Pendragon (20.05.2010, Colos-Saal, Aschaffenburg)

PENDRAGON waren mit „Pure“ für mich die Überraschung des letzten Jahres, obwohl ich die Truppe bisher nur vom Namen her kannte. Dabei war es eher Zufall, dass mir die Promo der bereits 2008 erschienenen und später von Inside Out vertriebenen Scheibe  in die Hände fiel. Schon als nach dem Intro des überragenden „Indigo“ der Gesang von Nick Barrett einsetzte war mir klar, dass hier mal locker acht Punkte fällig sein würden. Diese Emotionen, diese Tiefe, diese Harmonien, diese kompositorische Ausgefeiltheit waren sofort zu erkennen, heute erscheint mir die Neuner-Wertung noch zu wenig.
Natürlich stehen heute ein paar mehr Scheiben der Briten im IKEA-Benno, doch live machte sich die Formation recht rar. Lediglich der Auftritt auf der Loreley und ein paar vereinzelte Konzerte standen zu Buche. Nun kommt endlich eine größere Tour, die auch ein paar Stationen in Deutschland macht. Selbstverständlich darf für eine progressive Band das Aschaffenburger Colos-Saal nicht auf der Karte fehlen. Auf eine Vorgruppe wurde verzichtet, was so darf man mit den Neo-Proggern besser vertrauten Zuschauern glauben schenken normal sei.

Um es gleich vorweg zu nehmen, die Gebete wurden erhört und "Pure" in voller Länge zur Aufführung gebracht. Man fing auch direkt mit besagtem Opener an, was nicht nur bei mir zu Begeisterungsstürmen geführt hat. Überhaupt hatte ich mit der Setlist Glück, alles von Alben mit denen ich schon ein wenig mehr vertraut bin.
Beim abschließenden Solo des ersten Tracks des Abends zeigte Nick Barrett gleich was einen den ganzen Abend begleiten sollte. Warme, gefühlvoll getragene, himmelstürmende Gitarreneinlagen gab es innerhalb der zweieinviertel Stunden vom Fass. Da stand der gute Mann da vorne mit geschlossenen Augen und war eins mit seinem Instrument, wahlweise Strat oder Les Paul, hat halt Geschmack. Als Sänger wusste er beim Ausleben seiner emotionalen Kompositionen ebenso zu überzeugen. Sein leicht angerautes Timbre verleiht seiner Truppe ohnehin einen eigenen Charakter und hebt sie ein wenig von der Konkurrenz ab.

Vom Erscheinungsbild ist er eher ein in die Jahre gekommener Rocker, feuerte vor allem zwischen den Songs immer wieder sein Publikum an. Das erschien ein wenig befremdlich gegenüber seiner sonst virtuosen, akribischen Art, machte Barrett aber ungemein sympathisch, zu einem richtigen Kumpeltyp. Einem der zwischen den Songs seine Anhänger mit lustigen Geschichten aus dem Tourleben bei Laune hält. Einem, mit dem man gerne ein Bier trinkt, der nicht so ernst und unnahbar erschien wie in den Passagen völliger Hingabe. Da allerdings gibt er alles, zaubert einem mehr als einmal eine Gänsehaut über den Rücken.
Da ließ der Applaus nicht lange auf sich warten, das Colos-Saal-Publikum ist auch ein besonderes, eines das zu seiner Art passt. Während der Lieder höchst andächtig lauschend, um danach in lauten Jubel auszubrechen und die Anfeuerungen zurück zu geben. So schaukelte man sich im Verlauf des Konzertes immer mehr gegenseitig hoch, verlangte der Band viel ab und bekam das auch. Bei einer spontanen, nicht auf der Setlist vermerkten Zugabe kam der Frontmann ohne seine Sechssaitige aus und stieg zu seinen Fans hinab um mit ihnen gemeinsam zu feiern.

Sein Partner beim Weben dichter Klangteppiche, Clive Nolan stand eher regungslos hinter seiner Keyboardburg, konzentrierte sich ganz auf sein Spiel, welches perfekt mit dem Mittelpunkt der Show harmonierte. Wer genau hinschaute erkannte dass er nicht so unbeteiligt war wie er streckenweise dreinblickte. Immer wieder suchte er Kontakt zu seinen Mitmusikern, die alle eine ungeheure Spielfreude an den Tag legten.
Auf der anderen Seite bildete Fünfsaiter Peter Gee den Ruhepol und sorgte für die nötige Tiefe. Vor allem er suchte auch immer wieder den Kontakt zu Barrett und dem Publikum. Das war nachdem immer wieder alte Klassiker eingestreut wurden mittlerweile völlig aus dem Häuschen, feierte PENDRAGON nach allen Regeln der Kunst ab, was die Vier merklich berührte.

Hinten saß noch der "neue Mann" Scott Higham und hämmerte für Progverhältnisse mächtig auf seine Schießbude, was einige etwas störte. Bemerkenswert war seine Bewegungsdynamik, sein ständiges Pendeln mit dem Kopf wie man es von Boxern her kennt. So ein wenig wirkt er auch wie ein kleiner Box-Gym-Hooligan, aber einer der ganz netten Sorte, der sich riesig über die Publikumsreaktionen freute. Sein Spiel machte sich im ansonsten klaren Gesamtsound zu sehr bemerkbar, brachte die Songs zwar nach vorne dominierte einige Parts aber zu sehr. Was dem aktuellen Album viel half wirkte sich live ein klein wenig nachteilig aus.

Doch das sollte der einzige Kritikpunkt in einem begeisternden Gig sein, der nach einer Zugabe verlangte, die sehr vehement eingefordert wurde und dann üppiger als geplant ausfiel. Ja, da war er wieder, der Rock´n´Roll-Geist im fein gesponnenen Progressiv-Theater. Vielen Bands im Prog-Bereich wird ja angekreidet, dass sie zu wenig Spaß vermitteln, PENDRAGON können da abendfüllend dagegen halten.
Und auch länger, nach dem Gig standen die Musiker den Anhängern ausgiebig Rede und Antwort, was aber im Aschaffenburger Kult-Tempel zum guten Ton gehört. Weitere Fan-Nähe in Form von Shirts für zehn oder fünfzehn Euronen und Back-Katalog-CDs für einen Zehner sollte auch nicht unerwähnt bleiben. (Pfälzer)

Setlist PENDRAGON:
Indigo
Eraserhead
Paintbox
If I Were The Wind (And You Were The Rain)
Comatose
The Freak Show
Not Of This World
Nostradamus (Stargazing)
Breaking The Spell
It´s Only Me
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Masters Of Illusion
2 AM

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Vielen Dank an Peter Klapproth von Inside Out und Nick Barrett himself.


Photos von Manuela

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