Slayer + Anthrax + Alien Weaponry (03.08.2019, Stuttgart)

live 20190803 0000 Slayer 0SLAYER rufen zur “Final Tour” und die Fans folgen den Rufen. Zuerst sollte das Konzert zusammen mit ANTHRAX und den Neuseeländern ALIEN WEAPONRY auf dem Gelände des BANG YOUR HEADs stattfinden, doch schon im März wurde das Konzert in die Hanns-Martin-Schleyer-Halle (Porsche Arena) in Stuttgart verlegt. Gute Entscheidung, zunächst einmal wäre das Festivalgelände zu weiträumig gewesen, zum anderen war ich so sicher vom mich verfolgenden schlechten Wetter (Kiss (06.07.2019, Iffezheim), Steel Panther + Alestorm + Santa Cruz (11.07.2019, Saarbrücken)).

 

 

 

 

 

 

 

ALIEN WEAPONRY

Vermutlich durch Verzögerungen am Einlass verschob sich der Start der Neuseeländer um knappe 15 Minuten, was jedoch keinerlei Probleme mit sich bringt und eigentlich mehr als fair ist. So können die Noch-Newcomer aus Neuseeland ihren Thrash Metal aus vollen Rohren auf die recht gut gefüllte Halle thrashen. Und aus vollen Rohren trifft es gut, denn bevor das eigentliche Intro läuft, zuckt die ganze Halle erst einmal kurz zusammen, als das Intro scheinbar aus Versehen in extremster Lautstärke über die Boxen dröhnt. Der Fehler wird sofort erkannt und das Intro gestoppt. Zwei Schrecksekunden die alle aufwachen lassen, das Hallenlicht geht aus und es brodelt in der Menge.

Ich konnte die Band bereits im Vorprogramm der aktuellen ANTHRAX Tour bestaunen und daher wusste ich, was mich erwartet. Die zum Teil auf “Maori” gesungenen Songs haben einen ganz besonderen Flair, den man entweder hasst oder liebt. Mich persönlich erinnert es musikalisch an eine gesunde Mischung aus SEPULTURA, EKTOMORF und SOULFLY. Dabei bringen die Jungs aber noch genügend eigenen Stil mit ein, um nicht als reiner Klon durchzugehen.

Die Songs sind griffig, die Gang-Shouts in “Maori” kommen gut an und geben dem Ganzen einen speziellen Flair, der richtig cool ist. Auch die Halle nimmt die Band dankend an, und der erste Circle Pit bildet sich im vorderen Bühnenbereich. Dieser wird für den Rest des Abends nur noch in den Umbaupausen aufgelöst. Sänger Lewis de Jong animiert das Publikum gut und hat die Menge fest im Griff. Auch die recht große Bühne füllen die drei Jungs sehr gut aus und wirken sehr professionell. Kein Wunder, schließlich ist die Band schon gut neun Jahre aktiv. Bleibt zu hoffen, dass sie den Durchbruch mit der jetzigen Tour schaffen werden. Nach 30 Minuten ist Schicht, die Band bedankt sich bei SLAYER für die Tour-Einladung und bei ANTHRAX für die gemeinsame Zeit.

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ANTHRAX

Punkt 21 Uhr erklingt IRON MAIDENs “The Number Of The Beast” in infernalischer Lautstärke durch die Arena, es ist soweit - ANTHRAX stehen bereit. Los geht es mit dem übernatürlichen Riff von “Cowboys From Hell” (PANTERA), bevor die Band sehr gekonnt zu “Caught In A Mosh” überleitet und Joey Belladonna die Bretter betritt. Noch immer hat der Halbindianer eine wahnsinnige Ausstrahlung und Bühnenpräsenz. Stimmlich hält er nach wie vor das sehr hohe Niveau meiner Meinung nach und klingt grundsätzlich live immer besser als auf den alten Studioaufnahmen von früher. Nicht jeder in der Halle ist der Meinung, aber ich denke das liegt zuweilen auch am Sound und wo man selbst in der Halle steht oder sitzt.

Die Fans begrüßen ANTHRAX wohlwollend und auch der Circle Pit ist noch mal offen. Für mich etwas überraschend kommen ANTHRAX beim SLAYER Publikum deutlich besser an, als ich angenommen hatte. Die BIG FOUR Shows sind eine Sache, aber bei einem Headliner-Gig hätte ich ehrlich gesagt andere Reaktionen erwartet. Die Setlist selbst bietet nur wenige Überraschungen bis auf das von der Band neuentdeckte “Now It’s Dark”, das auf der aktuellen Tour das erste Mal seit 27 Jahren gespielt wird.

