Sweden Rock Festival (05. - 08.06.2019, Sölvesborg (S)) - Freitag, 07.06.2019

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Freitag, 07.06.2019

THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA (Sweden Stage)
Der dritte Tag begann direkt mit einem Höhepunkt, quasi hinter dem Eingang empfing uns einer der Aufsteiger der letzten Jahre. Mit dem Wetter hatten die Veranstalter auch in dem Jahr wieder viel Glück, zu solch sonnigen Klängen muss sie einfach grell vom Himmel scheinen. Dabei hatten sich die Musiker eher dagegen gewappnet, Richard Larsson saß da vorne an seinen Tasten und war mit rotem Hut Fliegersonnenbrille und Hawaii-Hemd die Coolness in Person.
Überhaupt wurde der Zuschauer noch bevor er sich auf die Musik konzentrieren konnte von der Optik erschlagen, mit welcher die Truppe auflief. Der Aushilfsbassist wurde in den selben weißen Anzug wie Sharlee D´Angelo, welcher mit ARCH ENEMY deutsche Festivals unsicher machte. Einen ebensolchen trug Rhythmuspartner Jonas Källsbäck und dieses Mal auch Chefpilot Björn „Speed“ Strid. Ob er und seine charmanten Stewardessen die Fluglinie gewechselt haben ist nicht bekannt, bei der Hallentour wählte man noch lila.

Da nahm sich Gitarrist David Andersson mit seinem schwarzem Hemd und Hosen einigermaßen alltäglich aus. Der war froh über die große Bühne, auf der er deutlich mehr herum stolzieren konnte, während sein Sänger bei seinen Soli auch noch Platz an der Rampe hatte. Das hatte ich ja schon nach dem Gig in Saarbrücken geschrieben, dass diese Combo mehr Auslauf brauche. Den wussten die Frontfiguren zu nutzen und waren ständig unterwegs, wobei Sebastian Forslund weiterhin hinter ein paar Percussions Platz nehmen musste. Wenigstens kam Andersson zu ihm, als er zu Gitarre griff um ein paar Fills gemeinsam zu spielen. Selbst da hinten zeigte er seine lässig eingeknickte Hüfte, mit der er seine Axt im Takt wippte.

Wippen und Takt, das waren die Stichworte, denn schon mit dem leicht angefunkten Opener des aktuellen Rundlings ging es im Disco-Stampfschritt durch ein paar Jahrzehnte Rockgeschichte. Natürlich liegt der Fokus auf den von der Konkurrenz sträflich vernachlässigten Spätsiebzigern. Davon gab es die volle Ladung, einer Zeit, in der Musik einfach nur Spaß machen konnte, als man die Schwermut des Prog und Depression des Punk hinter sich hatte. Frei, zügellos, bisweilen hedonistisch und immer am Rande des Wahnsinns.
An den brachten die beiden Damen im Hintergrund den einen oder anderen Zuschauer mit den hautengen Mini-Kleidern. Doch damit begann des Wahnsinns fette Beute erst, ihr Stageacting mit völlig überzogenem Grinsen, huldvollem Slow Motion-Winken, Anrufen entgegen nehmen und Dancemoves war zum Brüllen. Doch die meinen das bierernst, die klatschten sich sogar ab, als sie nach vorne durften, um Strid den Schweiß abzutupfen, nur um sich danach ein Gläschen Prosecco zu gönnen.

Bei so viel Schauwerten muss die Musik schon Durchschlagskraft besitzen, um noch zu wirken, die des NIGHT FLIGHT ORCHESTRA geht wie ein Ziegelstein durch eine Fensterscheibe. Die Leute wurden förmlich von den Grooves mitgerissen und wer nur kurz vorbei kam, der konnte nicht widerstehen da mitzugehen. Das meiste stammte von den beiden letzten Meisterwerken, die alles beinhalten was AOR braucht. Schwelgerische Refrains, knallige Arrangements, knackige Riffs, weite Melodien, feurige Grooves, eine veritable Boxerhymne und ein paar kleine Schlenker Richtung instrumentaler Zurschaustellung paarten sich in idealer Weise. Jeder Song wurde spätestens beim zweiten Chorus lauthals mitgegrölt, während sich die Leute in Ekstase tanzten.

„Speed“ war der Dompteur, der die Menge und seine Mannschaft im Griff hatte. Die spielte supertight all ihre Erfahrung aus, auch wenn sie diese in unterschiedlichen Metiers gesammelt hat. So konnte sich der unglaubliche Drive der Stücke bestens entfalten und niemand konnte sich ihm entziehen. Die Fans waren für alle Späße zu haben, zu denen sie der Frontmann aufforderte, am Ende gaben sie ihm zum bekannten Rausschmeißer von Debüt eine Polonaise über den ganzen Platz. Was bei anderen Rockbands zum Fremdschämen animieren würde, kam bei den Schweden kein bisschen peinlich. Hier regierte einzig und allein der Spaß an der Musik, da war alles erlaubt. Eine der großartigsten Bands unsere Zeit! (Pfälzer)

Setlist THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA:
Sometimes The World Ain´t Enough
Living For The Nighttime
Speedwagon
Midnight Flyer
Gemini
Something Mysterious
Paralyzed
Can´t Be That Bad
1998
This Time
Lovers In The Rain
West Ruth Avenue

live 20190607 0101 thenightflightorchestralive 20190607 0107 thenightflightorchestra

MAGNUM (Festival Stage)
Danach ging es ganz schnell rüber zu den anderen Bühnen, welche ohne Changeover ihr Programm starteten Also gerade um mitzubekommen, dass MAGNUM mit einem Titel ihres 88er „Wings Of Heaven“ in ihr Set einstiegen. Zu selten gibt es von der Scheibe, an die ich persönliche Erinnerungen knüpfe zu hören, umso schöner dass man an dem Tag noch einen weiteren im Gepäck hatte, auf „Days Of No Trust“ muss ich wohl ewig warten. Gerade der Longtrack von dem Album zeigte, wie tiefgehend die Lyrics der doch eher in die kommerzielle Ecke gestellten Combo sind.

Vor allem für so einen Festival auftritt ist die Zusammenstellung einer Setlist immer eine Herausforderung, diese wurde auch zu einer Herausforderung für die Fans. Die Zeit nach der Reunion ließ die Truppe zwar außen vor, wobei es da vom eher schwächeren „Sacred Blood „Divine“ Lies“ noch die meisten Beiträge gab. Aber dafür mussten einige Klassiker insbesondere „Kingdom Of Madness“ weichen. Das ebnete den Weg für ein paar andere länger nicht mehr gehörte Nummern, was generell zu begrüßen ist, wie erwähnt hat man genug Hits in der Hinterhand.

Fragen musste man ebenso, ob der ewig gleiche atmosphärische Exkurs in ihrer Referenznummer auch bei so einer kurzen Spielzeit sein muss. Doch Bass Tony Clarkin lässt sich augenscheinlich wenig beirren und zog sein Ding durch. Was bedeutete, dass er meist hinten vor den Boxen stand und dabei seine großartigen Riffs und Soli brillant runterbetete. Im Umkehrschluss war allerdings auch sein Aktionsradius eher gering, kam kaum aus seiner Ecke heraus, und die Sache mit dem Lächeln üben wir auch nochmal. Sicher wirkt er nicht mehr so geheimnisvoll wie in den Achtzigern mit Hut und langem Bart, doch emotionale Regungen waren nur marginal abzulesen.

Da war sein Frontmann und langjähriger Partner eine ganz andere Marke und riss die Show an sich. Es ist jedes Mal aufs Neue beeindruckend wie gut der Mann mit seinen über siebzig Jahren noch bei Stimme ist. Gerade von der AVANTASIA-Tour zurückgekommen, geht es gleich mit den Festivalgigs seiner Hauptband weiter. Vielleicht ist das die Rezeptur, die Stimmbänder immer in Schwingung zu halten, um weiterhin so kraftvoll singen zu können.
Nicht nur von der Power, gleichfalls vom Ausdruck und der Intonierung war Bob Catley eine Klasse für sich. Dazu malte er seine Melodien mit seiner unnachahmlichen Gestik in den sonnigen Himmel und unterstrich so ihre Wirkung. Im Gegensatz zu seinem Gitarristen war er obendrein noch viel unterwegs und interagierte mit dem Publikum. Wie sehr ihm das nach wie vor Freude bereitet stand ihm jederzeit im Gesicht geschrieben, da lebte jemand seine Songs.

Getrieben wurde das Ganze von Lee Morris, einem der beiden neuen, welcher mit seinem Metalbackground den altehrwürdigen Rockklassikern Dampf machte. Sein Partner an den vier Saiten war auch von der Präsenz her einer der Motoren und viel unterwegs auf der Bühne, immer mit Kontakt zu den Fans. Der andere Neuzugang Rick Benton an den Tasten bekam auch ein paar Spots, in denen er sich beweisen konnte und dem MAGNUM-Sound mehr hinzufügte als ein paar wuchtige Fanfaren.
Profitieren konnte die Formation auch vom transparenten Sound, der seine Tastenklänge schön heraus arbeitete. Auf große Showelemente konnte verzichtet werden, die Musik sprach wie immer für sich. Bei dem Klangerlebnis war es eine Leichtigkeit die Fans zu überzeugen, die ihnen in der Mittagssonne huldigten und die weiten Melodien gerne mitsangen. Man kann nur hoffen, dass uns die Briten noch lange erhalten bleiben, wo sich so viele aus dem Geschäft zurück ziehen, aber ein neues Album soll ja in der Mache sein. (Pfälzer)

Setlist MAGNUM:
Wild Swan
Sacred Blood „Divine“ Lies
Lost On The Road To Eternity
Crazy Old Mothers
How Far Jerusalem
All Englands Eyes
Vigilante
Don´t Wake The Lion (Too Old To Die Young)
Sacred Hour

live 20190607 0206 magnumlive 20190607 0205 magnum 

(Photos: Pfälzer)

THUNDERMOTHER (4 Sound Stage)
Unter einem klaren blauen Himmel schlugen die schwedischen THUNDERMOTHER wie ein Blitz ein und trafen eine Menge unter Strom stehende Leute, die sie mit offenen Armen empfingen.
Da ich diese Band nie live gesehen hatte war ich überaus beeindruckt von Gründerin Filippa Nässil. Sie erwies sich als eine der fähigsten Gitarristen, die ich je gesehen habe. Eine coole Person, voll ausgelassener, lebendiger Musik wie die weit und tief nuancierten Töne, die von ihrem Instrument kamen.

Auf ihren ersten beiden Alben war die Gruppe stark von AC/DC beeinflusst, und da finden wir ihren ursprünglichen Sound. Das dritte und selbstbetitelte „Thundermother“ erschien letztes Jahr und hat einen leicht veränderten Stil mit einer Art groovigem Blues, auch wenn es weiterhin starker und schwerer Rock ist.
Sie wurden vor fast zehn Jahren aus der gestartet, aber außer Nässil sind alle übrigen Mitglieder während der letzten zwei Jahre dazu gekommen.
Die neue Sängerin Guernica Mancini war mit ihrer erwachseneren Stimme eine exzellente Wahl. Sie transportiert ein bisschen Heiserkeit, die ein authentisches Feeling und Intensität mit einbringt. Wegen ihres Charismas und Looks erinnerte sie mich ein wenig an JANIS JOPLIN.

Die Sonnenstrahlen ließen die weiß - und goldfarbene Gitarre sowie die Metal-Nieten an Filippas blauer Weste heller als ein Scheinwerfer strahlen. Nach einem Solo, welches sie mit einer Glasflasche spielte jubelte das Publikum so laut, dass es nicht möglich war zu hören, was sie sagte.
Emlee Johansson warf ihre Drumsticks in die Luft. Mit einem flirtenden Glanz in ihren Augen fing sie diese wieder auf.
Die Band riss Song auf Song herunter. Wenn sich Gitarre und Bass trafen, Seite an Seite oder gegeneinander eine enorme Energie griff auf jeden über.

Wir sahen eine Band die sehr gut miteinander agierte und wirklich wusste was sie da tat.
Ihr Klassiker „Shoot To Kill“, das neuere „Racing On Mainstreet“ und „We Fight For Rock´n´Roll“ sind nur ein paar Beispiele für Lieder, die sowohl mit Keckheit als auch freundlichem Gemeinschaftsgefühl gespielt wurden.
Plötzlich verschwand das toughe Gitarren-Chick und kam auf den Schultern eines Crew-Mitgliedes sitzend zurück. Auf diese Art bewegte sie sich langsam durch den Großteil der Menge während sie weiter zockte. Diese kleine Dame ist ein Star, der eins ist mit ihrer Gitarre. Nebenbei ist sie sehr natürlich und einer der nettesten Menschen die ich getroffen habe.

