Winger - IV

Winger - IV Letzten November habe ich beim Review von THE MOB noch über eine WINGER-Reunion gewitzelt – und siehe da: prompt sind die bei THE MOB beteiligten Reb Beach (Gitarre) und Kip Winger (Bass) ins Studio gehechtet um nach dreizehn Jahren Pause WINGER wieder auferstehen zu lassen.

Gut, zugegeben – bereits 2002 gab es eine kleine USA/Kanada-Tour mit zwei weiteren Vertretern der Spätachtziger: POISON und CINDERELLA – aber erst Anfang diesen Jahres haben sich Kip und Reb zum Songwriting für ihr viertes Album zusammengesetzt.

Da mit Rod Morgenstein auch noch ein drittes Mitglied aus dem Original-LineUp mitmischt, darf man gespannt sein, ob WINGER ihren Stil in dieses Jahrhundert hinüber gerettet haben, oder vielleicht doch etwas Zeitgemäßes durch die Boxen schicken… Langsam lassen WINGER es zunächst mit dem Opener „Right Up Ahead“ angehen – doch alsbald drehen die Herren Beach und Roth an den Reglern der Gitarrenverstärker und fahren ein düsteres Brett auf – und bereits beim ersten Track zeigt sich die Vielschichtigkeit des Sounds - hier steckt vom klassischen Riffing über progressive Elemente bis zu akustischen und synthetischen Einwürfen eine Menge drin.

Sicher kann man trefflich darüber streiten, ob man lieber ein Album haben will, was von vorne bis hinten einfach nur auf die Zwölf knüppelt. Fest steht jedenfalls, dass das Album sicher nicht beim ersten Durchhören alle seine Geheimnisse preisgibt und es mehrere Durchläufe braucht, aber mit jedem Mal punkten die Songs und Stilmixe ein wenig mehr.
Einzig die teilweise deutlich synthielastigen Passagen, wie zum Beispiel das Intro zu „Blue Suede Shoes“ (KEIN Elvis Presley-Cover) sind doch suboptimal – dabei hat der Song so ein geiles Gitarrensolo.

Verhältnismäßig straight ist „Four Leaf Clover“ geraten – und hat das Zeug, sich im Ohr so richtig festzusetzen.
Nach einem etwas sperrigen „M16“ erfreut mit „Your Great Escape“ ein weiterer straighter Rocker die Gehörgänge, um dann einem majestätischen und zeitweise leicht balladesken „Disappear“ zu weichen. Einen Titeltrack gibt es bei dem schlichten „IV“ nicht direkt – aber das sechseinhalb Minuten lange „On A Day Like This“ übernimmt hier eine Art zentrale Position – die epische Ballade überzeugt durch eine gelungene Symbiose aus eindringlichem klarem Gesang und filigranem Gitarrenspiel.
Wieder deutlich fester aufs Gaspedal treten Kip & Co. dann mit „Livin´ Just To Die“, den Midtempobereich verlässt man beim Mix aus knackigem Riff und Synthieklängen dennoch nicht. „Short Flight To Mexico“ entpuppt sich als die Nummer mit dem härtesten Drive auf „IV“ – endlich behalten WINGER die Grundgeschwindigkeit mal durchgängig im oberen Bereich

Mit „Generica“ wird dann aber auch gleich die Bremse wieder mutig durchgetreten und eine ordentliche Prise Prog und Funk beigemischt – bevor die Nummer in der zweiten Hälfte zum Instrumental wird und WINGER dann zum Abschluss mit „Can´t Take It Back“ noch einen richtigen kleinen knackigen Leckerbissen fürs Ende auffahren.

Auch wenn „IV“ sozusagen „Grower“-Potential besitzt und einige Durchläufe braucht, um sich optimal entfalten zu können – neben einigen guten und mehreren etwas weniger guten Songs fehlt so der richtige Durchzugshammer, mit dem WINGER wieder hätten zuschlagen können. So bleibt ein solides Rockalbum, das auch rechts und links ein paar Stilrichtungen mal gekonnt anleuchtet, aber auf Dauer wohl wieder verblassen wird.

Note: 6,5 / 10

Anspieltipps: „Four Leaf Clover”, „On A Day Like This”, „Short Flight To Mexico”

VÖ: 20.10.2006

Spielzeit: 49:57 min
Titel: 11
Label: Frontiers Records

(Naglagor)
Wir benutzen Cookies
Für optimalen Benutzerservice auf dieser Webseite verwenden wir Cookies. Durch die Verwendung unserer Webseite erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden