The Hirsch Effekt - Holon: Anamnesis

holon-anamnesis-coverIm Hause Midsummer Records tummeln sich gerne Bands, die den aktuellen Trend, das Erbe des Rock in neuen Gewändern weiterzugeben, bestmöglich erfüllen. Wie es auch in der Sozialgeschichte eine Moderne und eine Postmoderne gibt, so ist der Begriff Postrock auch mittlerweile recht geläufig. Dabei sagt er eigentlich nicht mehr aus, als dass es ein Leben nach dem Rock geben wird, auch wenn dieser noch lange nicht ans Ableben denkt. Aber dennoch hat sich in diesem sehr breit gefächerten musikalischen Universum seit seinem Beginn in den Fünfziger bis Sechziger Jahren einiges geändert. THE HIRSCH EFFEKT kann man auch nicht wirklich als eine lupenreine Rockband ansehen, dafür sind sie viel zu bemüht, neue Wege zu ergründen und neue Facetten dieser mittlerweile so populären Musik zu (er)finden. Das Resultat schlägt sich in "Holon: Anamnesis" nieder, ein Album, das einen wie eine Achterbahn in jede Dimension befördert.
Deutschsprachige Musik ist für mich meistens ein rotes Tuch. Wenn sie dann auch noch recht emomäßig vorgetragen wird, schalte ich normalerweise auch gleich wieder ab. Aber was sich da anfangs wie Standard Postrock bzw. Emocore anhörte, entfaltet sich zu weitaus mehr. Mal abgesehen vom persönlichen Geschmack sollte man dem Album auf jeden Fall die Chance gönnen, einmal komplett bis Schluss durchgehört zu werden, denn auf der ganzen Strecke lauert so manche Überraschung.

Nicht umsonst sind die Kritiken überschwenglich. Meistens erreicht dieses Werk die Höchstpunktzahl und wird bis zum Anschlag gelobt. Dazu wird es hier wohl nicht kommen, aber dennoch muss man als Musikbegeisterter feststellen, dass hier schwer gute Mucker am Start waren und etwas Ausgezeichnetes zur Welt brachten. Mit Songspiellängen von 10 Minuten und mehr kommt dennoch niemals Langeweile auf, und man entdeckt immer wieder Neues, vor allem aber, wie man so unschön sagt, einiges noch nie Dagewesenes. Zumindest wird man immer mal wieder überrascht, wie hier Stile kombiniert werden und was bei der Symbiose herauskommt. Die Emotionen gehen hierbei von wütend über ruhig zu verzweifelt und hoffnungslos und wieder zurück zu optimistisch, also einmal das ganze Programm.

Die musikalische Vielfalt äußert sich gerade in den langen Stücken wie "Ligaphob", das sehr atmosphärisch, aber auch komplex und sperrig rüberkommt. Der darauf folgende Titel "Mara" hat wiederum was sehr Experimentelles, beinhaltet viele jazzige Elemente und erinnert ein wenig an PRIMUS oder auch die genialen MELVINS.

Keine schlechte Vorlage also, was uns das Hannoveraner-Trio mit ihrem seltsamen Namen da präsentieren. Dabei haben sie erst eine EP und ein Album davor nachzuweisen, vom Entwicklungsstand tippt man da auf ein eher späteres Werk. Lieber Hirsch Effekt statt Elchtest. 

Trotz aller Vorurteile und persönlicher Schwierigkeiten mit dieser Sparte Musik muss ich doch eingestehen, dass die anfänglichen Schwierigkeiten und Überzeugungsprobleme durch mehrmaliges Hören nahezu eliminiert werden konnten, so dass auch ich eine überdurchschnittliche Anamnese rechtfertigen kann. (Jochen)


Bewertung: 8 / 10

Anzahl der Songs: 9
Spielzeit: 66:20 min
Label: Midsummer Records
Veröffentlichungstermin: 31.08.2012

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