Das Publikum war verblüffend und ihm wurde mehr als einmal mit einem „Skål!“ gedankt. Wie eine Welle kam das Party-Feeling über uns alle. Ein extra Gruß wurde auch an all ihre deutschen Fans gerichtet und die Autorin dieser Zeilen kann Euch empfehlen ihre Website zu besuchen, denn es werden in diesem Jahr viele Shows in Deutschland kommen.
THUNDERMOTHER-Nässil wurde dann für einen Moment sehr ernsthaft und nachdenklich als sie den nächsten Song ansagte. Sie hatte Mikkey Dee und Lemmy Kilmister von MOTÖRHEAD zwei Wochen bevor Lemmy starb getroffen. „Deal With The Devil“ schrieb sie für ihn. Sie kam aus dem Rauch auf der Bühne hervor und es war keine traurige Ballade, sondern ein Stück mit viel Speed das Mr. Kilmister selbst gefallen hätte.

Balladen sind etwas, die zuvor nicht im Repertoire dieser Frauen existierten, doch auf dem letzten Album erschien ihre erste. „Fire In The Rain“ fesselte mit Mancinis kraftvollem Gesang jeden in einer groovigen, melancholischen Art.
Dann gaben sie wieder Gas, das es fast zu rauchen anfing. Als Konzertbesucher war es schwer still zu stehen. Es ging darum alles zu geben, genauso wie die Künstler auf der Bühne. (Anna)

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EASY ACTION (Rock Stage)
Wie jedes Jahr hatte das diesjährige SRF wieder einmal eine schwedische Überraschung parat. Dieses Jahr war es an den Hard Rock/AOR-Helden EASY ACTION die schwedische Flagge hochzuhalten. Weshalb die Stimmung im Publikum vor dem Auftritt latent feindselig, respektive angespannt gewesen war wird sich wohl nicht klären lassen. Doch das Entscheidende war, dass bereits die ersten Töne des Sets für gute Stimmung sorgten.
Zuvor war schon angekündigt worden, dass die Truppe im Line-Up des zweiten Albums antreten wird und dementsprechend gestaltete sich die Playlist. Von Beginn an präsentierte sich eine Gruppe welche schon seit Jahrzehnten nicht mehr zusammengespielt hat, jedoch top eingespielt war. "That Makes One" wurde tatsächlich nahezu in Gänze gespielt und es ist mehr als beachtlich, wie gut die einzelnen Musiker miteinander harmonierten.

Selbst der sonst so reservierte Kee Marcello kam aus dem Grinsen nicht mehr heraus und genoss sichtlich den freudigen Applaus des Auditoriums. Schwer war dieser Siegeszug für die Band natürlich nicht, ist die zweite Platte ein total unterbewertetes Juwel. Lediglich "Only Love" wurde vergessen und - jenes kommt wirklich einer Überraschung gleich - alle weiteren Nummern wurden eben nicht mit Liedern des gleichnamigen Debüts aufgefüllt, sondern mit eher unbekannten B-Nummern der Anfangsjahren, die wohl nur wahren Kennern bzw. Besitzern diverser Special Editions bekannt sein dürften. Am Ende der Spielzeit hinterließen die Local Heroes definitiv nur fröhliche Gesichter und auch die Hoffnung, dass dieser Gig nicht der einzige gewesen ist. (David)

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LISA LYSTAM FAMILY BAND (RockKlassiker Stage)
Irgendwer hatte den US-amerikanischen Süden an die Südspitze Schwedens gezaubert, anders kann ich mir nicht erklären wie solche Klänge zustande kommen konnten. Gut, rein landschaftlich ist man in der Blekinge Län nicht so weit weg von den Appalachenausläufern Virginias, doch ich rede hier eher von Kentucky, Tennessee und Jacksonsville, Florida. Was diese Familienbande auf die Bühne zauberte hatte ihre Wurzeln ganz tief im American Songbook und im Erbe der ehemaligen Sklaven. So tief, so erdig, so authentisch habe ich den weißen Blues selten gehört und wer sich meine Artikel anschaut – in letzter Zeit habe ich viel weißen Blues gehört.

Die 25-jährige schwebte in ihrem langen bunten Kleid über die Bühne und legte so unglaublich viel Gefühl in ihren Gesangsvortrag. Ob rockiger Biss, cooles Crooen oder sanftes Säseln, sie beherrschte jede Disziplin. Dabei präsentierte sie eine kraftvolle Stimme, die sie aber nie übertrieben oder als Selbstzweck eingesetzt wurde. Ihre Laune ob des vielen Zuspruchs war blendend, mit sympathischer Zurückhaltung und fast mädchenhaften Charme unterhielt sie sich mit dem Publikum. Doch nicht nur mit ihrem Gesang bewies sie Musikalität, die Mundharmonika blies sie bei einigen Songs wie ein Altmeister und integrierte auch das Element in den homogenen Gesamtsound.

Dabei konnte sie sich auf ihre Nebenleute verlassen, die beiden Gitarristen Fredrik Karlsson und Matte Gustafsson waren top aufeinander eingespielt. Auch wenn sie die Saiten nicht so heftig anschlugen, gaben sie Stücken wie „Worship Me“ doch einen feinen Drive mit. Wie die Bandleaderin so fügten auch sie sich stets dem Songs unter und stellten ihre Künste in deren Dienst. Umso schöner, da sie individuell einiges zu bieten hatten, was sie heraus stechen lassen könnten wie ihre gefühlvollen Soli und die lässigen Slides. Die wurden alle, wie es sich für eine Familie gehört, brüderlich geteilt, man ließ gerne den anderen glänzen.

Es war einfach dieses Miteinander, das einen so faszinierte, eine Band die unglaublich harmonierte. Jeder Ton passte genau aufeinander, die Rhythmusfraktion lieferte den idealen Untergrund dazu, auf dem sich die Emotionen aufbauen konnten. Wenn dann alle nach vorne kamen und LISA LYSTAM bei den Vocals unterstützten, war Gänsehaut angesagt. Die verdammt tighten mehrstimmigen souligen Chöre, welche Nummern wie „I´ll Get By“ veredelten hatten so viel Tiefe, dass sie spürbar waren, das ging ganz tief runter.
Auch klangtechnisch war die warme Abmischung, eine der besten im Zelt geradezu ideal, das stimmte einfach alles in dem Paket, nie und nimmer hätte ich da auf einen schwedischen Act getippt. Selbst von der Optik her waren die Fünf aufeinander abgestimmt, lange Haare, Bärte, Schlaghosen und bunte Hemden waren so in den Siebzigern zuhause wie auch die Musik. Sicher die Überraschung des Festivals, von dem Bluesensemble wird man noch viel hören. (Pfälzer)

