Richtig geilen Black Metal, der den Spirit der Neunziger einfängt, spielen CROMLECH. Ralf quetschte Impurus aus, um zu erfahren, was hinter diesem Ein-Mann-Projekt steckt.
Ralf: Sei mir gegrüßt, Impurus. Zuerst möchte ich Dir zu „Of Owls and Eels“ gratulieren, ein sehr stimmiges Album. Bist Du zufrieden damit?
Impurus: Danke. Durchaus. Meine Vision, etwas aus der Zeit Gefallenes zu erschaffen, ist mir vorerst geglückt. Ein eigener Kosmos als ein Produkt der Gegenwart. Auch wenn die Reise noch weitergeht...
Ralf: Der Titel klingt irgendwie mysteriös und verschroben, um was geht’s in den Lyrics?
Impurus: Nichts einheitliches. Es ist kein Konzeptalbum. Es fällt mir schwer das adäquat und genaustens zu erläutern, aber um es grob zu umreißen: Zwei Elemente, zwei Blickrichtungen. Die Beobachterin, als Omen und stiller Zeuge. Und jene aus den Tiefen, im Strom. Schwer zu fassen. Luft und Wasser, Sicht und Strömung. Die Texte sind kein Tagebuch und auch keine große Theorie. Es sind Bilder und Ausschnitte. Wasserflächen, kalte Luft, Stimmen aus anderen Räumen. „Past Forever“ zum Beispiel blickt natürlich auf frühe Wege zurück und die ewige Frage: Was davon trägt noch? Was ist unwiederbringlich weg? „Owls In The Fog“, „The Quiet Witness“, „Ice Curse“, sind Perspektiven auf denselben Kern: Verlust und Beharrlichkeit. Der Geruch von Aufbruch und Fäulnis... Und vor allem: wider dem grässlichen Zeitgeist.
Ralf: Musikalisch bekommen wir Black Metal zu hören, der mich an die Glanzzeiten in den Neunzigern erinnert. Inwiefern bist Du davon beeinflusst, zumal CROMLECH bereits 1994 gegründet wurde?
Impurus: Natürlich gar nicht. Haha, Spaß. Nein was? Ach so. Ja. Wenn es dich an die 90er erinnert, dann hat Cromlech wohl seinen Zweck erfüllt, oder? Scherz beiseite. 1994 war genau die Zeit, in der CROMLECH das erste Mal geboren wurde, und natürlich hat mich diese Ära geprägt. Bands wie STRID, EMPEROR, BURZUM, MAYHEM oder DARKTHRONE haben damals ganze Welten aufgestoßen, die für mich bis heute Wunderwerke bleiben.
Diese Zeit liegt natürlich in meinen Knochen, sie ist mein Ursprung. Was ich heute mache, trägt diesen Geist unausweichlich in sich. Eben mein eigener Blick, geformt durch drei Jahrzehnte Abstand.
Ralf: CROMLECH ist ja ein sog. Ein-Mann-Projekt. Du machst also alles, spielst du auch alle Instrumente selbst ein?
Impurus: So ist es. Auch die Aufnahme und der Mix ging durch meine Hände. Somit ist so gut wie alles selbst gemacht. Nur das Mastering übernahm Patrick Engel. Er konnte dem Album nochmal etwas "Glanz" (schlechtes Wort) verleihen. Hier ging es übrigens kein bisschen mehr um Lautstärke bzw. moderne "Fatness", sondern um Dynamik und Atmosphäre. Schau dir Alben von damals an, sie sind deswegen noch immer so genial, weil sie eben einen individuellen Sound hatten und zeitlos produziert wurden. Ich finde, viele Bands verlieren sich in zwar gut klingenden, aber sehr gleich klingenden Produktionen. Man kann den Mischer doch oft gar nicht mehr heraus hören?! Mir war das damals durchaus noch möglich. So konnte man oft die Handschrift eines Harris Johns, Dan Swanö, Thomas Skogberg oder vor allem auch Pytten erkennen. Heute alles "perfekt", fett, ultra laut, totgetriggert, quantisiert etc. - Sowas ziehe ich mir nicht rein. Öde Scheiße!
Ralf: Kann ich nachvollziehen. Wie verliefen die Aufnahmen?
Impurus: Einsam, haha! Tatsächlich. Die Aufnahmen fanden in einem kleinen Lighthill Studio statt, das zugleich Proberaum und in gewisserweise Erinnerungsort ist. Dort hatten etliche Sessions stattgefunden und oft spielte sich während des Einspielens Vergangenes noch einmal vor meinem inneren Auge ab. Man muss jede Entscheidung alleine treffen, ohne zweite Meinung. Das kann anstrengend sein, aber ich habe es auch genossen, frei von Diskussionen zu sein. Man denke da an die Zeile aus ‚Land of Confusion‘: "too many people making too many problems.“ Jaja, der alte GENESIS-Gassenhauer, uups ich schweife ab.
Ralf: Das Debütalbum „Cold And Stiff“ bekam auch sehr gute Kritiken, in wie weit hast Du dich mit dem aktuellen Werk gesteigert?
