EINANGRAN ist ein neues färöisches Musikprojekt. Entstanden ist es eher aus der Not heraus. Als Dänemark im März 2020 in den Lockdown ging, befanden sich sowohl Lea Kampmann als auch Heiðrik á Heygum gerade mit ihren eigenen Projekten auf dem Weg in andere Länder und strandeten so in Kopenhagen. Wie es der Zufall wollte, kamen beide im gleichen Apartment unter und sie entschieden sich, die Zeit, die sie nun gezwungenermaßen hatten, sinnvoll zu nutzen. Und so wurde das Projekt EINANGRAN (der Name bedeutet - dem Ursprung des Projektes entsprechend - eine Art von Isolation) und mit ihm die gleichnamige EP geboren, die vier schöne, minimalistische Songs enthält.

Den Auftakt macht „Kanska“, das auch als Single veröffentlicht wurde und zu dem es auch ein Video zu sehen gibt. Hier setzt Heiðriks sanfte Stimme sofort ein, Lea unterstützt vor allem im Refrain. In dem wunderbaren Text geht es um Leute, die nach der Devise „Jede Entscheidung bedeutet Massenmord an allen anderen Möglichkeiten“ leben und damit ihre Umwelt ständig im Ungewissen lassen und man auch nie weiß, woran man mit ihnen gerade dran ist. „Kanska“ ist ein ruhiger, flotter Popsong, bei dem Heiðriks Stimme im Vordergrund steht.

Anders ist es bei „Vetur“, bei dem nun Lea den Hauptgesangspart übernimmt. „Vetur“ ist ein ruhiger, minimalistischer Song, bei dem eine sanfte Akustikgitarrenmelodie von zurückhaltenden Synths unterstützt wird. In die gleiche Kerbe schlägt „Seinferð“, ein zartes Duett, das hauptsächlich von einer Akustikgitarre begleitet wird, und man kann sich förmlich vorstellen, wie dieser Song auf der Couch des Apartments in Kopenhagen entstanden ist. Leider endet das Stück viel zu früh. Hier kann man sich richtig wegträumen und wünscht sich, es würde ewig dauern.

Doch dann kommt mit „Glashús“ auch schon mein persönlicher Höhepunkt. Auch der Abschluss der EP ist ein ruhiger Popsong, dieses Mal überwiegen jedoch die elektronischen Elemente, die Stimmen von Lea und Heiðrik harmonieren einfach perfekt und den Refrain bekommt man so schnell nicht mehr aus dem Kopf. Einfach ein wunderbarer Song, zu dem es demnächst auch ein Video geben wird, wie die beiden auf der Facebookseite des Projekts schon verraten haben. Ein Besuch dieser Seite lohnt sich auch anderweitig, denn hier haben sie auch alle Texte samt Übersetzung ins Englische eingestellt.

Die sanften Stimmen von Lea und Heiðrik passen perfekt zueinander und ergänzen sich in den Songs immer wieder gegenseitig oder vereinen sich im Duett. Die Poesie der Texte zeigt das hohe Niveau, auf dem die beiden sich als Songwriter (auch bei ihren eigenen Projekten) bewegen, und die tollen Gesangslinien unterstreichen das noch. Die minimalistischen Arrangements, die sich meistens auf Akustikgitarre und Klavier beschränken, garniert mit zarten Synthesizern und reduzierten Percussions machen den Zauber dieser Songs aus. Insgesamt ist „Einangran“ eine EP, die einfach zu kurz ist und es bleibt nur zu hoffen, dass dieses Projekt nicht mit dem (erneuten) Lockdown endet, sondern auch in Zukunft fortbestehen wird, denn die beiden haben hier ein wunderschönes Stück Musik geschaffen und ich würde wirklich gerne mehr davon hören. (Anne)

Bewertung:

 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 4
Spielzeit: 12:26 min
Label: Tutl Records
Veröffentlichungstermin: 13.11.2020