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AXEL RUDI PELL (Festival Stage)
Da war es echt schade, dass wir vorzeitig bei der LISA LYSTAM FAMILY BAND gehen mussten, doch wenn der Pellator ruft, lässt man ihn nicht warten. In Deutschland schon oft gesehen war es auch mal interessant seine Combo auf internationalem Parkett zu erleben. Viel änderte sich da allerdings nicht, immerhin war er zuvor schon auf dem Festival zu Gast. Nach dem obligatorischen Intro ging es mit dem Eröffnungsdoppel des aktuellen Longplayers los, das gleich rasant einstieg.
Ebenso rasant natürlich die Performance des kleinen Frontmanns, der zu den voran genannten Songs gerade rechtzeitig auf die Bühne gerannt kam. Und ans Stillstehen dachte er während der gesamten 75 Minuten nicht, er wusste den Raum auf den Brettern zu bieten, welche ihm die Festival Stage bot. So trat er seinen eigenen Ein-Mann-Circlepit los, irgendwo musste er ja hin rennen. Seine typische Art kam natürlich bei den Fans an, welche er von Beginn an im Griff hatte.
Johnny Gioleli ist schon eine Rampensau vor dem Herrn, der das Geschehen an sich zu reißen versteht. Immer diese gewinnende Lächeln aufsitzen, wenn er seine Ansagen im Maschinengewehr-Takt machte. Dazu natürlich diese Stimme, welche mit unglaublicher Inbrunst die weiten Melodien so sauber rüber brachte. Mit einem solchen Sänger kannst Du als Komponist natürlich jegliche Dynamik einbauen, der Mann weiß sie zu transportieren.

Im Vergleich zum Konzert im letzten Jahr hielt sich der Songschreiber bei seiner Bühnenpräsenz etwas zurück. Schade, hatte ich ihn doch gelobt, dass er endlich mal aus sich heraus geht und etwas aktiver im Umgang mit dem Auditorium ist. Vielleicht war ihm die große Bühne auch nicht geheuer, so dass er sich lieber im Hintergrund aufhielt. Damit wollte sich der gute Johnny nicht zufrieden geben und beorderte ihn bei seinen Soli in den Mittelpunkt. Da konnte er dann genau das tun, was er am liebsten tut und brannte ein Feuerwerk auf seinem Stratocaster ab, bei dem er zwischen warmen Feeling und genialen Fingerübungen pendelte. Dann wogte sein blondes Haar im Takt und er schien jeden Ton zu zelebrieren.

Aktiver war da der andere Saitenartist Volker Krawcak, der auf der linken Bühneseite gemeinsam mit Ferdy Doernberg um die Wette grinste. Der Keyboarder hatte einen ähnlichen Bewegungsdrang wie Gioeli, nur gut dass sich so ein Rack auch recht einfach nach allen Seiten kippen lässt. Und weil Bobby Rondinelli da hinten auch gerne mal die Aufmerksamkeit genießen würde, durfte er mit einem Solo ran. Ob man für den einen Schlag auf den großen Gong das Ding jetzt unbedingt über den Öresund schleppen muss, lasse ich mal dahin gestellt.
Falsch machen konnte die Truppe ohnehin nichts, neben ihrer Spielfreude konnte sie sich auf einen großen Katalog Hits verlassen, zu dem sich wie immer die eine oder andere Überraschung gesellte. Dieses Mal stammte die vom „The Masquerade Ball“-Meisterwerk, so dass dieses Album etwas sehr oft bedacht wurde. Überhaupt kam die Auswahl nur von wenigen Scheiben, doch das tat ihrer Qualität keinen Abbruch. AXEL RUDI PELL hat auch schon an die drei Stunden gespielt und trotzdem gab es anschließend noch offene Wünsche.

Von der Stimmung her hätte es besser sein können, was allerdings daran lag, dass viele Fans gar nicht nah genug heran kamen. Zu jener Stunde hatten schon viele KISS-Fans die ersten Reihen blockiert, saßen meist auf Campingstühlen und schufen so unnötige Distanz. Besonders ärgerlich ein Exemplar, das mit dem Rücken zur Bühne da saß. Ich schätze es normalerweise, wenn Anhänger die Wartezeiten für ihre Faves auf sich nehmen, aber das Verhalten den Bands davor gegenüber war absolut respektlos. Da sucht man lieber den Kontakt untereinander und tauscht die Plätze für die Dauer des anderen Konzertes, da kann man sogar selbst noch einmal raus gehen. Aber das war echt enttäuschend von meinen schwedischen Freunden. (Pfälzer)

Setlist AXEL RUDI PELL:
The Wild And The Young
Wildest Dreams
Voodoo Nights
Only The Strong Will Survive
Mystica
-Drumsolo-
Long Live Rock
The Line
Eternal Prisoner
The Masquerade Ball/Casbah
Rock The Nation

live 20190607 0601 axelrudipelllive 20190607 0603 axelrudipell 

DIZZY MISS LIZZY (4 Sound Stage)
Satte 23 Jahre ist es her, dass die Dänen auf dem SwedenRock Festival aufgespielt hatten, was jedoch auch daran liegt, dass sie gut zwanzig Jahre getrennt waren. Den anwesenden Fans war dies herzlich egal, herrschte bereits vor dem ersten Ton der Gruppe eine wahnsinnig gute Stimmung welche man sonst wohl nur bei Headlinern erwarten würde. Diesem Anspruch wird die Band auch absolut gerecht und unterstreicht zugleich das Dogma, dass es im Hard'n'Heavy Sektor einfach keine schlechten Trios gibt.

Den Startpunkt bildete "I Would If I Could But I Can't" vom (gerade noch so) aktuellen Output "Forward in Reverse". Selbstverständlich ist die Begeisterung für diesen Track mehr als Höflichkeitsapplaus, doch die totale Ekstase fand sich natürlich in den alten Stücken, die sich in abwechselnder Position mit den neueren Stücken befanden. Die Gruppe genoß förmlich das Bad in der Menge und hatte ein glückliches Händchen hinsichtlich ihrer Songauswahl. Dennoch gab es diesbezüglich durchaus Überraschungen zu vermelden.