Die Band selbst ist gut gelaunt,und es ist deutlich zu spüren dass die Größe der Halle für die Band und ihre Musik perfekt ist. ANTHRAX Konzerte funktionieren sowohl im Kleinen als auch im Großen sehr gut. Joey zeigt einmal mehr, wie verdammt sympathisch er ist. So wirft er ständig Pleks ins Publikum, interagiert mit einzelnen Fans und steht fast keine Sekunde still. Der geborene Frontmann, auch wenn man seine Position in der Band nicht immer so ganz klar verstehen wird.

Soundtechnisch könnte es etwas besser sein, auf meinem Logenplatz ist es aber ziemlich ok, und man hört alles sehr gut, wenn auch nicht immer differenziert genug. Scott Ian ist noch immer wild am Hüpfen, was gerade bei “Got The Time” und auch “I Am The Law” oder “Indians” extrem auffällt. Joey lässt den “War Bonnet” beim Abschluss mit “Indians” übrigens weg, auch wenn ich das immer ein cooles Gimmick fand. ANTHRAX nehmen sich eben nicht so ernst wie andere Kollegen in der Szene.

Wie bei den bisherigen Shows auch kann ich lediglich bemängeln, dass John Donais noch immer so wirkt, als könnte er die Solos auch einfach hinter der Bühne spielen. Ich bin nicht sicher, ob es an seinem Stage-Acting liegt, oder daran dass er noch nicht vollständig integriert ist. Fakt ist jedenfalls dass er neben Joey, Scott, Frank und Charlie ein wenig untergeht. Was aber kein Wunder ist, denn die vier anderen Bandmitglieder sind natürlich Aushängeschilder, und wie soll man beim Thema Stageacting schon gegen Kandidaten wie Scott Ian oder Frank Bello ankommen.

Nach einer Stunde ist Schluss und mit einem gekonnten Wardance zu “Indians” endet eine großartige ANTHRAX-Show erneut mit einem PANTERA-Riff. Schön dass ANTHRAX auch weiterhin stets Tribut zollen. Scott Ian versteht es übrigens noch immer, die Massen zu begeistern. Für den Wardance fordert er die gesamte Halle inklusive Tribüne zum Aufstehen. Schließlich ist es die “Fucking Last Chance To See Slayer Live in Germany and Europe!”. Das Publikum hört auf ihren Mentor und macht mit, großartig.

Setlist ANTHRAX:

Caught in a Mosh
Got the Time
Madhouse
Now It's Dark
I Am the Law
In the End
Antisocial
Indians

 

live 20190803 Anthrax 02 Anthrax

 

SLAYER

Es ist so weit, nach so vielen Jahren bin ich endlich bei einer Hallenshow der Erschaffer von “Reign In Blood”. Schon immer war es ein Wunsch von mir, diese Band in einer Halle und als Headlinershow zu sehen. Klar ist es auf einem Festival cool, aber in einer Halle hat es einfach mehr Druck. Und mit dieser Einschätzung liege ich gar nicht mal so falsch. Was SLAYER an diesem Abend präsentieren, ist schier unglaublich. Wenn ein Panzer über meinen Kopf fahren würde und langsam der Knochen bersten würde, würde das wohl so ähnlich klingen. Es gibt gewiss brutalere und heftigere Bands im Genre, aber es gibt für mich nichts brachialeres als SLAYER.

Doch wollen wir zunächst mit dem negativen beginnen, denn leider gibt es auch da ein bisschen was. Zunächst einmal ist es für mich ein wenig befremdlich ein derartiges Konzert von einer Loge aus zu sehen. Ich war ein wenig verwundert, als es hieß es gäbe Sitzplätze, “Sitzplätze bei einem SLAYER-Konzert?”, da kommt natürlich direkt die Frage auf “Werden die Sitze halten?” Doch Spaß beiseite, die Größe der Porsche-Arena ist nicht optimal für ein SLAYER-Konzert. Was bei ANTHRAX gut funktioniert, nimmt bei SLAYER die Energie raus. Natürlich drückt der Sound ordentlich und die Show ist mörderisch. Allerdings würde ich lügen, wenn ich behaupte, dass so mancher Song ein wenig vor sich hin plätschert. Nicht im negativen für die Band. Es ist einfach nur so, dass sich die Energie nicht so stark auf das Publikum verteilt wie es in einem kleineren Rahmen der Fall wäre. Dennoch ist es ein Hammer-Konzert und die Band präsentiert sich von ihrer besten Seite.

