Eric Clapton, Jeff Beck und Keith Richards wussten es: „Rory Gallagher ist Gott“, Jimi Hendrix hat ihn ja bekanntermaßen auf die Frage, wie es sich anfühlte der beste Gitarrist auf der Welt zu sein, geantwortet:“ Ich weiß es nicht, warum fragst du nicht Rory Gallagher“. Aber das war dem begnadeten, introvertierten Iren wahrscheinlich vollkommen egal. Ruhm bedeutete ihm bekanntermaßen gar nichts, nur die Musik war dem trinkfesten Iren mit seiner abgewetzten Jeans und seiner völlig abgefuckten Fender Stratocaster, Baujahr 61, die er gebraucht erworben hatte und die wahrscheinlich einmal eine Art Sunburst-Lackierung hatte, bevor das blanke Holz zum Vorschein kam, wichtig. Rory Gallagher war noch ein echter Lead-Gitarrist.

So scherte er sich auch weder um die Angebote, Nachfolger von Ritchie Blackmore bei DEEP PURPLE zu werden oder Eric Clapton bei CREAM zu ersetzen. Auch bekannt ist, dass er in der engsten Auswahl um den Nachfolgeposten bei den ROLLING STONES nach dem Abgang von Mick Taylor war.

Das Gitarrenspiel von Rory Gallagher war immer einzigartig, auf höchstem spieltechnischen Niveau aber trotzdem völlig erdverbunden und gefühlvoll. Er schien alle Techniken dieser Welt adaptiert zu haben und dem Blues, Rock, Country und dem Irish Folk eine unbeschreiblich universelle Note zu geben. Er beherrschte Fingerpicking in tiefster Delta-Blues-Manier oder feuerte ultraschnelle und komplexe Licks ab. Er konnte seine Fender zum Weinen bringen und den traurigsten Blues zelebrieren oder gnadenlos hart sein. Dies brachte ihm schließlich auch bis heute die Anerkennung der ganz großen Gitarristen ein. Zu seinen bekennenden Fans gehören Joe Satriani, Jimmy Page, Brian May, Slash oder Joe Bonamassa. Rory Gallagher lebte die Musik und live war er nicht zu stoppen. Die unbegreifliche Intensität war in erster Linie auf Werken wie der Irish Tour von 1974 zu erleben.

Nun bringt Universal Music zum 50. Jubiläum eine erweiterte Neuauflage seines zweiten Studioalbums „Deuce“ am 30. September als 4CDs Deluxe Box, 2CD-Set, 3LP-Version (Limited Edition) und unterschiedlichen digitalen Formaten heraus. Zitat Plattenfirma: „ Die umfangreiche Jubiläumsveröffentlichung mit viel Material aus den Archiven von Rory Gallagher enthält unter anderem einen neuen Mix des Originalalbums. Es beinhaltet achtundzwanzig bisher unveröffentlichte, alternative Tracks, eine BBC Radio-Aufnahme „In Concert“, mit sechs Liedern aus dem Jahr 1972 und weiterhin sieben Songs der „Radio Bremen-Sessions“.

Das Box Set bietet zudem ein 64-seitiges gebundenes Buch mit einem Vorwort von Johnny Marr von THE SMITH („Es gab einen Tag, an dem ich das „Deuce“ Album nachspielte, der für mich als Gitarrist zu einem absoluten Wendepunkt wurde“), unveröffentlichte Fotos von Mick Rock, Essays und Erinnerungsstücke von den Albumaufnahmen.

Auf Deuce sind noch nicht die großen Hits präsent wie „Tatoo`d Lady“ oder „A Million Miles Away“. Deuce ist sehr minimalistisch und rau aufgenommen und produziert. Mit Gerry McAvoy an der Bassgitarre und Wilgar Campbell am Schlagzeug wurde das Album von Robin Sylvester aufgenommen und von Rory produziert.
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„Deuce“ von Rory Gallagher erschien sechs Monate nach seinem gleichnamigen Solodebüt und dem vorangegangenen Ende seiner Band TASTE. Rory Gallagher wollte das Gefühl einer Live-Performance einfangen. Dementsprechend nahm er direkt nach Live-Konzerten das Album auf und beschränkte die Produktion auf ein Minimum. Es wurde in den Tangerine Studios, einem kleinen Reggae-Studio im Osten Londons aufgenommen und erschien ursprünglich im Jahr 1971. Er zeigt seine Genialität hier auch an der Akustikgitarre bei „Don`t Know Where I`m Going“, einer meiner Lieblingssongs des Albums, mit Country-Anleihen/Folk und toller Harp-Begleitung. Er spielt den reinsten Bluesrock („Whole Lot Of People“) und traditionellen Slow-Blues bei „Should`ve Learnt My Lesson“. Das völlig relaxte und eingängige „I `m Not Awake Yet“ kann die die Mitgliedschaft bei TASTE nicht leugnen . „Crest Of A Wave“ rockt hervorragend und eröffnet schon einen Ausblick auf Rory`s spätere, härtere Phase. Auch „Used To Be“ ist lässiger, melodischer Bluesrock in Reinkultur. „Maybe I Will“ zeigt ein komplexes Arrangement und driftet von balladesken, coolen Phasen in hervorragende Soli und harte Passagen. "Whole Lot Of People" ist ein lässiger Boogie-Blues, wobei das unglaubliche Solospiel des Protagonisten seine Legendenbildung klar manifestiert. „In Your Town“ folgt dem gleichen Schema. Wesentlich rockiger angelegt ist "Crest Of A Wave".
„Deuce“ als Gallagher-Fan zu bewerten, ist eigentlich unmöglich. Denn egal ob er Blues, Rock oder Country/Folk spielte; diese Leidenschaft und Kraft, gepaart mit der einzigartigen Fingerfertigkeit, die jedoch niemals Sterilität ausstrahlte, ließ ihn zu dem exzeptionellen Gitarristen avancieren, dessen Sound aus der alten Fender (natürlich spielte er auch eine große Anzahl anderer Gitarren) nicht nachzuahmen ist. Das Mastering der Jubiläumsveröffentlichung ist hervorragend und der Sound voll und fett. Die bislang unveröffentlichten alternativen Tracks, Zusatzsongs und Live-Aufnahmen haben ebenso eine ganz besondere Berechtigung, dienen aber in erster Linie den Hardcore-Fans, die alles von Rory Gallagher besitzen und deren Hunger auf Neues wegen dem viel zu frühen Tod der Legende nie gestillt wird. (Bernd Eberlein)

Bewertung:

 8 / 10

Label: Universal Music
Anzahl der Songs: 10 (CD 1) / 16 (CD 2) 
Spielzeit: 74:22 min (CD 1) / 79:00 (CD 2) 
Veröffentlichungstermin: 30.09.2022