So wurde die zweite Scheibe lediglich mit dem Titeltrack "Rotator" bedacht und die großartige Halbballade "11:07 P.M." außen vorgelassen. Im Gegenzug blieb "Love Is A Loser's Game" des Debüts unbeachtet, was aus objektiver Sicht ein Sakrileg sein mag, für den Rezensenten - so viel Subjektivität sei erlaubt - keinen Verlust bedeutet. Mit "Waterline" und dem nicht minder großartigen "Silverflame" beendeten DIZZY MIZZ LIZZY ihr Set und hinterließen neben den Eindrücken neuer Songs nur glückliche Gesichter. (David)

THE QUILL (RockKlassiker Stage)
Sie haben in Wacken und in den USA performt, und natürlich mehr als einmal beim SwedenRock. Das erste Mal war exakt vor zwanzig Jahren und sie wurden abgefeiert. Nun absolvierten die schwedischen THE QUILL wieder ein umjubeltes Konzert vor anfeuernden Leuten.
Ich war gerade noch da geboren, fühlte mich aber in die späten Sechziger und frühen Siebziger versetzt. Denke Dir Classic Rock wie BLACK SABBATH, DEEP PURPLE und LED ZEPPELIN. Dann vermische es mit etwas Neunziger Grunge und Stoner Metal , etwa SOUNDGARDEN, ALICE IN CHAINS und MONSTER MAGNET. Diese vier Männer, die ich vor mir sah spielten groovigen Hard Rock in einer phantastischen Weise mit catchy Riffs und pochendem Bass. „Ghosthorse“ vom letzten Album „Born From Fire“ (2017) war ein perfektes Beispiel woraus diese Gruppe gemacht ist.

Die Show startete mit dem sehr guten „Snake Charmer Woman“ von dem gerade erwähnten brillanten Werk. Im Bandana sahen wir den coolen Gitarristen Christian Carlsson mit Silberschmuck, der von seinem Bart hing. Hinter ihm saß der tolle Schlagzeuger Jolle Atlagic. Unter dem Hut fanden wir unter all dem Rauch auf der Bühne Bassist Roger Nilsson und Sänger Magnus Ekwall nannte sich selbst einen alten Mann, dem stimmte ich aber nicht zu. Er sang immer noch wie ein junger Mann und wurde mit Chris Cornell und Sammy Hagar verglichen. Du bist zu Magnus Stimme weg geschwebt und zusammen mit der Musik war das Publikum während „Keep It Together“ in einem magischen Moment gefangen.

Andeutende Töne kamen in „Hole In My Head“ vom Album „Voodoo Caravan“ (2002) aus der Gitarre. Progressiver und psychedelischer ging es im Titelsong von derselben Scheibe vor. Vielleicht war der ein bisschen zu lang, aber einige in der Menge schienen dies sehr zu genießen und bewegten sich in einer Art Flower Power-Tanz.

Wie bei vielen anderen Gruppen wechselten die Mitglieder von Zeit zu Zeit. 1999 spielten THE QUILL nicht nur erstmals auf dem Festival, sie veröffentlichten auch den Longplayer „Silver Haze“. Jetzt da das klassische Line-Up wieder zusammen ist, feierten sie dies selbstverständlich indem sie ein paar Stücken von dem Material brachten. Neben anderen Dingen stellte „Into The Volcano“ die Fans zufrieden.

Das Beste wurde bis zum Schluss aufgehoben. „Stone Believer“ zu hören machte mich so glücklich. Jolles Drum-Energie breitete sich auf jeden aus der zuhörte, und ich denke die Freude durchfuhr uns alle. Es war unmöglich stillzustehen. Stattdessen ließ ich den Rhythmus der Musik meinen Körper übernehmen. Ekwall musste uns noch nicht mal bitten zu singen. Wie die selbstverständlichste Sache der Welt sang das ganze Publikum den Chorus an seiner Stelle. Der gesamte Platz wurde durch eine herausragende Atmosphäre fast vom Boden abgehoben. Fröhliche Gesichter überall, ich freue mich schon auf das nächste Mal. (Anna)

Setlist THE QUILL:
Snake Charmer Woman
Freedom Mountain
Ghosthorse
Keep It Together
American Powder
Hole In My Head
Into The Volcano (I Fly)
Voodoo Caravan
Stone Believer

live 20190607 0802 thequill

CANDLEMASS (Rock Stage)
Nach einer ganzen Reihe sehr melodiöser Acts war es an den Zeit für eine ordentliche Portion Schwermut in Form von „Doom mit Gemüse“. Keine anderen Act habe ich je öfter auf einem Festival gesehen, es war bereits mein vierter Gig der schwedischen Legende beim SwedenRock. Witzigerweise hatten sie jedes Mal einen anderen Sänger, da wird es nicht langweilig. Speziell auf Johan Langquist durfte man gespannt sein. Einst hat er das sagenumwobene Debüt eingesungen, sich daraufhin trat er nie mehr nennenswert in Erscheinung.

Doch schon die ersten Töne bliesen die Bedenken weg, er klang stärker als auf dem Comeback-Werk „The Door To Doom“. Sein Bariton mag die Gesangslinien tiefer ansiedeln als bei seinen Vorgängern beziehungsweise Nachfolgern, doch er vermochte den Songs damit etwas Eigenes zu geben. Dafür dass er sich bei ein paar kleinen Projekten warmgehalten hat, wusste er sich auf der großen Bühne zu präsentieren.
Fast permanent war er ganz vorne auf dem Steg zu finden, taxierte jeden einzelnen Zuschauer und fuhr immer wieder seine Krallenhand aus, die er über deren Köpfe legte. Der Mann bewies durchaus Frontmannqualitäten und konnte die Mystik der Kompositionen transportieren, wie es für jene Formation unabdingbar ist. Auch optisch passte er in schwarzer Jeans und Lederjacke sehr gut in das Gesamtbild der sonst kargen, einzig auf die Songs fixierten Show.

Von diesem Engagement ließ sich vor allem Leif Edling anstecken, der zum zweiten Aktivposten avancierte. Der Mastermind, der in den letzten Jahren mit psychischen Problemen zu kämpfen hatte, war nicht wieder zu erkennen. War er früher der einzige ohne lange Haare, so sind sie nun im grauen Alter gewachsen und zu einem Zopf geflochten. Dazu kam der ebenso grau Vollbart und der Hut, denn er sich aufgezogen hatte, um womöglich seine Wandlung noch mehr zu demonstrieren. Er war fast ebenso oft vorne an der Front anzutreffen wie sein Frontmann.

Wo er sein Saiteninstrument kreisen ließ und viele Meter auf der Bühne machte, verharrten die Gitarristen Mats Björkmann und Lars Johansson fast komplett auf den Außenbahnen der Bühne. Dabei waren sie es noch vor zwei Jahren, welche mit ihrem Äxtespalier die Show an sich rissen, dieses Mal sollte es mehrere Songs dauern, bis sie sich überhaupt trafen, da aber auch nur ganz hinten am Drumriser. Dabei war es vor allem die packende Riffarbeit eines der besten Gespanne der Szene, welche die unheilvolle Atmosphäre herauf beschwor.

