Luc François - Vulture City

lucfrancois vulturecityLuc François, seines Zeichens Sänger, Songwriter und Ideengeber bei den Luxemburger Progmetallern MINDPATROL, ist damit alleine offensichtlich nicht ausgelastet und hat daher auch noch ein Buch zum gleichnamigen Album geschrieben. Die Idee dahinter finde ich eigentlich gar nicht so schlecht. Bei so manchem Konzeptalbum wäre man froh gewesen, auch ein paar erklärende Worte oder gar die ganze Geschichte lesen zu können. Nun ist aber ja längst nicht jeder gute Musiker auch gleichzeitig ein guter Autor und nicht jedem gelingt es, eine Geschichte, die man selber im Kopf hat und die sich musikalisch vielleicht auch noch gut umsetzen lässt, dann so weiterzuerzählen, dass es andere ebenfalls spannend finden. Deshalb hatte ich dann irgendwie schon leichte Bauchschmerzen und auch Bedenken, als ich das Buch zum ersten Mal in der Hand hielt.

Trotzdem hab‘ ich’s natürlich gelesen, alleine schon aus freundschaftlicher Verpflichtung. Und ich muss sagen, dass ich mich am Anfang etwas schwer getan habe. Das liegt jedoch vor allem am Aufbau der Geschichte. Man steigt mitten in das Geschehen ein, befindet sich mitten in der Handlung und muss die eigentlichen Protagonisten erst noch kennenlernen. Auch die Vorgeschichte, wie es überhaupt zur aktuellen Situation kam, erfährt man erst nach und nach in diversen Rückblenden. So braucht es seine Zeit, bis man sich zurechtfindet, aber das macht es eben auch spannend.

Und als ich dann endlich in die Geschichte eingetaucht war, da habe ich das Buch quasi in einem Rutsch durchgelesen. Schon lange war ich nicht mehr so schnell bei einem Buch. Die Dystopie, die Luc François hier zeichnet, spielt zwar in einer weit entfernten Zukunft (für meinen Geschmack etwas zu weit), wirkt aber dennoch wie ein äußerst realistisches Szenario. Zumal der Autor weitgehend darauf verzichtet, seine Figuren mit Zukunftstechnologien handhaben zu lassen, deren Funktion und Zweck man erst ausschweifend beschreiben müsste. Grundsätzlich könnte die Geschichte des verwaisten Geschwisterpaares auch im Hier und Jetzt spielen, wären da nicht ein paar kleine technologische Fortschritte, die die Menschheit bis dahin noch erreichen müsste.

Oder doch besser nie sollte? Luc François zeichnet eine düstere Welt, in der man sich die Frage stellt, ob es wahre Freiheit gibt. Was ist überhaupt Freiheit? Ist Freiheit es wert, dafür ein Leben in Elend zu führen? Was ist Elend? Was wiegt schwerer, körperliches oder seelisches Leid? Fragen, die aufgeworfen, aber nicht beantwortet werden. Sie bleiben genauso offen, wie das Ende der Geschichte und lassen Raum für eigene Interpretationen. Daher möchte ich hier über die Story an sich auch gar nicht viel verraten, das sollte dann bitte doch jeder für sich selbst entdecken. Ich finde die Geschichte von der Thematik her interessant und auch spannend geschrieben, alleine an ein paar Details hat der Erbsenzähler in mir etwas zu meckern.

Da wäre zum Einen, dass sämtliche Ortsnamen und auch die Namen der Charaktere Englisch sind. Ein Kniff, der sicher gewählt wurde, damit das Ganze auch auf die englischsprachigen Texte des Albums passt. Wobei ich persönlich es jedoch etwas befremdlich finde, wenn in einer deutschen Geschichte englische Namen verwendet werden (auch wenn mir bewusst ist, dass es vielen nicht so gehen wird). Daneben sind noch ein paar kleinere Details, die mir vielleicht auch nur aufgefallen sind, weil ich im echten Leben Ingenieur bin. Grundsätzlich hat mir das Buch aber doch sehr gefallen und wer sich für düstere Zukunftsvisionen interessiert, der sollte auf jeden Fall mal einen Blick in „Vulture City“ wagen. Ich habe mich gut unterhalten gefühlt und bin schon gespannt, ob es eine Fortsetzung geben wird und wenn ja, wie diese aussehen wird. Und wenn ihr so schön beim Lesen seid, vergesst nicht, auch in das Album von MINDPATROL reinzuhören. (Anne)

Bewertung:

Anne8,0 8 / 10

Anzahl der Seiten: 260
ISBN: 978-1974615995
Verlag: Selbstverlag
Erscheinungstermin: 09.12.2017

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