Gary Moore - Live From London

Garymoore LivefromlondonAm letzten Wochenende stieg wieder der Superbowl und da erinnert man sich an vergangene Spiele. Das Match von 2011 war ein trauriger Abend, nicht nur weil die Pittsburgh Steelers gegen die Green Bay Packers den Kürzeren zogen. Als es schon in der Halbzeit schlecht aussah flimmerte in der Tagesschau die Todesnachricht von GARY MOORE über den Bildschirm. Dabei war der Gitarrenheld wieder dabei sich im Hard Rock zu orientieren, was sicherlich spannend geworden wäre. Was bleibt sind wie bei allen gefallenen Heroen viele unveröffentlichte Aufnahmen, die von Zeit zu Zeit veröffentlicht werden. Pünktlich zum Superbowl-Wochenende erscheint nun mit "Live In London" ein Konzertdokument, welches nur wenige Monate vor seinem Tod aufgezeichnet wurde.

In London scheint der Ire gerne aufgenommen zu haben, schon früh in seiner Solokarriere erschien "Live At The Marquee", und auch Teile von Blues Alive" stammen von dortigen Konzerten. Eine weitere posthume Livescheibe "Live At Bush Hall 2007" wurde in der Hauptstadt, welche die Tage durch eine nicht nachzuvollziehende politische Entscheidung auf sich aufmerksam gemacht hat aufgezeichnet. Die entstand also knapp vor dem hier vorliegenden Konzert, welches am  2. Dezember 2009 in der O2 Islington Academy über die Bühne ging. Mit "Bad For You Baby" lag nur ein Studiodreher dazwischen, der sollte bei der Setlist auch den Unterschied machen, denn davon stammen vier Nummern, während auf der angesprochenen Aufnahme ganze sieben vom damals aktuellen "Close As You Get" stammten. Dazu gesellen sich am Ende die üblichen Klassiker, die eben auf allen Livedokumenten auftauchen, hier wurde ein wenig mehr in die Trickkiste gegriffen.

Doch wie schon damals, ebenso beim Auftritt auf dem Rock Of Ages-Festival, dem der Verfasser der Zeilen beiwohnte macht sich eine Problematik breit, mit welcher der Meister schon früh in seinem bluesigen Karriereabschnitt konfrontiert wurde. Die Frage schwebte immer im Raum, wie viel Blues der ehemalige Hard Rock-Gitarrist wirklich hat, wobei ich sagen muss, das er ihn bei seinen Studioaufnahmen deutlich aufzeigt. Vielleicht war zu der Zeit schon sein Antrieb zurück zum harten Rock zu erkennen, dem er im Folgejahr nachgab und ihn bis kurz vor seinem Tod mit Kompositionen dazu beschäftigen ließ.
Jedenfalls legt der Mann hier noch ein Schippe Power mehr drauf als bei "Live At Bush Hall" und shreddert so manches Arrangement damit kaputt. Speziell des locker-flotte "Down The Line" und das folgende "Since I Met You Baby" leiden unter dem Eindruck. Es sind nicht mal so sehr die Soli, in denen er seine Fertigkeiten beweist, gerade bei den Riffs hätte etwas Zurückhaltung gut getan. So gibt er seiner Rhythmusgruppe mit Bassist Pete Rees und Schlagzeuger Steve Dixon das Tempo vor, vom welchem sich die beiden hörbar anstecken lassen.

Vom Gesang her ist Moore in einem passenderem Rahmen unterwegs, packt sogar mal Croner-Qualitäten aus, wobei er zeitlebens weniger durch Technik als durch seine charakteristische Stimmfärbung auffiel. Vor allem das ruhige "I Love You More Than You´ll Ever Know" wird zum großen emotionalen Epos. Hier gelingt es wirklich das ganze Gefühl des Genres heraus zu kitzeln, auch weil die tiefe Atmosphäre keine Freiräume zu Ausbrüchen lässt. Freiräume ist auch das Stichwort bei den Tasten von Vic Martin, der sich immer nur in Szene setzen kann, wenn GARY MOORE sich zurück nimmt wie etwa bei "Have You Heard", einem weiteren ruhigen Stück, dem einzigen von "Close As You Get". Auch die Duelle der beiden zu Beginn von "Too Tired" zeugen von deren spielerischer Brillanz, hier fehlen mir allerdings die Bläser der Studioversion, was dem Song einen Teil seines Charakters beraubt.

Wobei nicht gesagt ist, dass sich der Sechssaiter bei den ruhigen Liedern zurück halten kann, manchmal packt er auch da ein Leadfill zu viel rein, bei den rockigen Nummern soundso, wie schon beim Opener "Oh Pretty Woman". Dabei hat er in meinen Augen da seine besten Momente, denn wie er den Otis Rush-Klassiker "All Your Love" in langsamerem Tempo als auf "Still Got The Blues" bringt hat ganz große Klasse. Die hat auch das Zusammenspiel der Akteure, die unglaublich gut auf den Punkt kommt und damit rockige Momente wie "Walking By Myself" mächtig anschiebt. Dazu wurde der Livesound gut eingefangen und transparent auf Konserve gebannt. Insgesamt ist "Live From London" ein sehr gut gemachtes Vermächtnis, welches die angesprochenen Mankos aber nicht alle übertünchen kann. Vom Ergebnis aber immer noch weitaus besser als der Ausgang des diesjährigen Super Bowl, womit sich der Kreis wieder schließt. (Pfälzer)

 

Bewertung:

Pfaelzer7,0 7 / 10


Anzahl der Songs:  13
Spielzeit: 78:52 min
Label: Provogue/Mascot
Veröffentlichungstermin: 31.01.2020

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