Wie nicht anders zu erwarten bestand eine Großteil des Sets aus Liedern der ersten beiden Scheiben, vor allem das von Langquist eingesungene Erstwerk „Epicus Doomicus“ Metallicus“ stand im Fokus. Doch er wusste auch mit den anderen Songs gut umzugehen und lässt die Frage offen, warum er nicht schon viel früher zurück geholt wurde. Lediglich das Fehlen des zutiefst melancholischen „Samarithan“ konnte bemängelt werden. Bis auf zwei Beiträge aus „The Door To Doom“ wurde die Zeit nach 1990 komplett ausgeklammert.

Die Fans nahmen das dankbar an und trotz der hoch stehenden Sonne kreisten die Matten im SloMo-Takt und nicht nur das ewig finale Statement wurde lauthals mitgesungen. Kleine Anekdote am Rande: Ein Rollstuhlfahrer wurde während des ersten Songs anstandslos in die vorderste Reihe durchgelassen, alle wartenden Doom-Jünger machten ihm ausreichend Platz. Nicht nur dass, einige Kuttenträger sicherten den Mann die ganze Zeit über gegen das Abstürzen nach hinten von der Bodenplatte des Wellenbrechers. So geht Inklusion in der Metalszene, danke dafür! (Pfälzer)

Setlist CANDLEMASS:
The Well Of Souls
Dark Reflections
Mirror Mirror
Astorulus – The Great Octopus
A Sorcerer´s Pledge
Under The Oak
Bewitched
Crystal Ball
Dark Are The Veils Of Death
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Black Trinity
Solitude

live 20190607 0901 candlemass

ZZ TOP (Festival Stage)
Es hat sicher an der Größe der zahlenmäßig gar nicht so opulenten Formation gelegen, dass sich der Platz vor der Bühne schon beim Co-Headliner richtig füllte und die rechte Seite vorm Wellenbrecher dicht gemacht wurde. Zumindest war in der Pause danach doch wieder viel Platz vorne, während die leidige Sitzblockade der KISS-Fans aufrecht erhalten wurde. So war der Jubel groß als die „Little Old Band From Texas“ direkt mit einem großen Hit in ihr Set einstieg.
Davon hatten sie reichlich, schließlich haben sie in ihrer nun fünfzigjährigen Karriere auch etliche verfasst. So viele, dass Stücke wie „Cheap Sunglasses“ oder „Tube Snake Boogie“ nicht den Weg ins Set fanden, das „Afterburner“-Album blieb sogar komplett außen vor. Dennoch hielt man sich mit Ausnahme eines Titels vom aktuellen „La Futura“ und dem Merle Travis-Cover an die Ära bis 1990. Dass der Schwerpunkt auf den prägenden Werken „Tres Hombres“ und „Eliminator“ liegen würde, war jedem vorher schon klar.

Die riesige Euphorie konnte das Trio nach dem Auftakt nach Maß allerdings nicht entfachen, zu sehr sind die beiden Frontleute mittlerweile in ihrer eigenen Welt unterwegs. Spaß hatten Dusty Hill und Billy Gibbons auf alle Fälle, doch ihr nuscheliger Tonfall und Akzent bei den Ansagen verhinderte, dass sie das Publikum an ihren Scherzen teilhaben ließen. Und sich komplett hinter Cowboy-Hüten und Sonnenbrillen zu verstecken, trägt sicherlich auch nicht zur Kommunikation bei.
Irgendwo begnügten sie sich mit ein paar verrückten Gimmicks bei den Instrumenten wie den mit Fell bezogenen Bass und Gitarre am Ende oder den Mikroständern in Auspuffrohr-Optik. Auf der anderen Seite ist es aber auch genau das, was der Zuschauer bei einem ZZ TOP-Konzert sehen will. Dazu kamen natürlich die ständigen Grimassen und lässigen Gesten, doch auch durch diese unterhielten sich die beiden eher miteinander anstatt mit dem Publikum.

Dieses musste sich mit einer gekonnten Intonierung der Klassiker zufrieden geben, die von ihrem starken Zusammenspiel profitierten. Dass Gibbons den Blues hat wissen wir ja nicht erst seit seinen Soloalben, wobei man eben gerne mehr von dem Humor eines „Big Bad Blues“ verstanden hätte. Gerade wenn es an die ganz alten Nummern ging, ließ er sein Feeling aufblitzen und jene Coolness aufkommen, auf welche sich ihre Legende gründet. Da hätte man gerne ein paar längere Improvisationen gehört, doch die Länge des Sets nimmt mit zunehmendem Alter ab. Frank Beard schien mir hinter der Schießbude noch der agilste der Truppe zu sein, er bildete das Rückgrat das immer wieder Power nachpumpte.

Als am Ende die absoluten Gassenhauer ausgepackt wurden, kam noch einmal richtig Stimmung auf und die Meute wurde nun deutlich mehr ins Geschehen eingebunden. Die Gags sind eben schon älter und das meiste Programm bestritt man in bunt lackierten Saiteninstrumenten, die Glam mit Used-Optik vermischten. Eine ordentliche Darbietung, vielleicht konnte man vom bärtigen „Zwillings“-Pärchen auch nicht mehr verlangen, wobei die vom Publikum ihrerseits mehr verlangten. Zweimal ließ man sich zur Zugabe heraus bitten, doch der Trick die Leute damit zum Mitsingen zu animieren funktionierte halt immer. Eine nette Hit-Revue, die auch länger hätte gehen dürfen, die nachlassende Kraft fiel mir schon beim letzten Konzert auf. (Pfälzer)

Setlist ZZ TOP:
Got Me Under Pressure
Thank You
Waitin´ For The Bus
Jesus Just Left Chicago
Gimme All Your Lovin´
Pearl Necklace
I´m Bad, I´m Nationwide
I Gotsta Get Paid
My Head´s In Mississippi
Sixteen Tons
Beer Drinkers & Hell Raisers
Just Got Paid
Sharp Dressed Man
Legs
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La Grange
Tush
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Jailhouse Rock

live 20190607 1004 zztoplive 20190607 1001 zztop 

KISS (Festival Stage)
Seit 1977 sind sie nach Schweden gekommen, um Konzerte zu geben. Über die Jahre haben sie sich sogar an einer Mittsommer-Party versucht, einem möglicherweise größerem Fest als dem Nationalfeiertag dieses Landes.
Jetzt waren sie für ihr letztes Konzert auf ihrer “(One Last Kiss) End Of The Road (World) Tour” hier. Gene Simmons lange Zunge, die vertrauten Gesten, Mengen an Pyrotechnik, alles was wir sehen wollten war da und noch ein bisschen mehr. Oder lieferten sie eigentlich viel mehr als erwartet? Egal, es war genau eine Show wie diese die Du sehen wolltest, wenn Du sie zum letzten Mal siehst.

