Into Eternity - The incurable Tragedy

intoeternity_tragedy.jpgEine der Neuentdeckungen der letzten Jahre sind sicherlich die Kanadier von INTO ETERNITY, die an der Schnittstelle von Prog - und Deathmetal einen völlig neuen Sound kreiert haben. Fanden die beiden ersten Alben international wenig Beachtung, änderte sich das mit „Buried in Oblivion" erheblich, als der Deal mit Century Media für mehr Aufmerksamkeit der Fans und offene Münder bei den Kritikern sorgte. Der Nachfolger „The Scattering of Ashes" stand dem in Nichts nach, und hievte die Band auf große Touren mit DREAM THEATER und MEGADETH. Aber das Schicksal meinte es nicht gut mit Bandkopf Tim Roth, denn kurz nach Fertigstellung von Album Nummer vier verstarben zwei eng befreundete Brüder und sein Vater innerhalb eines Vierteljahres an Krebs. Doch der sympathische Kahlkopf aus Regina ließ sich nicht unterkriegen und verarbeitete die Erlebnisse dieser Zeit auf dem nun erscheinenden, programmatisch betitelten „The incurable Tragedy".

Roth ist das einzig verbleibende Ur-Mitglied von INTO ETERNITY und somit für die musikalische Marschrichtung verantwortlich. Auch nach dem letzten Output drehte sich das Personalkarussell, mit Steve Bolognese ist ein neuer Schlagzeuger an Bord und Justin Bender nun fester zweiter Gitarrist.
Trotz aller Vorkommnisse bleibt die Truppe ihrer Linie treu, mischt weiterhin hochtechnische Präzision mit urwüchsiger Wut. Tim Roth´s Gitarrenspiel pendelt dabei geschickt zwischen verfrickelten Läufen, wuchtigen Staccatos, schnellen Death-Akkorden und fetten Riff-Wänden. Dazu brilliert er im Solo-Bereich mit teilweise klassischer Spielweise wie in „Indignation". Wenn einer das Erbe des ebenfalls viel zu früh verschiedenen Chuck Schuldiner antreten sollte, dann er.
Und auch im Gesangsbereich duelliert er sich fortlaufend mit seinem Partner Stu Block. Hohen Powermetalvocals folgen verzweifeltes Gekreische und derbes Gegrunze, bevor man in die leicht hymnischen, getragenen Refrains übergeht. Ein irres Wechselspiel, das nicht selten traditionelle Songstrukturen über den Haufen wirft. Dazu liefert der neue Mann an der Schießbude ein Feuerwerk an fiesen Breaks und deftigen Attacken, welches diese extreme, fast apokalyptische Stimmung perfekt unterstützt.
Trotz all dieser ständigen Umbrüche gelingt es INTO ETRENITY immer nachvollziehbare Songs zu schreiben, um damit eine bedrückende, sich gegen Ende hin aggressiv steigernde Stimmung zu erzeugen, die einen mitreißt. Die melodischen Parts sind genau zum richtigen Zeitpunkt eingestreut, was der Eingängigkeit zu Gute kommt, auch wenn die Platte ein paar Durchläufe braucht. Wer denkt, dass er es hier mit ausufernden Songs zu tun hat irrt, denn die Songs bewegen sich alle um die vier Minuten, was die Bedrohlichkeit noch erhöht.

Dies alles bietet die optimale Grundlage für das, was „The incurable Tragedy" ausdrücken soll. Es ist übrigens die erste Konzept-Scheibe in der Bandgeschichte. Die Trauer, die Tim Roth empfindet ist jederzeit spürbar, ob in klagenden Clearvocals oder wutschnaubenden Grunts. Der Titelsong ist in drei Teile untergliedert, die im Untertitel alle eines der Todesdaten tragen, ein sehr mutiger Schritt. Dadurch gibt man viel von sich und seiner Geschichte preis.
Für mich das persönlichste Album, welches ich seit TIAMAT´s „Wildhoney" in den Händen hielt, ein aufregender Seelenstriptease. Auch Stu Block schafft es bei seinen Gesangsparts die Emotionen zu transportieren. Ein wahrlich meisterhaftes Konzept-Werk, so etwas wie das „Operation: Mindcrime" des Deathmetal.

Was gibt es an dem Album auszusetzen? Eigentlich gar nichts, außer vielleicht der fehlenden Weiterentwicklung. Zwar sind feinere Nuancierungen auszumachen, aber die beschränken sich auf ein Minimum. Die Übergänge sind nicht mehr ganz so harsch wie auf dem Vorgänger, die Soloparts teilweise gefühlvoller, was insgesamt mehr Atmosphäre erzeugt. Dazu kehren in der Titel-Trilogie die akustischen Gitarren zurück, wie man sie auf „Buried in Oblivion" öfter fand. Etwas mehr groovende Parts haben sich ebenfalls eingeschlichen wie in „Diagnosis Terminal" oder der Abrissbirne „A black Light ending".
Irgendwie herrscht hier dasselbe Problem, wie bei den norwegischen Proggies von COMMUNIC. Genauso eine Formation, die sich aus den unterschiedlichsten Einflüssen ihren komplett eigenständigen, unverwechselbaren, kompakten Stil geschaffen hat, und jetzt in dem Korsett gefangen ist.
Von Selbstkopie kann aber keine Rede sein, nennen wir es stagnieren auf höchstem Niveau. Und wer kann schon von seiner Band behaupten drei Top-Alben in Folge abgeliefert zu haben.

Egal wie man es sieht, wer bisher mit INTO ETERNITY etwas anfangen konnte, für den ist „The incurable Tragedy" absolutes Pflichtprogramm. Alle anderen haben jetzt eine weitere Gelegenheit, diese unglaubliche Truppe kennen zu lernen. Wer auf Abwechslung und intelligentes Songwriting steht, aber trotzdem nicht auf das volle Brett verzichten möchte, kommt in Zukunft an den Kanadiern nicht vorbei. (MetalPfälzer)

 

Bewertung: 9 / 10

Anzahl der Songs:  12
Spielzeit: 38:56 min
Label: Century Media
Veröffentlichungstermin: 22.08.2008

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