Marillion - An Hour Before It's Dark

marillion anhourbeforeitsdarkSo schnell kann es manchmal "leider" gehen. Im letzten Jahr stand „Light At The End Of The Tunnel“ noch als Albumtitel zur Auswahl, letztendlich geworden ist es dann nahezu das Gegenteil: „An Hour Before It’s Dark“. Wörtlich zu nehmen ist der Albumtitel allerdings nicht, denn erstens dauert das neue MARILLION Album keine Stunde, sondern lediglich etwa 55 Minuten und zweitens fällt der musikalische Unterton gar nicht so melancholisch aus, wie man das vielleicht im Vorfeld erwartet hatte.

Und um es direkt ganz klar zu sagen, meiner ganz bescheidenen Meinung nach, ist „An Hour Before It’s Dark“ das beste Album der Band seit „Brave“, was 1994 erschienen ist. Dabei ist es natürlich nicht so, dass die Band in den letzten drei Dekaden großartig enttäuscht hätte, wenngleich ich mit den elektronischen Einflüssen rund um die Jahrtausendwende nicht ganz so viel anfangen konnte, aber manches der Vergangenheit wirkte mir zu verkopft, zu experimentell, einfach zu wenig auf den Punkt komponiert.

Und ich finde, gerade letzteres funktioniert bei diesem Album wirklich gut, die Band aus Großbritannien, schafft hier den Spagat künstlerisch hoch wertvoll und anspruchsvoll zu klingen, vergisst dieses Mal aber trotzdem nicht den Gedanken, dass eine gute Hookline einen Song durchaus besser machen kann. Auch die Zusammenstellung des Albums mit kürzeren und längeren Songs geht hier voll auf. Für MARILLION Verhältnisse sind sechs Songs auf einem Album nicht gerade viel, „Only A Kiss“ stellt lediglich ein kurzes Intro zu „Murder Machines“ dar, das zählt nicht wirklich als Song und macht höchstens nur dann als Interlude Sinn, wenn man unterstellt, dass MARILLION die Hoffnung hatten, mit dem sehr eingängigen „Murder Machines“ mal wieder so etwas wie einen Hit landen zu können. Dabei würde das Intro dann nun wirklich stören.

Sei es drum, „An Hour Before It’s Dark“ enthält in der Tat nur spannende Songs, angefangen beim recht dynamischen und rockigen „Be Hard On Yourself“ bis hin zum abschließenden 15-Minüter „Care“, in dem dann auch die titelgebende Textzeile „An Hour Before It’s Dark“ zelebriert wird. Ob „Care“ nun das beste Stück des Albums ist oder doch nicht, ist gar nicht so einfach zu sagen. Vermutlich ist es das insgesamt anspruchsvollste, das den besten Songaufbau hat, etwas zu lang geraten ist es vermutlich dann aber trotzdem.

Besonders angetan haben es mir zwei andere Stücke. „Reprogram The Gene“ hat nicht nur einen sehr interessanten Text, sondern klingt für mich so wie Art Rock in dieser Dekade als Symbiose aus Anspruch und Eingängigkeit klingen sollte. Dass das zweite Stück, das mir besonders am Herzen liegt, die orchestrale Ballade „The Crow And The Nightingale“ ist, dürfte wenig überraschen. In meinen Ohren klingt das Album gar nicht so soft wie man die Band gerne einschätzt, sondern schon ziemlich inspiriert von Rockmusik und da tut diese schöne Ballade gut.

Weiter auffällig ist der vergleichsweise positive Refrain von „Sierra Leone“, so dass das Album durchaus auch über seine hellen Seiten verfügt, dennoch ist gerade dieser etwa zehn Minuten lange Song der schwächste des Albums, wenn man das so sagen kann, ich finde in diesen zehn Minuten passiert einfach zu wenig.

Dass „An Hour Before It’s Dark“ richtig gut produziert worden ist und über einen angenehmen Sound verfügt, das ist eine Anmerkung, die lediglich der Vollständigkeit dient. Mit so einem Album im Rücken wird es für die Band sicherlich nicht ganz so einfach sein, die passenden Songs für die nächste Tour auszuwählen.

Wie ausführlich dargelegt, machen die Briten auf ihrem nun aktuellen Studioalbum vieles richtig, vielleicht hat der Band die vergleichsweise lange Pause seit „F.E.A.R“ gut getan, vielleicht passt eine Band wie MARILLION mit ihrem dynamischen, oftmals nachdenklichen Sound auch einfach gut in die aktuelle Zeit, in der die Menschheit ohne Verschnaufpause von Krise zu Krise hetzt, womit der Albumtitel im übertragenen Sinne dann traurige Realität wird. (Maik)

Bewertung: 

Maik 20168,5 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 7
Spielzeit: 55:00 min
Label: earMusic/Edel
Veröffentlichungstermin: 04.03.2022

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