„Don`t Stop Believing“ ihr größter Hit und eine Ansage an diejenigen, die glaubten, nach elf Jahren Pause würde JOURNEY nie mehr ein Album herausbringen. Sie sind zweifellos die Könige des AOR mit über 80 Millionen verkauften Tonträgern in ihrer fast 50-jährigen Karriere. JOURNEY waren ähnlich wie BOSTON immer Lieblinge der Fans und so hätte wahrscheinlich niemand nach dem Ausstieg von „The Voice“ Steve Perry und der Trennung von Steve Augeri im Jahr 2007 der Band noch eine echte Überlebenschance gegeben.
Allerdings hatte man da die Rechnung ohne Gründungsmitglied und Gitarrist Neal Schon sowie Keyboarder Jonathan Caine gemacht, der die unglaublichen Qualitäten eines aus Manila stammenden Ausnahmesängers namens Arnel Pineda erkannte und ihn im Dezember 2007 als offizielles Bandmitglied vorstellte. Anfangs mit gemischten Gefühlen der „Steve Perry“-Fanschar kritisiert, dauerte es nicht lange, bis man erkannte, dass mit geschlossenen Augen kein Unterschied zu der überirdischen Stimme Perry`s gegeben war. Heute ist Arnel Pineda längst voll integriertes und akzeptiertes Bandmitglied wie „Brian Johnson“ bei AC/DC. Der bescheidene Arnel Pineda, der vom Coversänger zum Rockstar avancierte, sieht sich nicht als die „Stimme“ von JOURNEY sondern ist lieber „Bote“ als „Vermächtnis“. Auch lässt er keine Gelegenheit aus, Perry als sein IDOL darzustellen.
Nach dem letzten Studioalbum „Eclipse“ aus dem Jahr 2011 erscheint nun am 08. Juli 2022 endlich das neuste Werk mit dem Titel „Freedom“. Neal Schon hat die Pandemiezeit gut genutzt um neues Material zu schreiben (neben seinem hervorragenden Soloalbum UNIVERSE). Aber er erklärt ja immer wieder explizit, dass JOURNEY sein Leben ist.
„Freedom“ enthält 15 klassische JOURNEY-Tracks, die primär gute Emotionen wecken, sehr melodisch sind und trotzdem rocken. Arnel Pineda reizt gewohnt seine außergewöhnliche Stimme in allen Varianten bis in die höchsten Gefilde aus. Die Songs machen Laune und spiegeln das gute alte Lebensgefühl der Achtziger wieder wo alles einfacher war und der Spaß im Mittelpunkt stand, ohne Corona, Panikmache, Krieg und Sorgen.
»Während der Pandemie gab es nicht viel zu tun«, sagte Neal Schon in einer Pressemitteilung. »Ich habe viel Zeit in meinem kleinen Studio zu Hause verbracht und gelernt, wie man Keyboards spielt und Loops macht. Einige dieser Ideen wurden schließlich zu Songs. Es kam also irgendwie aus dem Nichts.«
Auf der Scheibe sind erwartungsgemäß einige stilvolle Balladen wie „Still Believe in Love“, Live To Love Again“, „Afterglow“ (mit geilem Gitarrensolo und tollem Spannungsbogen) und „Life Rolls On“, typische JOURNEY-Hymnen, wie „Together We Run“, in denen Arnel Pineda zeigt, dass seine Stimme kein Limit kennt. Dennoch gefallen mir die schnelleren, rockigeren Songs am besten. „You Got The Best Of Me“, die vorab ausgekoppelte Single ist im Stil von „Anyway You Want“ angesiedelt und wird dominiert vom klasse Gitarrensolo Neal Schon`s. „Don`t Give Up On Us“ kommt ebenfalls als radiotauglicher Ohrwurm in Hardrock-Manier mit bekanntem Keyboard-Intro, schönen harten Gitarrenriffs, starkem Solo und könnte sich zu einem JOURNEY-Klassiker wie „Separate Ways“ entwickeln.
Auch die zweite Single-Auskoppelung „The Way We Used To Be“ wird sich in dieser Riege einreihen. Ein fantastischer Song, der für mich zu den dominantesten Stücken auf der Scheibe gehört. Er enthält wieder die vertrauten JOURNEY-Keyboard-Klangwände und die typische Gitarrenbegleitung eines der besten Gitarristen. „Don`t Stop“ wird getragen von der außergewöhnlichen Gesangsleistung und untermalt von dem harten und präzisen Gitarrenspiel. Neal Schon gelingt immer der Balanceakt, die Wahnsinnsstimme von Arnel Pineda mit hartem Rock zu hinterlegen. Man sollte nicht vergessen, dass Neal Schon als einer der weltbesten Gitarristen der „Generation Axe“ genannt wird, praktisch jedes Genre bedienen kann und atemberaubende und energetische Stimmungen erzeugen kann.
Insgesamt überzeugt „Freedom“ auf ganzer Ebene, wenn auch der ein oder andere schwächere Song darauf vertreten ist. Das Album knüpft nostalgisch an vergangene große Zeiten an, klingt dennoch frisch und aufregend und könnte sich als Klassiker in die Geschichte einer außerordentlichen Band einfügen. (Bernd Eberlein)
Bewertung:
8,5 / 10
Label: Frontiers
Anzahl der Songs: 15
Spielzeit: 73:05 min
Veröffentlichungstermin: 08.07.2022
