie, die der Song am Ende bietet, greift die Band gekonnt mit “Nanda-Nandana” im Anschluss auf und entführt so (leider zum einzigen Mal an diesem Abend) zurück zum Erstling “Before The Fire”. Eine unfassbare und sehr besondere Nummer, wie bereits der Titel vermuten lässt. Ähnlich positiv, aber doch anders geht es mit “Thundering Voices” weiter, der zweite Ausflug zum Album "Hollow Bones", der auf ganzer Linie überzeugt. Der Refrain kommt mir an diesem Abend deutlich stärker vor, als ich ihn in Erinnerung habe, das Publikum dankt.

Nun holt die Band zum ganz großen Wurf aus, und ich ringe ein weiteres Mal mit der Fassung - “Darkfighter”. Der fast zehnminütige Opener von "Lightbringer" hat es tatsächlich in die Setlist geschafft und ist noch außergewöhnlicher, als ich es erwartet hatte. Man kann fast eine Stecknadel fallen hören, wenn der Akustik-Teil des Songs von Jay gespielt wird. Die Atmosphäre ist einzigartig, genau so muss es früher gewesen sein - Nein verdammt, genau so ist es und zwar im Hier und Jetzt.

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Bis auf Jay verlassen nun alle die Bühne und es folgt eine intime Akustik-Version von “Shooting Stars", die Jay den Opfern der aktuellen Kriege und Konflikte dieser Welt widmet. Zuvor hält er eine kurze Ansprache, die unter die Haut geht. Er ergreift dabei keinerlei Partei für irgendwen, sondern möchte nur aufzeigen, dass niemand auf dieser Welt die endlosen Nächte verdient hat, unter denen nun viele Zivilisten und vor allem Kinder leiden müssen. Ein trauriges Thema, vor welchem man seine Augen aber nicht einfach verschließen sollte. Der Song geht anschließend einmal mehr unter die Haut und sendet eine wichtige Botschaft an alle im Raum. Leider versteifen wir uns alle oftmals zu sehr auf einer eigenen Meinung und ergreifen Partei für Dinge, unter denen andere zu leiden haben. Eventuell werden wir irgendwann nochmal umdenken und die Gesellschaft wird wieder eine bessere. Intime Momente wie dieser Song in seiner Akustik-Fassung können dabei helfen, Musik verbindet heute mehr denn je.

Für “Mosaic” kehrt auch der Rest der Band wieder auf die Bühne zurück und gemeinsam wird ein weiterer Song von “Lightbringer” präsentiert. Eine Nummer, die nach “Shooting Stars” wieder mehr Hoffnung birgt und den Kloß, den man im Hals hat, etwas löst. Es gibt Hoffnung, wir müssen uns nur darauf konzentrieren, um sie zu sehen.

Anschließend steht das große Finale des Abends an mit den eingängigen Nummern “Do Your Worst”, “Electric Man” (samt Vorstellung der Band) und “Keep On Swinging”. Ein perfekter Abschluss eines wirklich außergewöhnlichen und magischen Konzerts.

Ich kann nicht mit Gewissheit sagen, warum ich mich der Musik der RIVAL SONS derart verbunden fühle, aber seit dem ersten Kontakt mit “Company Man” damals auf einer Beilagen-CD des britischen Rocks-Magazins hab ich mich an der Band festgebissen. Ob es meine Liebe zu LED ZEPPELIN ist? Die gesunde Mischung aus Altem und Neuem? Die Mischung aus dem Besten, was uns die Siebziger musikalisch boten, aber neu gemischt und mit einem eigenen Stempel? Vermutlich ist es eine Mischung aus allem und wenn ich dann einen Abend erlebe wie dieses Konzert, fühle ich mich einmal mehr darin bestärkt, dass es sie noch gibt. Diese besonderen Bands, die einem das geben, was allzu oft als verloren gilt. Das musikalische Komplettprogramm, das nicht nur den eigenen Geschmack, sondern auch den Zeitgeist perfekt trifft und eine Aussage hat.

RIVAL SONS sind musikalische Unterhaltung auf höchstem Niveau, ihre Musik besitzt eine Aussagekraft, die heutzutage bei vielen im reinen Kapitalismus untergeht. Nicht bei den RIVAL SONS, nicht an einem Abend wie diesem. Mir wird dieser Abend sicherlich für immer in guter Erinnerung bleiben und ich bin einmal mehr dankbar, den Weg dieser Band begleiten zu dürfen. (Pascal)

Setlist RIVAL SONS:

Mirrors
Nobody Wants to Die
Tied Up
Too Bad
Run From Revelation
Feral Roots
Open My Eyes
Pressure and Time
Darkside
Nanda-Nandana
Thundering Voices
DARKFIGHTER
Shooting Stars (Acoustic - Jay only)
Mosaic
Do Your Worst
Electric Man
Keep On Swinging

(Fotos: Pascal)

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