Ewigheim - Irrlichter

ewigheim irrlichterEWIGHEIM hatte ich vor Jahren (damals, als das Summer Breeze noch in Abtsgmünd beheimatet war) einmal live gesehen, für ganz ok befunden und danach wieder aus den Augen verloren. Vor zwei Jahren ging ich dann auf Bitten eines Freundes mit ihm zu einem Konzert der Band und habe mich gefragt, warum ich sie all die Jahre nicht mehr beachtet habe. Das Album „Schlaflieder“ nahm ich gleich mal mit und das lief hier auch ziemlich oft. Da war es dann natürlich Pflicht, auch in das neue Album reinzuhören, damit ich endlich mal aufhöre, diese Band zu ignorieren.

Denn eigentlich macht das gefühlt 100. Projekt von Tobias Schönemann und Markus Stock genau die Musik, die ich mag. Angenehm gothicmäßig angehaucht, aber nicht so übertrieben kitschig, wie die meisten deutschen Gothic-Metal-Bands. Dazu kommen die feinsinnigen Texte von Ronny Fimmel, die eben auch um Längen besser sind als das, was die meisten deutschen Bands produzieren. Denn irgendwie scheint es sehr schwer zu sein, gute deutsche Texte zu schreiben und deshalb meide ich deutschsprachige Bands sehr oft.

Doch nun zurück zum Album. Gegenüber „Schlaflieder“ hat man das Tempo etwas angezogen. Dabei steht der erste Song, „Es werde Licht“ musikalisch noch eher in der Tradition des Vorgängeralbums und man kann den Text schon programmatisch auffassen. Nach dem Schlaf geht es nun ans aufwachen, bevor man den Irrlichtern hinterherjagt. Doch schon mit „Alles wird gut“ geht es deutlich härter zur Sache, während man textlich überraschend tröstlich unterwegs ist.

Überhaupt kann man dieses Gefühl des Trostes auf diesem Album sehr oft finden. Ohne dass die Band dabei ihren fatalistisch-morbiden Anstrich verliert. Dieser Balanceakt gelingt EWIGHEIM hier überraschend gut. Und neben zarten, einfühlsamen Melodien findet sich so manches harte Riff. Da wäre zum Beispiel „Leuchtturm“, in dessen Text sich auch der Bandname versteckt, dessen Rhythmus langsam und düster aus der Tiefe emporkommt, aufgepeppt mit einigen Elektrosounds. In seinem Verlauf wird das Stück immer dramatischer mit leichten Tendenzen Richtung Doom.

Und dann ist da noch „C’est La Vie“, dessen wunderschöne, fast schon fröhliche Melodie sofort ins Ohr geht und dessen Text irgendwo zwischen Hoffnung und Fatalismus bis hin zum Suizid pendelt. „Nackt und blutend“ beginnt schon gleich mit einem Ohrwurmrefrain und hier hat man sich auch nicht gescheut, ein paar Elektrosounds sehr akzentuiert einzusetzen.

Aber man kann auch heftig. Sei es nun in „Verzeih mir“ (großartiger Text!) oder in „Ein Flügel bleibt dir noch“, das neben der musikalischen Seite auch mit dem sehr poetischen Text begeistern kann. „Vom Mond gemalt“ zeigt von Anfang an die ganze Härte der Band und kann wirklich begeistern, auch wenn man im Laufe des Songs nochmal deutlich Tempo rausnimmt.

Einer meiner Favoriten auf dem Album ist „Spinnenkind“ – trotz grobem biologischem Fehler im Text (Leute, Spinnen haben acht Beine! Acht!). Hier zeigt die Truppe die ganze Bandbreite ihres Könnens. Sei es jetzt der wirklich wunderschöne Text oder die musikalische Umsetzung des Themas. Hier kommen auch Klavier und Geige zum Einsatz und neben ruhigen Passagen findet man hier die wohl härtesten Momente des Albums. Einfach ein großartiger Song!

Zum Abschluss der Scheibe liefert man dann noch den Quasi-Titelsong. Auch hier legt man wieder eher sanft los. Eingeleitet von Klavierklängen und zartem Flüstern entwickelt der Song eine angenehme Härte. Und steht damit auch wieder programmatisch für das gesamte Album. EWIGHEIM kreieren die perfekte Mischung aus Gefühl und Härte, aus Traurigkeit, Hoffnung und Wut. Insgesamt kann mich dieses Album, wie schon der Vorgänger, völlig überzeugen. Auf „Irrlichter“ findet sich kein einziger Ausreißer nach unten, man kann es immer wieder hören ohne sich auch nur im mindesten zu langweilen – und es ist eines der wenigen Alben mit deutschen Texten, das mir wirklich gefällt. Hier spürt man die Mühe, die in jedes Detail investiert wurde. Keine Ahnung, warum ich diese Band so lange nicht beachtet habe. Ich werde das von jetzt an vermeiden. Versprochen. (Anne)

Bewertung:

Anne8,5 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 44:55 min
Label: Golden Church/Kontor New Media/Edel
Veröffentlichungstermin: 18.01.2019

 

 

 

 

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