Impurus: Hast du das Album überhaupt schon gehört? Falls nicht, würde ich es dir – und auch den Lesern – empfehlen, bevor ich hier Eigenbewertungen abgebe. Aber ok, ich versuche es mal in Kurzform. Wenn man Unterschiede nennen will: „Of Owls And Eels“ ist wahrscheinlich etwas zugänglicher als das Debüt „Cold And Stiff“. Das hatte vielleicht einen roheren, hermetischen Charakter, wie ein Fragment aus einer anderen Zeit (zumal es zuvor unveröffentlichte Ideen von 1994 beinhaltete). Das neue Werk ist in manchen Momenten offener, ohne den ursprünglichen Geist zu verlieren. Für mich war das ein Schritt, nicht unbedingt ‚nach vorn‘, sondern eher eine andere Facette desselben Abgrund...
Ralf: Die heutige BM-Szene ist immer noch ziemlich riesig, aber eher in den Underground gewechselt. Siehst Du Dich dieser Szene zugehörig. Was denkst Du darüber im Vergleich zu den Hochzeiten?
Impurus: Keine Ahnung. Ich beschäftige mich damit nicht sonderlich, man sieht im Netz, das und das kommt täglich raus, man hört mal rein. Ich höre privat eigentlich anderes Zeug, wesentlich ältere, auch unmetallische Musik. Das sollte man auch tun, es gibt soviel Interessantes! Von Empfehlungen sehe ich hier mal ab. Meine Beobachtungen ergaben jedenfalls, dass die Leute die sich nur mit BM befassen, meist ziemlich unzufrieden sind mit diesem Zustand, weil nichts revolutionäres, wirklich großes mehr erscheint. In gewisser weise teile ich diese Meinung, ich kauf mir auch eher ein Re-Release einer Kultscheibe von damals, als irgendeine Neuveröffentlichung. Lass es mich so erklären: Mit Black Metal bin ich aufgewachsen, ich liebe es ihn wieder zu spielen, aber ich halte dennoch Abstand zur heutigen "Szene" und ihren Entwicklungen. That´s it.
Ralf: Was kannst Du mir zur Gründung von CROMLECH sagen? Wie kamst Du auf den Bandnamen?
Impurus: CROMLECH entstand 1994 als Solo-Projekt aus der Notwendigkeit heraus. In meinem Umfeld gab es niemanden, der Black Metal hörte oder spielte. Death Metal war zwar noch groß, aber für mich bereits ausgelutscht. Black Metal hingegen war wie ein dunkler Nebel, der sich langsam ins Bewusstsein schob. Über Radio, vereinzelte Artikel und Mundpropaganda bekam ich erste Eindrücke und wollte unbedingt selbst diese Musik erschaffen.
Mit einem ausgeliehenen Vierspurgerät nahm ich die ersten eigenen Versuche auf, die allerdings kläglich scheiterten. Das Cover für ein Demo war sogar schon fertig, aber die Realität hat mir schnell den Stecker gezogen. Trotzdem war der Wunsch, eine richtige Band zu haben, stärker als alles andere. Bald darauf lernte ich Gleichgesinnte kennen, die dasselbe suchten. So wurde CROMLECH zunächst zur Keimzelle, aus der später eine richtige Band namens DIES ATER hervorging. Diese gab es bis 2014, stolze 20 Jahre.
Später, um 2021, ich hatte musikalisch rein gar nichts mehr, sprich keine Band und keine Mitstreiter mehr, kam die Idee zurück. So erinnerte ich mich an die alten Ideen, nahm sie eigenhändig auf und komponierte gleichzeitig neues Material.
Das Ergebnis war dann das Debut Album "Cold And Stiff"! Das erste, offizielle Lebenszeichen nach 29 Jahren. Wir wir anhand des Interviews hier festgestellt haben, erschien vor kurzem "Of Owls And Eels", welches allerdings rein neue Kompositionen beinhaltete. Schon zur ersten Scheibe gab es tatsächlich einen unerwarteten Zuspruch und ich fand neue (bzw. auch alte tauchten inzwischen wieder auf und vervollständigten das Live Line-up) Mitstreiter, die mit mir das Ganze nun sogar auf die Bühne brachten. Dazu gleich mehr...
Ralf: Es sind Liveaktivitäten geplant?
Impurus: Vor wenigen Wochen gab es das erste CROMLECH Konzert überhaupt und zwar auf dem Barther Metal Open Air. Ein großer Moment, das kann ich wirklich sagen. Zum ersten mal stand ich auf der Bühne mit Gitarre und übernahm den Gesang. Es folgen noch weitere Konzerte: Am 1. November in Annaberg Buchholz im Vorprogramm von FRANTIC AGRESSOR und am 29. November bei der großen Darkness Shall Rise Nacht in Zwickau: CROMLECH, PENTHOS und GEHENNA, die ein "Spell" Set spielen werden. GEHENNA waren übrigens immer ein großer Einfluss für mich. Unnötig zu erwähnen, dass das für mich (als auch für die anderen Jungs) ein besonderer Tag wird.
Ralf: Wer oder was hat Dich rückblickend mit dem Metalvirus infiziert?
Impurus: Das lässt sich kurz und knapp sagen: AC/DC, welche ich durch meinen größeren Bruder um 1990 zum ersten mal hörte. "Blow Up Your Video" war meine erste selbst gekaufte LP. Es ging dann den klassischen Weg: danach kamen IRON MAIDEN, METALLICA, SODOM und so weiter!
Bildquelle: Cromlech