Der eröffnende Klassiker “Detroit Rock City” beinhaltete wundervolle Gitarrenloops und wir alle bewegten unsere Füße.
Während “Shout It Out Loud” hielt Paul Stanley die Gitarre zwischen seinen Knien und spielte. Etwas später veranstaltete er einen kurzen Wettkampf zwischen den verschiedenen Abschnitten der Menge, wo es darum ging möglichst laut zu singen.
“Say Yeah” von “Sonic Boom” (2009) fuhr das Tempo auf der Bühne runter, um es dann in “I Love It Loud” wieder hoch kochen zu lassen.

In “War Machine” gingen Feuerbälle im Takt des Songs hoch und Gene Simmons nahm ein Schwert in seine Faust. Er hielt es wie eine Fackel und spuckte Feuer aus dem Griff, ein zeitloses Element auf das worauf wir uns immer freuten das zu sehen, nach welchem er die Waffe nieder warf, das sie aufrecht stecken blieb.
Der Bassist flirtete mit dem Publikum und fand manchmal jemanden, der mit einem gleichgültigen Gesichtsausdruck da stand. Dann kreuzte er scherzhaft seine Arme und verlangte mehr Energie. Viele von uns hüpften und sprangen auf der Stelle. Gene schwang seine Hüften vor den Frauen und reizte sie mit seiner Zunge, wofür er zu gut bekannt ist.
Einer der Höhepunkte war als Simmons, Thayer und Stanley in einer Reihe “Deuce” und “Let Me Go, Rock´n´Roll” spielten, dabei in einstudierten synchronen Bewegungen schaukelten. Etwas was ich nie müde werde zu sehen, denn es ist absolut wundervoll. Tommy und Paul spielten ebenso ein Duell auf die witzige Art.

Der Schlagzeuger könnte fast ein Verwandter von Peter Criss sein, denn in Interviews redet und redet er genau wie er und ist ebenso lustig. In seinem Drumsolo erlebten wir die gesamte Artillerie. Eine Menge Rauch kam unter seinem Podium heraus, das sich langsam vom Boden abhob während das Wort “KISS” auf den zwei BassDrums aufleuchtete. Eric pumpte mit seinen Füßen weiter, jonglierte mit den Drumsticks und rief dem Publikum “hej, hej!” zu.
Paul hielt das Mikrofon nur an seinem Kabel und schwang es umher. Eigentlich will ich das nicht zugeben, aber seine Stimme klang etwa wackelig. Doch ich vergebe ihm. Niemand von uns wird jünger und er ist immer noch ein Star, der mit Erfolg die Leute für sich interessieren lässt.
Paul sagte über “I Was Made For Loving You”: “Als wir das erstmals aufgenommen mochten es einige Leute nicht, einige wollten nicht, dass wir es spielen, doch wenn Du es live hörst klingt es so wie es gedacht ist und wir lieben es”. Ich und viele andere stimmten voll zu.
Genauso wie es geschah verkündete er “I´m coming out there to see you... !” und unternahm einen Ausflug auf einer Seilbahn, die ihn zum Mischerturm brachte. Dort performte er auf einer Mini-Bühne in Zusammenarbeit mit seinen Freunden auf der großen Bühne “Love Gun”. Wir haben das zuvor gesehen, aber es ist immer ein schöner Teil der Show. Ein umjubelter Moment mit einer Menge Hände die dem Himmel entgegen gestreckt wurden, als das Starchild so über die die Fans flog.

Große achteckige “Pods” mit vielen Metall-Nieten erzeugten coole Effekte. Die Konstruktionen funktionieren sowohl als kleine Plattformen um darauf zu stehen wie auch als fliegende Videoscreens über der gesamten Szenerie.
Zu “100.000 Years” wechselten sie während des Gitarrensolos in viele verschieden Farben und bei “Cold Gin” leuchtete der Name “KISS” auf. Der coole Mann hinter dem Bass nahm in seinen Drachenstiefeln und Fledermausflügeln große Schritte. Von Tommy Thayers Gitarre wurden beim Solo Feuerwerkskörper abgeschossen, zwei auf jeder Seite des Drumkits, was Eric Singer ein paar Mal ducken ließ.
Der Leadgitarrist war nun schon länger bei KISS als Frehley je war, und so sehr wir Ace lieben, können wir alle zugeben, das Tommy großartig ist. Also hört bitte auf mit den Vergleichen und gebt ihm etwas Anerkennung, denn er ist ein toller Gitarrist.

Im grünen Licht kam Gene Simmons mit einem Bass in Axt-Form aus dem Nebel, der über der Bühne lag. Der Dämon bewegte sich und starrte wie ein wildes Tier. Plötzlich schien er seine Beute gefangen zu haben, er schüttelte seinen Kopf und aus seinem Mund lief Blut. Dieses Monster stellte sich dann auf einen der “Pods” und wurde langsam herauf befördert. Mit dem Rauch um ihn herum, der sich nun rot färbte sang er “God Of Thunder”.

Mein persönlicher Favorit “Black Diamond” beendete das reguläre Set. Paul brachte ein kurzes, cooles Solo auf einer glitzernden Gitarre, und hinter ihm ging aus Rädern ähnlich einer Windmühle ein goldfarbenes Feuerwerk los.
Auf jeden Fall gab es Zugaben. Weder wir noch die Band wäre mit etwas anderem zufrieden.
Im Scheinwerferlicht stand ein glänzender Flügel und Eric Singer saß hinter den Tasten. Ein Rauschen war von uns die dort waren zu hören und er spielte den lieblichen Klassiker “Beth” mit Atmosphäre. Viele von uns waren emotional berührt und anschließend schoss der Mann dankbar ein Selfie mit allen Fans im Hintergrund.
Dann erhöhte sich die Schlagzahl wieder mit “Crazy Crazy Nights” aus dem Album “Crazy Nights” (1987). Große schwarze und weiße Luftballons mit dem KISS-Logo darauf hüpften verspielt über das Publikum.
Es kam noch besser mit dem finalen “Rock And Roll All Nite”, als rote und weiße Konfetti wie eine fröhlicher Sturm über alle Konzertbesucher heraus geblasen wurden. Mit einem wallenden Gefühl in uns sangen wir, während die Podiums auf denen Simmons und Thayer standen nach oben gefahren wurden. Stanley schwang seine Gitarre, zerlegte sie wie er es gewohntermaßen tut, und ein paar glückliche Fans bekamen je einen Teil davon.
Das Konfetti wirbelten noch länger über uns als die Idole sagten: “Thankyou and good night!”
Nach einem Foto mit 35.000 fröhlichen und hingebungsvollen Enthusiasten im Hintergrund verschwanden sie, während ein riesiges Feuerwerk abgebrannt wurde.

KISS haben eine Armee von loyalen Fans, die größte der Erde, so wir mit Traurigkeit Lebewohl sagten und widerwillig weg gingen. Tief in Inneren hoffen viele, dass dies nicht das letzte Mal war, denn andere Künstler hatten auch Abschiedstouren und haben ein Comeback gefeiert. Doch auch wenn die etwas jüngeren Eric Singer und Tommy Thayer noch ein paar Jahre weitermachen könnten, es wird schwer sein, noch einmal solche Frontfiguren wie Paul Stanley und Gene Simmons zu finden. Diese beiden Herren haben sich immer der Band gewidmet und waren stets da. Ohne sie würde es nie das Selbe sein. Mein Wunsch war, dass ihre Söhne übernehmen würden und diese Rollen ausfüllen, obwohl ich sicherlich nicht weiß ob es funktionieren würde.

Es war eine verrückte, verrückte, aber wundervolle Nacht beim SwedenRock. Sie brachten ihre größte, explosivste und bombastischste Show. Diese im Gesicht bemalten Ikonen gaben uns alles.
Glückwunsch zu einer beeindruckenden Karriere und genießt Eure Rente. (Anna)

Setlist KISS:
Detroit Rock City
Shout It Out Loud
Deuce
Say Yeah
I Love It Loud
Heaven’s On Fire
War Machine
Lick It Up
Calling Dr. Love
100,000 Years
  -Drumsolo-
Cold Gin
  -Guitarsolo-
God Of Thunder
Psycho Circus
Let Me Go, Rock’n’roll
Love Gun
I Was Made For Lovin’ You
Black Diamond
------------------------------------
Beth
Crazy Crazy Nights
Rock And Roll All Nite

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(Photos: SwedenRock)

DREAM THEATER (Rock Stage)
Die Mitternachtsshows wurden in dem Jahr ordentlich aufgewertet, mit SLAYER und den Prog-Szeneführern waren zwei absolute Topacts nach den Headlinern auf der Rock Stage dran. Die New Yorker haben zu Beginn des Jahres wieder ein Werk auf den Markt gebracht, mit dem sie ihre eigenen Maßstäbe erfüllen konnten. Auch in der Livesituation war der Fünfer seit jeher eine Macht, nach der vielleicht größten Show der Erde muss sich aber jeder Act mächtig strecken. Davon ließ man sich im deren Lager nicht beeindrucken, schließlich ist man lange genug im Geschäft, und an Selbstvertrauen mangelte es den Herren selten.

So zeigten sie von Beginn an keine Scheu und legten mit einer enormen Spielfreude los. Der Terminus Metal wurde in der Genrebezeichnung in der Nacht groß geschrieben und auch der Fakt, dass es sich immer noch um Rockmusik handelt wurde nicht außer Acht gelassen. Denn DREAM THEATER rockten die Bühne so richtig, wobei die Gangart einiger Titel von „Distance Over Time“ nicht unschuldig daran war. Die Darbietung hatte so richtig Drive, die Riffs peitschten schön nach vorne und rissen mit.
Dazu war der Spaß an der Sache allen Beteiligten anzusehen, John Petrucci war viel unterwegs. Bestens gelaunt animierte er öfter die Zuschauer, welche die Performance trotz der allgemeinen Erschöpfung abfeierten. Auch James LaBrie war viel vorne auf dem Steg zu finden und gab einen tollen Frontmann, so unterhaltsam sah man die Truppe selten. Obendrein war das riesige Kit des dauergrinsenden Mike Mangini so angeordnet, das auch er die Anhängerschaft stets im Blick hatte.

Eher nebensächlich war es was die Herren spielten, denn solche Könner holen aus jeder Komposition noch ein bisschen heraus, vor allem wenn sie mit so einer Intensität zu Werke gehen wie an dem Abend. Die heftigen Parts zeigten noch mehr Kante, während die ruhigen sanfter einschmeichelten. Genau das machte den Unterschied zu Epigonen wie den tags zuvor auftretenden SEVENTH WONDER deutlich. Da wurde nicht nur unentwegt drauf los gefrickelt, sondern je nach Gefühlslage die Bremse gezogen. So öffneten sich Räume für weite Keyboardflächen, ungeahnte Harmonien oder feine, warme Soli im Stile der alten Prog-Meister.

Wie zu erwarten stand das neue Opus im Mittelpunkt, bereits der Opener stammte daraus. Doch mit der Zeit wird es für die Formation schwer ihren riesigen Backkatalog entsprechend im Programm zu würdigen. Mittlerweile taucht auch „Pull Me Under“ eher selten dort auf, wer sonst könnte auf so einen Hit verzichten? Ein paar Überraschungen packte man aus wie etwa einen Song von „Falling Into Infinity“, die früheren Scheiben wurden verstärkt berücksichtigt. Vom legendären „Metroplis Part 2: Scenes From A Memory“, welches bei speziellen Shows zum Jubiläum komplett aufgeführt wird, gab es aber nur das Instrumental.

Und das hatte es in sich, nicht nur wegen dem genialen jazzigen Ausflug des großartigen Tastenmanns Jordan Rudess. Petrucci und Bassist John Myung platzierten sich in der Mitte und feuerten mit ihren sechs respektive sieben Saiten supersynchron aus allen Rohren. Wie sie im Gleichtakt die Griffbretter rauf und runter flitzten war definitiv nicht von dieser Welt. Sie schafften es dennoch immer wieder nicht komplett in instrumentaler Selbstbeweihräucherung zu verlieren.
Im Kern des Geschehens sollte die Komposition an sich stehen, die Ausnahmemusiker verzierten sie nur mit ihrem Können. Das brachte mehr Durchschlagskraft und eine engere Bindung zum Publikum, weil dieses die Geschehnisse besser nachvollziehen konnte. Weniger nachvollziehen konnte man indes, dass nach weniger als einer Stunde Schluss war. Klar musste man verspätet anfangen, doch am Ende blieb noch reichlich Zeit zum angekündigten Ende übrig. So war ein toller Rausch aus musikalischen Bildern zu schnell vorüber. (Pfälzer)

Setlist DREAM THEATER:
Untethered Angel
As I Am
Falling Into The Light
Peruvian Skies
The Dance Of Eternity
Lie
Pale Blue Dot

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