Bereits mit dem Opener “Repentless” werden die ersten Pyros gezündet und Gary Holt beginnt das Haupthaar zu schütteln. Was er übrigens den ganzen Abend so beibehalten wird, ich hab selten jemanden derart mit Leidenschaft zappeln sehen. Einfach unglaublich, wenn Jeff Hannemann das sehen könnte, wäre er gewiss mit seiner Nachfolge zufrieden (Nicht das es daran jemals Zweifel gegeben hätte). Zu “World Painted Blood” werden das erste Mal die imposanten Flammen auf den Verstärkertürmen gezündet, was ein imposantes Bild abgibt. Das Publikum tobt und es gibt mehr und mehr Circle Pits über die Halle verstreut. Auch auf den Tribünen geht es langsam vorwärts, was Tom Araya dazu verleitet einen Fan auf der Loge besonders zu loben. Zu “War Ensemble” gibt Tom wie gewohnt eine kleine Ansprache, bevor SLAYER die Halle mehr oder weniger in Schutt und Asche legen.

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Die Band spielt sehr tight und hat sichtlich Spaß dabei. Mit dem Energiebündel Gary Holt haben SLAYER einiges an Stageacting hinzugewonnen, wobei ich hier jetzt niemandem auf die Füße treten möchte. Kerry King ist nach wie vor eine Art lebender Panzer und schmettert seine Gitarrenriffs gen Publikum. Das Solo bei “Raining Blood” lässt er hingegen vollständig sausen und die Band geht in den nächsten Song über. Der sagenumwobene Effekt mit den umgedrehten Kreuzen zu “Raining Blood” funktioniert 2019 übrigens noch genau so gut wie früher und hinterlässt offene Münder.

Der Sound ballert von der ersten bis zur letzten Sekunde wahnsinnig brachial durch die Boxen. SLAYER fahren schon seit jeher ein wahnsinniges Brett, was sollten sie daran also für ihr finales Konzert ändern? Nichts, und das ist auch verdammt nochmal gut so. Die Setlist selbst lässt für mich keine Wünsche offen. Dabei gehen SLAYER nicht den Weg vieler Kollegen und spielen nur ausgewählte Nummern oder nur alte Songs. Die Setlist beinhaltet durchaus auch starkes Songwerk der beiden Spätalben “World Painted Blood” und “Repentless” was ich nur begrüßen kann. Der Nacken hingegen dankt keineswegs und ist bei so manchem Konzertbesucher auf Dauerrotation, bei einigen eventuell auch zu sehr.

Gegen Ende des Konzerts ziehen sich zwei Betrunkene auf die Loge hoch und spaßen damit die nicht fest verschraubten Stühle der Presselounge gen Innenraum zu werfen. Der Plan gelingt nicht, stattdessen fällt einer der beiden quer über den Stuhl zu Boden. Ähnlich einem Mistkäfer auf dem Waldweg liegt er für ein paar Minuten da. Verletzt ist er zum Glück nicht, stattdessen steht er 2 Songs später munter auf zwei Beinen und fotografiert weiter. Wobei sein Kollege es sichtlich hinter sich hat und auf einem Stuhl Platz nehmen muss. Besser so, über Bier im Nacken lässt sich sicher streiten, Kotze mag jedoch niemand über bekommen. Was hier sicherlich ähnlich geworden wäre, wie einst bei Tom Gerhardt in einer deutschen Komödie, deren Name ich hier nicht weiter erwähnen möchte.

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Das sie es wirklich ernst meinen mit dem Abschluss wird am Ende des Konzerts noch einmal deutlich. Das Hallenlicht geht an, Tom Araya seht schweigend und breit grinsend auf den Bassboxen vor der Bühne und blickt ins Publikum. Das wirkt nicht nur wir ein Abschied, das scheint auch wirklich einer zu sein. Manche Bands halten sich scheinbar daran, dass sie besser aufhören, wenn es am Schönsten ist. Mal sehen, ob SLAYER ihr Wort halten werden. Ich habe nicht dagegen einzuwenden, aber auch nicht dagegen wenn diese brachiale Thrash-Metal Band wieder zurückkehrt. Ein großartiges Fest und ein großartiger Abschluss für SLAYER in Deutschland und Europa, dass der letzte Song “Angel Of Death” ist, zeigt auch dass sich die Band hier einmal mehr Gedanken machte. (Pascal)

Setlist SLAYER:

Repentless
Evil Has No Boundaries
World Painted Blood
Postmortem
Hate Worldwide
War Ensemble
Gemini
Disciple
Mandatory Suicide
Chemical Warfare
Payback
Temptation
Born of Fire
Seasons in the Abyss
Hell Awaits
South of Heaven
Raining Blood
Black Magic
Dead Skin Mask
Angel of Death

(Fotos: Pascal)

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