Joanne Shaw Taylor - Reckless Heart

joanneshawtaylor recklessheartAls 2009 das Debüt "White Sugar" erschien deutete viel darauf hin, dass hier der Blues einen neuen Rohdiamanten hervor gebracht hat. Durch das Karrieresprungbrett Blues Caravan spielte sich die mittlerweile 33-jährige Britin weiter nach Oben, wo sie sich auch von der alles andere als schwachbrüstigen Konkurrenz abhob. Für ihr neues Album hat sich JOANNE SHAW TAYLOR mehr Zeit als sonst gelassen und konnte zudem einen Major-Deal an Land ziehen. Da darf man nur gespannt sein, was "Reckless Heart" unter den neuen Vorrausetzungen zu leisten im Stande ist oder ob der Weg an die Spitze doch zu offensichtlich angegangen wird.

Befürchtungen dieser Art kann man direkt bei den ersten Tönen getrost vom Tisch fegen, denn die Kantigkeit hat die Dame keineswegs verloren. Wo heute im Zuge des Erfolges von JOE BONAMASSA viele der von GARY MOORE vorgezeichneten Herangehensweise folgen und warm und melodisch arrangieren, gestaltet sie ihren Blues Rock sehr ursprünglich. Keine allzu weichen und satt produzierten Klänge wie AYNSLEY LISTER oder gerade ANA POPOVIC, sondern kernige, kraftvolle und gerade deswegen so verletzliche Kunst. Schon alleine optisch macht sie das gegenüber letztgenannter deutlich, statt dickem Lidschatten zeigt sie sich auf den Photos im Booklet ungeschminkt.

Nun könnte man annehmen, dass es die Dame ebenso kernig mag, was durchaus der Fall ist, doch das sie überzieht, kann man ihr beileibe nicht vorwerfen. Sie ist rau, aber eben nicht laut, sie kann ihren Anschlag zügeln und auch mal leise Töne auf den Hörer wirken lassen. Wie schon im zweiten Song, wo sie funkige Attitüde mit fast so etwas wie der Surfgitarre verbindet, den Drums dazu Raum für Akzente lässt. "All My Love" gibt sicher einen Hinweis auf die Eigenständigkeit in ihrem Songwriting, welche direkt danach beim vorab veröffentlichten  "The Best Thing" erneut aufgezeigt wird.
Noch ein weniger lässiger, etwas mehr Soul, doch schon jetzt unverkennbar. Weiter nimmt sich Taylor in "I´ve Been Loving You Too Long" zurück, das Bluesschema mit stoischem Bass und feinen Leadfills wird durchexerziert, aber eben reduzierter, spartanischer im Arrangement. Nicht selten erinnert das an die späten Sechziger, "Break My Heart Anyway" entführt den Hörer in den Laurel Canyon. Richtig mutig gibt sich die Dame in "Jake´s Boogie", nur sie und ihre akustische Gitarre sind zu hören, ohne auf ein paar geschickte Wendungen und Kanten zu verzichten.

So karg und trocken an die Sache heran gegangen wird, "Reckless Heart" weiß dennoch mit mächtigem Volumen im Sound zu überzeugen, die Titel sind feinfühlig in Szene gesetzt, man verzichtet lediglich auf den glatten Schliff. Was sich darin artikuliert, dass vieles etwas in den Hintergrund rückt, das anderswo die Szenerie beherrschen darf. Seien es die Tasteneinsätze von Hammond und Piano oder sie souligen Chöre, selbst ein paar Streicher werden nur subtil darunter gelegt, was eben den Weichspülereffekt unterbindet.
Federführend ist hier das klassische Rockinstrumentarium, wobei vor allem die Rhythmusgruppe sehr auffällig ist, was James Simonson am Bass und Ron Otis am Schlagzeug abliefern erzeugt enormen Druck. Gerade wie die Drums abgenommen sind ist phänomenal, die Power kracht nur so durch die Boxen, gleichwohl ist der Ton so klar und präzise und stets wohl dosiert. Produzent Al Sutton, der JOANNE SHAW TAYLOR nach Detroit in die "Rock City" lotste hatte schon zuletzt Anteil am Aufstieg von GRETA VAN FLEET.

Wehe wenn sie los gelassen, denn dann weiß die Backingband der gesamten Konkurrenz zu zeigen wie man rockt. Schon das eröffnende "In The Mood" swingt mit einem Boogie-Rhythmus ein, dass es eine Freude ist. Vor allem weil man nie weiß, was sie als nächstes veranstalten, ein Ass hat man immer im Ärmel ohne in allzu jazzige Verspieltheit abzudriften. So explosiv agieren heutzutage höchstens noch die RIVAL SONS. Unaufhaltsam treibt "Bad Love" nach vorne, die gute Joanne liefert flächige Riffs, singt und soliert beseelt, während das schwere "Creepin´" den Geist von Hendrix herauf beschwört. Die Scheibe bietet Blues in Reinkultur, die neuen Vorzeichen wurden genutzt, um sich noch mehr frei zu schwimmen, anstatt sich anzubiedern. (Pfälzer)

 

Bewertung:

Pfaelzer8,0 8,0 / 10


Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 46:53 min
Label: Silvertone/Sony
Veröffentlichungstermin: 15.03.2019

Wir benutzen Cookies
Für optimalen Benutzerservice auf dieser Webseite verwenden wir Cookies. Durch die Verwendung unserer Webseite erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden