Nightwish + Battle Beast + Eklipse (21.04.2012, Esch-Sur-Alzette, LUX)

nightwish2012Das versprachen auf jeden Fall theatralische Konzerte zu werden bei dem Album, das uns NIGHTWISH vorgelegt haben. In der Tat hat "Imaginaerum" vieles von einem Filmscore, was der Vorliebe ihres Masterminds Tuomas Holopainen für Soundtracks geschuldet ist. Nun stand dessen Liveumsetzung auf dem Programm, welche die Finnen zuerst nach Skandinavien und anschließend Mitteleuropa führte. An dem Abend ging es in das kleine Fürstentum Luxemburg, genauer in die mittlerweile oft frequentierte Rockhal in Esch-Sur-Alzette. Dabei war die Frage wie sich die immer noch neue Frontfrau Anette Olzon schlägt, welche vor ein paar Jahren an gleicher Stelle nur bedingt überzeugen konnte.
Begleitet wurden die Symphonicmetal-Vorreiter von ihren Landsleuten BATTLE BEAST, die als das neue heiße Eisen im traditionellen Metal gelten. Und auch die deutsche Formation EKLIPSE wurde auf die Tour gehievt, allerdings hatte ich von denen zuvor noch nie etwas gehört.

EKLIPSE
Die gespannte Haltung wurde kurz vor Beginn noch durch die auf der Bühne platzierten Stühle verstärkt. Dann traten vier junge Damen auf die sehr spärlich ausgeleuchteten Bretter, allesamt mit Streichinstrumenten bewaffnet und legten gemächlich los. Neben den Bogen kamen auch die Finger zum Zupfen von Viola, Violine, Bratsche und Cello zum Einsatz. Leider war das Licht so gedämpft, das man die Gesichter kaum erkennen konnte.
Verstärkt wurde dieser Eindruck noch durch die geschminkten Masken und Ornamente, die bei vollem Licht zwischen den Songs zum Vorschein kamen. Deutlicher fiel dagegen die Augenklappe von Violinistin Scarlett auf. Gekleidet waren die vier Grazien in schwarz, das sich stilistisch zwischen Abendgarderobe und Fetischklamotten einpendelte.

Ach ja, Musik gab es auch und die war vom technischen Standpunkt aus gesehen auch wirklich auf gutem Niveau. Nur wird eine Idee nicht besser, wenn man sie zehnmal wiederholt. Habe ich irgendwen APOCALYPTICA rufen hören? Böse, verrätst die ganzen Karten, ab in die Ecke! Im Gegensatz zu der reinen Metalausrichtung wurde von diesem Quartett alles verwurstet was ihm in die Finger kommt.
LADY GAGA soll einer der Songs gewesen sein, wobei sich der Verfasser schämt, dass ihm die Melodie bekannt vorkam. Das ewige "Godfather´s Theme" passte da doch weitaus besser zum Thema klassische Ausbildung, welche die Vier genossen. Und "In The End" von LINKIN PARK zu den metallischen Klängen, weswegen der geneigte Hörer an dem Abend hier war.
Was das Ganze soll, weiß ich nicht, denn die meisten Zuschauer standen eher verwundert da und spendeten höchstens Höflichkeitsapplaus. Die Mädels haben es drauf, das steht außer Frage, die theatralische Aufmachung sorgt für Aufsehen, aber ob die Musikwelt das wirklich braucht, muss jeder für sich beantworten. Und das vielfach bewährte "Sex sells" zieht in der heutigen Medienlandschaft auch nicht mehr so.

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BATTLE BEAST

Eine ganz andere Hausnummer stellten dann die Landsleute des Headliners dar. Deren Frontfrau Nitte kann zwar nicht mit den Vorzügen des vorangegangen Acts mithalten, aber das zählt hier nur bedingt. Denn wenn man den truen unter den Metalheads Glauben schenkt, schließen sich Schönheit und echter Stahl aus. Und hier wird ein ganz traditionelles Eisen gegossen, mit allen erdenklichen Klischees. Als ich zum ersten Mal einen Promo-Song von BATTLE BEAST hörte, wusste ich nicht einmal, dass da eine Frau singt, denn ihre Stimme ist doch schon außerordentlich rau.
Aber das kommt den Kompositionen zugute, die vor Power nur so strotzen. Und die Band weiß das genauso umzusetzen und legt mit viel Engagement los. Dabei hatte man anfangs das Problem, dass beim Sound ein paar Spuren vor allem im Keyboardbereich wegkippten und dieser dann unausgewogen wirkte. So was kennt man normalerweise von der Rockhal nicht, die bislang immer mit bestechendem Klang glänzte. Doch im Laufe des zweiten Titels war auch das behoben und der Sechser konnte sich feiern lassen.

Das tat das Publikum nur allzu gerne, was mich und meine mitgereisten Kollegen überraschte. Wer andere Liveberichte aus Luxemburg kennt weiß, dass ich neben dem guten Sound auch gerne mal die mangelnde Stimmung angesprochen habe. Lag es an dem geringerem Durchschnittsalter als bei WITHIN TEMPTATION, dass es schon bei der Vorband lauter war als damals beim Hauptact? Keine Ahnung, es lässt sich nur mutmaßen. Doch der Beifall war verdient, denn die Jungs und das Mädel waren sehr spielfreudig und nutzten auch den Platz auf der Bühne. Vor allem das Frontfräulein feuerte ihr Publikum immer wieder an.
Optisch auch komplett auf Metal getrimmt lagen ihnen vor allem die Kuttenträger im Publikum zu Füßen. Bei allzu großer Klischeebedienung blieb auch das ein oder andere Fettnäpfchen nicht aus, Basser Eero hatte nicht unbedingt die Figur für eine Lederweste auf nackter Haut. Die hätte zur Freude aller Mädels der Schlagwerker Pyry gehabt, konnte die aber nur bei der Verabschiedung kurz präsentieren. Präsentieren konnte sich auch mehrfach Leadgitarrist Anton, der seine Fingerfertigkeit unter Beweis stellen konnte, ohne dabei in allzu selbstverliebtes Gefuddel zu verfallen. Mit diesem Auftritt konnte man bestimmt viele neue Freunde in der mittlerweile proppenvollen Halle finden.

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NIGHTWISH

Damit hatten sie ihren Anspruch voll erfüllt, die Menge für den Headliner anzuheizen, der schon mal ein ordentliches Pfund vorgesetzt bekam. Aber so erfahrene Cracks können da mit ihrer kompletten Maschinerie natürlich einen drauf setzen. Das Intro der neuen Scheibe wurde von Marco Hietala komplett gesungen während sich die Bühne noch hinter einem Vorhang aus Stoffstreifen befand. Dieser ließ nur einen schemenhaften Blick auf die nach und nach auftauchenden Musiker zu und blieb auch bei der ersten Strophe des Openers, bevor er zu Boden fiel. In dem Moment wurde das Licht verstärkt und die Leinwand begann die Projektionen abzuspielen. Ein erster Vorgeschmack auf die Show die folgen sollte.

Im Anschluss haute man direkt zwei absolute Hits von den vorherigen Alben heraus, was durchaus sehr mutig ist. Andere Bands heben sich solche Kracher noch ein bisschen auf, zumal sie nicht unbedingt nötig gewesen wären um die Menge in Stimmung zu bringen. Die Rockhal stand komplett hinter der Band, die Hände und Fäuste wurden gereckt und die Texte aus vielen Kehlen mitgesungen. Die Truppe wirkte ebenfalls sehr frisch und gut aufgelegt, selbst das oft introvertiert wirkende Bandoberhaupt legte eine enorme Spielfreude an den Tag.
Hier bewies sich vor allem der Basser und Mann für die männlichen Vocals als optischer Mittelpunkt des Geschehens. Da machen sich die mehr als zehn Jahre mehr Bühnenerfahrung als der Rest schon bemerkbar, denn er strahlt eine unheimliche Souveränität aus. So übernahm er viele Ansagen während Madame Olzon doch ein wenig verhalten wirkte. Auch an der Akustischen machte er eine gute Figur als er seinen Folksong  intonierte. Ansonsten schnallte er sich seinen Warwick John Entwistle Buzzard-Viersaiter um, ein mächtiges Instrument passend zu seiner Ausstrahlung.

An weiteren Effekten gab es natürlich Feuersäulen ohne Ende und zwar von allen Seiten. Ganz genial sind die Orgelpfeifen um die Keyboards von Holopainen, die nicht nur wuchtig aussehen, sondern ebenfalls aus allen Rohren feuern, Hammer! Auf dem riesigen Backdrop gab es abwechselnd passende stimmungsvolle Bilder oder düstere Videos zu sehen, welche die Atmosphäre perfekt unterstützten. Gerade die sehr theatralischen Titel von "Imaginaerum" gewannen dadurch noch mehr an Tiefe. Am Ende des regulären Sets kam der obligatorische Konfettiregen und zum Abschluss ein tolles Feuerwerk.

Auf die Umsetzung des Jazz-Stückes, an dem sich die Geister scheiden, durfte man auch gespannt sein, doch auch hier wurde die Nummer passend integriert. Dabei fiel auf, das Jukka Nevalainen keinen Jazz-Background besitzt und doch sehr improvisieren musste. Die Bewegungen des Oberkörpers zeigten denselben Rhythmus wie bei seinem sonstigen Powerdrumming. So musste er immer mit den Armen die Wucht aus seinen Schlägen nehmen, was ihm scheinbar nicht so leicht fiel. Dafür durfte er sich über ein Ständchen seiner Fans freuen, denn er hatte an dem Tag Geburtstag.
Bei vielen Liedern tauchte auch Troy Donockley mit seine Uillean Pipes und Flöten auf und sorgte so für die folkige Note. Schön zu sehen, dass man bemüht ist nicht alles von Einspielungen übernehmen zu lassen sondern versucht vieles live zu spielen. Bei der aktuellen Single hat er sogar seinen Einsatz als Leadvokalist während er im Background die beiden Frontleute öfter unterstützt. Auf der rechten Bühnenseite wo er sitzt ist normal das Terrain von Sechssaiter Empuu Vuorinen, der aber gerne mal den wilden Rocker raushängen lässt und die komplette Breite der Bühne beackert.

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Da blieb noch die Frage wie sich Anette Olzon schlug, denn auf ihr lastete ein Hauptaugenmerk. Zumindest optisch zog sie gegen die direkte Konkurrenz von Sharon den Adel vor einem halben Jahr klar den Kürzeren. Zu überschminkt, vor allem an den Augen und mit etwas unnatürlicher Frisur kam ihr mädchenhafter Charme nicht so zur Geltung. Auch das Outfit war eher unpassend, das schulterfreie weiße Bustier war eher unvorteilhaft. Dazu harmonierte es nicht mit dem schwarzen Rock und musste zudem ständig zu recht gerückt werden.
Aber wie schon bei EKLIPSE gibt es ja noch die A-Note und in der zeigte sie sich verbessert, auch wenn sie an ihre Vorgängerin rein technisch nicht heran reicht. Klar wurden die alten Lieder, die auch nicht so zahlreich waren, teilweise umarrangiert um sie ihrer Stimmlage anzupassen. Bei den Songs, die sie schon auf Platte interpretiert war sie bestens bei Stimme und verfügte auch live über das nötige Volumen. Sie ist inzwischen voll integriert und die Geschlossenheit im Bandgefüge war deutlich zu spüren.
Lediglich bei dem Durchbruchhit vom "Once"-Album hatte sie ihre Schwächen. Dabei brachte man den in einer akustischen Ausführung, tat ihr aber damit keinen Gefallen. Im Refrain agierte sie zu kraftvoll für die Höhen und kratzte ein wenig, das hatte was von einer Rockröhre wie Bonnie Tyler. Dabei hätte das Tempo der normalen Version das besser kaschiert, oder hätte sie die Melodielinien mehr hauchen müssen was bei der Instrumentierung gereicht hätte.

Dem Publikum waren so kleine Schwächen ebenso egal wie ein paar zuviele ruhige Songs in der Mitte des Sets. Die Stimmung war stets sehr gut und gerade in den leisen Passagen begleitete man die Titel hörbarer. Am Ende gab es dann noch einmal ein paar Kracher und die verdiente Hommage an den viel zu früh verstorbenen GARY MOORE. Im Zugabeteil hatte dann wieder das aktuelle Opus das Sagen, erneut ein Zeichen wie sehr die Formation hinter dem Material steht und wie sehr sie ihm vertraut. Aber bei so einer wuchtigen, atmosphärischen und gelungenen Darbietung kann auch nichts schief gehen. Über die Setlist kann man immer streiten, natürlich wäre ein Ausflug zu den beiden ersten Alben schön gewesen, aber bei 110 Minuten Spielzeit kann man nicht meckern. NIGHTWISH waren die ersten in ihrem Metier und stehen mit Ausnahme der Niederländer, die hier im Herbst ihr Gastspiel gaben weit vor der Konkurrenz, vielleicht sogar weiter als zuvor. (Pfälzer)

Setlist NIGHTWISH:
Taikatalvi (Intro)
Storytime
Wish I Had An Angel
Amaranth
Scaretale
Slow, Love, Slow
I Want My Tears Back
Come Cover Me
The Crow, The Owl And The Dove
The Islander
Nemo
Last Of The Wilds
Planet Hell
Ghost River
Dead To The World
Over The Hills And Far Away
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Finlandia
Song Of Myself
Last Ride Of The Day
Imaginaerum



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